Der vom Senat im April verabschiedete Entwurf für ein „Gesetz über den Sozialen Wohnungsbau in Berlin“ (kurz: Wohnraumgesetz) muss nachgebessert werden. Nach der vielfachen Kritik an dem Gesetzesvorhaben, unter anderem vom Berliner Mieterverein (BMV), sieht nun auch die Koalitionsfraktion der Linken Änderungsbedarf.
In Berlin zahlen Mieter im Sozialen Wohnungsbau im Durchschnitt mehr Miete als auf dem preisfreien Markt. Und in den Sozialwohnungen ohne Anschlussförderung können Vermieter die astronomisch hohe Kostenmiete verlangen und über diesen Umweg die Sozialmieter ganz legal auf die Straße befördern. Um die absurde Situation in den 160000 Sozialwohnungen zu beenden, hat der Mieterverein seit langem vom Senat ein Wohnraumfördergesetz verlangt.
Was Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) nun aber präsentiert, ähnelt eher einem Abwicklungsgesetz für den Sozialen Wohnungsbau (siehe auch MieterMagazin 5/2011, Seite 8: „Politische Flucht aus dem Sozialen Wohnungsbau“). „Dieser Gesetzentwurf nimmt auf die Mieter trotz der erfolgten milliardenschweren Förderung keine Rücksicht“, kommentiert BMV-Geschäftsführer Reiner Wild. Ein Mietenkonzept fehlt völlig und dringend benötigte Belegungsbindungen werden aufgegeben. Als „Trojanisches Pferd“ bezeichnet Sebastian Jung vom Berliner Bündnis „Sozialmieter.de“ den Gesetzentwurf. Der von der Initiative angestrebte Weg, die Höhe der Kostenmiete vor Gericht klären zu lassen, würde zudem ins Leere laufen. Auch die Interessengemeinschaft der Kapitalanleger im Sozialen Wohnungsbau nennt den Gesetzentwurf „in höchstem Maße unseriös“.
Nach so massiver Kritik ging auch die Linke auf Distanz: „Der Entwurf der Stadtentwicklungssenatorin für ein Wohnraumgesetz ist nicht ausreichend, um die Folgen des Ausstiegs aus dem Sozialen Wohnungsbau sozialverträglich abzufedern“, erklärt Linken-Wohnungspolitiker Uwe Doering.
Ob angesichts des von den Linken angemeldeten Nachbesserungsbedarfs das Gesetz noch wie geplant vor der Sommerpause beschlossen werden kann, scheint zweifelhaft.
Jens Sethmann
MieterMagazin 6/11
Mietervertreter Sebastian Jung (vierter von rechts) nennt den Entwurf des Wohnraumgesetzes ein „trojanisches Pferd“
Foto: Sabine Münch
26.03.2013