Hauskäufe in Kreuzberger Sanierungsgebieten gelten für Investoren als lukrative Geldanlage mit steuerlichen Vorteilen. Die bewährten Methoden: entmieten und verkaufen. Gegen die schleichende Vertreibung langjähriger Mieter hat sich im Chamisso-Kiez eine Anwohnerinitiative gebildet.
Manuela K. ist seit sieben Jahren Mieterin einer Dreizimmerwohnung in der Arndtstraße. In dieser Zeit wechselten die Besitzverhältnisse des Hauses drei Mal – Eigentümer seit Juni 2010 ist ein Investor aus Baden-Baden. Bereits im September wurde dieser bei Manuela K. vorstellig: Das Haus solle umfassenden Baumaßnahmen unterzogen und ihre Wohnung mit der Nachbarwohnung zusammengelegt werden. Ob sie bereit sei, gegen das Angebot einer Ersatzwohnung auszuziehen? Kurz darauf wurden Kaufinteressenten durchs Haus geführt und leer stehende Wohnungen saniert.
Im November erhielt Manuela K. ohne weitere Vorankündigung die fristlose Kündigung nebst Räumungsandrohung – sie habe sich wiederholten Aufforderungen der Hausverwaltung widersetzt, ihre Kaution, die sie von der Vorverwaltung zurückerhalten hatte, einzuzahlen. Die der Räumungsandrohung beigefügten Aufforderungsschreiben hatte sie allerdings nie erhalten. Für Marlies Lau, Rechtsberaterin beim Berliner Mieterverein, ist die Intention klar: „Das ist ein übler Trick, um die Mieterin hinauszubekommen.“
Derselben Auffassung war die Richterin in der Räumungsverhandlung im März 2011: Die Klage des Vermieters wurde abgewiesen – unter Hinweis auf das seit sieben Jahren bestehende Mietverhältnis und das von der Mieterin unverzüglich hinterlegte Kautionssparbuch. Eine Bitte um Stellungnahme kommentierte der Eigentümer mit den Worten: „Das sind alles ganz normale Vorgänge in dem Haus, dazu wollen wir uns nicht näher äußern.“
Fünf von neun Mietparteien haben dem Druck nicht standgehalten und sind zwischenzeitlich ausgezogen, die verbleibenden Mieter wollen gemeinsam mit anderen im Kiez für den Erhalt ihrer Wohnungen kämpfen.
Elke Koepping
MieterMagazin 6/11
Das alte Lied: Weil leer stehende Wohnungen einfacher zu modernisieren und lukrativer zu verkaufen sind, werden Mieter zum Auszug gedrängt
Foto: Christian Muhrbeck
10.05.2017