Nach dem Taschendiebstahl auf der Straße ist der Trickbetrug an der Wohnungstür die häufigste Straftat, denen ältere Menschen zum Opfer fallen können.
„Haben Sie bitte ein Glas Wasser für mich? Ich muss dringend meine Tabletten einnehmen.“ Die fremde Frau, die vor Ilse Beyers* Wohnungstür stand, guckte sie flehend an. Ilse Beyer hatte Mitleid und dachte sich nichts dabei, als sie die Frau in die Wohnung bat. Während die 70-Jährige in ihre Küche ging, um das Glas Wasser zu holen, wartete die Fremde in ihrem Flur. Erst Stunden später fiel Ilse Beyer auf, dass ihr Portemonnaie sich nicht mehr in ihrer Handtasche befand. Diese lag auf der kleinen Kommode im Flur. Ilse Beyer war auf eine Trickbetrügerin hereingefallen.
Gerade älteren Menschen passiert dies nach Erfahrung der Polizei häufig. Oft begeben sich die Täter ganz gezielt in Wohngebiete, in denen sie viele ältere Menschen vermuten. Die häufigsten Grundmuster der Kriminellen sind
- das Vortäuschen einer Notlage, die scheinbar eine Unterstützung durch das Opfer in der Wohnung erfordert,
- das Vortäuschen einer offiziellen Funktion, die den Täter vermeintlich zum Betreten der Wohnung berechtigt,
- das Vortäuschen einer persönlichen Beziehung zum Opfer, die eine Einladung zum Betreten der Wohnung nahe legt.
Die Täter sind erfindungsreich und oft schauspielerisch begabt. Beim sogenannten „Bleistift-Trick“ wollen sie angeblich für nicht angetroffene Nachbarn eine Nachricht hinterlassen. Dazu fragen sie nach Stift und Papier und drängen auf eine Schreibunterlage in der Wohnung, da es im Hausflur so dunkel sei und sie dort nicht schreiben könnten.
Dreister Erfindungsreichtum
Auch ein angeblicher Wasserschaden im Haus nach einem Rohrbruch, eine entlaufene Katze, die man angeblich auf dem Balkon des Opfers vermutet, eine Autopanne oder ein Unfall mit der Bitte, das Telefon benutzen zu dürfen – all dies verwenden Täterinnen und Täter als Vorwand, um sich Zutritt zur Wohnung zu verschaffen.
Andere Kriminelle stellen sich als Mitarbeiter der Elektrizitäts-, Gas- oder Wasserwerke vor, kommen angeblich von der Hausverwaltung, der Kirchengemeinde, sind Mitarbeiter der Rentenversicherung, des Finanzamtes oder der Krankenkasse. Einige erdreisten sich sogar, sich als Polizisten vorzustellen, um eine Zeugenbefragung oder ähnliches durchzuführen. Manchmal kündigen sie ihren Besuch vorher telefonisch an, um mögliche Bedenken schon im Vorfeld zu zerstreuen und ein Vertrauensverhältnis zum Opfer aufzubauen.
Nicht selten täuschen Täter eine persönliche Beziehung zum Opfer vor. „Erinnerst du dich nicht mehr an mich? Ich war doch dein Sitznachbar in der Schule.“ So oder ähnlich könnten die Sätze lauten, mit denen Fremde vor der Tür stehen. Wer möchte da unhöflich sein und den „früheren Klassenkameraden“ nicht hereinbitten?
Sind die Täter erst einmal in der Wohnung, finden sie meist eine Möglichkeit, die Aufmerksamkeit ihres Opfers abzulenken und in Sekundenschnelle Wertsachen zu stehlen. Die Polizei empfiehlt daher dringend, Fremde unter gar keinen Umständen in die Wohnung zu lassen. Die Tür sollte stets mit einem Sperrbügel oder einer Sicherheitskette geschützt nur einen Spalt weit geöffnet werden, denn manche Täter drängen sofort dreist in die Wohnung. Von Amtspersonen sollte man immer den Dienstausweis verlangen und diesen sorgfältig prüfen, denn manche Kriminelle fälschen solche Dokumente auch.
Sina Tschacher
* Name von der Redaktion geändert
MieterMagazin 6/10
Lassen Sie keinen Unbekannten in Ihre Wohnung – es könnte ein Trickbetrüger sein
Foto: Christian Muhrbeck
Weitere Infos:
Die Broschüre „Der goldene Herbst –
Sicherheitstipps für Seniorinnen und Senioren“ kostenlos im Internet unter
www.polizei-beratung.de
Rat und Tat
Gut gerüstet für den Fall der Fälle
Es klingelt, ein Unbekannter steht vor der Tür und bittet darum, telefonieren zu dürfen, er habe einen Unfall gehabt. Nicht Wenige geraten dann in eine moralischeZwickmühle: Was, wenn die Geschichte wahr ist und der Mensch wirklich Hilfe braucht? Man sollte sich am besten schon vorher überlegen, wie man in einer solchen Situation handelt und dies auch mit älteren Verwandten und Bekannten besprechen, die sich vielleicht schneller einschüchtern lassen oder leichtgläubiger sind. Bei einer angeblichen Notlage könnte man anbieten, selbst nach Hilfe zu telefonieren oder das Gewünschte (Schreibzeug, Wasser und ähnliches) hinauszureichen. Echte Betroffene haben für solch ein Verhalten Verständnis. Es hilft auch, Folgendes zu bedenken: Warum wendet sich der vermeintlich Hilfesuchende nicht an eine Apotheke, eine Gaststätte oder ein Geschäft, sondern klingeln an fremden Wohnungstüren? Erklären Sie dem Betreffenden, wo sich in der Nähe eine Gaststätte befindet, von der aus er telefonieren kann.
tsc
01.06.2013