Nicht immer kommt der vermeintliche Ökostrom aus wirklich „ökologischem Anbau“. Eine im Auftrag der Umweltorganisation Greenpeace von „E&E Consult“ durchgeführte Studie belegt: Das Geschäftsmodell zahlreicher Ökostrom-Anbieter basiert lediglich auf dem Handel mit Herkunftsnachweisen, die konventionellen Strom in Ökostrom umdeklarieren.
„Viele Energiekonzerne betreiben nichts anderes als Green-washing“, so bezeichnet Andree Böhling, Energieexperte von Greenpeace, die Umetikettierung des Stroms von konventionell auf ökologisch. Kunden sollten vor allem dann einen Herkunftsnachweis von ihrem Stromanbieter verlangen, wenn ganze Städte, wie Saarbrücken oder Kassel, ohne Aufpreis kurzfristig auf Ökostrom umstellen. „Ökostrom ist nicht zum Nulltarif zu haben, schließlich ist er mit zusätzlichen Investitionen in umweltfreundliche Kraftwerke verbunden“, so Greenpeace. In der Studie wird vorgeschlagen, ein einheitliches Label für Öko-Strom einzuführen.
Inzwischen bietet zwar rund die Hälfte der etwa 1000 deutschen Stromversorger spezielle Ökostrom-Produkte an, aber längst nicht alle werden ihrem Anspruch gerecht. Der Energiekonzern RWE wirbt zum Beispiel für einen sogenannten „Pro-Klima-Tarif“, bei dem Atomstrom dreist als Ökostrom angepriesen wird.
Auch Prof. Dr. Uwe Leprich von der Hochschule Saarbrücken, Verfasser der Studie, warnt vor Etikettenschwindel und fordert, „mit Ökostrom ein Premiumprodukt zu schaffen, das fraglos teurer sein wird als Egalstrom, das jedoch nachweislich einen ökologischen Zusatznutzen hat und das von glaubwürdigen Unternehmen angeboten wird.“ Zurzeit zertifizieren drei Institutionen die 26 Ökostrom-Anbieter, von denen die sechs größten über 88 Prozent der Privatkunden und 81 Prozent der gewerblichen Ökostrom-Kunden beliefern.
Auch Greenpeace selbst wird mit seinem Stromangebot („Greenpeace Energy“) zertifiziert, die Definition erneuerbarer Energien erfolgt hier jedoch lediglich nach der jeweiligen nationalen Gesetzgebung. Ferner werden nur die Kriterien überprüft, die der Anbieter selbst aufgestellt hat. Selbst Professor Leprich kommt nicht umhin, diese Herangehensweise als „ambivalent“ zu bezeichnen.
Fazit: Es ist bei Weitem nicht alles Ökostrom, was sich so nennt.
Rainer Bratfisch
MieterMagazin 6/09
Verbraucher, die sauberen Strom beziehen wollen, müssen ihren Anbieter unter die Lupe nehmen
Foto: EWEA/Winter
Weitere Informationen:
www.atomausstieg-selber-machen.de
07.06.2013