Wer in den letzten Wochen seine Stromabrechnung bekommen hat, wird bemerkt haben, dass sie ausführlicher geworden ist. Hintergrund ist das neue Energiewirtschaftsgesetz, das den Stromanbietern zusätzliche Informationspflichten auferlegt. Die Abrechnungen, so das Ziel, sollen transparenter werden und dem Kunden die Möglichkeit geben, seinen eigenen Verbrauch mit dem anderer zu vergleichen. Doch gutgemeint ist nicht immer gut, wie erste Erfahrungen zeigen.
Nach der neuen Regelung sind die Stromlieferanten bei Privatkunden verpflichtet, mit Hilfe von Grafiken darzustellen, wie sich der eigene Jahresverbrauch zum Verbrauch von Vergleichskundengruppen verhält. Der Kunde soll also erkennen, ob er ungewöhnlich viel verbraucht – und somit zum Sparen angeregt werden. Die meisten Kunden des Stromanbieters Vattenfall müssen sich da keine Sorgen machen – zumindest wenn sie den Angaben auf ihrer Rechnung Glauben schenken. Als durchschnittlicher Jahresstromverbrauch für einen Single-Haushalt werden dort 2050 Kilowattstunden (KWh) angegeben, für einen Zweipersonenhaushalt sind es 3440 KWh. Diese Zahlen verwundern, denn im Allgemeinen wird von einem sehr viel niedrigeren Verbrauch ausgegangen.
Woher kommen die Daten?
So nennt der Ökostromanbieter „Lichtblick“ einen durchschnittlichen Jahresverbrauch von 1500 KWh für einen Einpersonenhaushalt beziehungsweise 2500 KWh für einen Zweipersonenhaushalt. Diese Durchschnittswerte legt auch der „Bund der Energieverbraucher“ zugrunde. Kunden der „FlexStrom AG“ erfahren, dass ein Verbrauch von 1230 KWh für einen Single-Haushalt „gut“ ist, 1845 KWh „hoch“ und 2460 KWh „viel zu hoch“.
Wie kommt es zu diesen unterschiedlichen Werten? Aus datenschutzrechtlichen Gründen haben die Unternehmen keine eigenen Informationen über die Haushaltsgröße ihrer Kunden. Bei Vattenfall stützt man sich auf eine Erhebung des „Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft“ (BDEW). Unklar bleibt, auf welcher Datengrundlage diese Erhebung beruht. Der Sprecher vom BDEW verweist lediglich auf einen „Musterhaushalt“. Nach Angaben von FlexStrom stammen die verwendeten Zahlen aus dem entsprechenden Gesetzentwurf. In der Tat enthält die entsprechende Bundestagsdrucksache eine Beispieltabelle mit identischen Vergleichszahlen. Verbindlich sei dieses Muster allerdings nicht, erklärt die Sprecherin des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, Dr. Ann-Christin Wiegemann. Insofern stellt sich die Frage, warum man den Energieversorgern überlässt, welche Vergleichswerte sie angeben.
„Aktuell werden verschiedene Datenquellen zu dieser äußerst komplexen Materie eruiert und ausgewertet“, so die Sprecherin. Derzeit werde ein Leitfaden zur Kundenrechnung erarbeitet, mit dem auch eine einheitliche Grafik zur Darstellung des Verbrauchsverhaltens empfohlen werden soll.
Birgit Leiß
Was muss die Stromrechnung beinhalten?
Seit 1. Februar 2012 muss jede Stromrechnung die geltenden Preise, die Zählernummer sowie die Kündigungsfristen enthalten. Der aktuelle Stromverbrauch sowie der Vorjahresverbrauch und die Vergleichskundengruppe – sprich der durchschnittliche Verbrauch – müssen grafisch dargestellt werden. Außerdem muss der Anteil der einzelnen Energieträger (Kernkraft, Kohle, Erdgas und sonstige fossile Energieträger) aufgelistet werden. Auch der Wechsel des Anbieters wird deutlich erleichtert. Sobald der neue Versorger seinen Kunden beim örtlichen Netzbetreiber angemeldet hat, darf es maximal drei Wochen dauern, bis der Wechsel vollzogen ist. Es muss auch nicht mehr wie bisher zum Monatsersten sein. Eine weitere verbraucherfreundliche Neuerung: Die Rechnung muss spätestens sechs Wochen nach Ende des Abrechnungszeitraums oder nach Ende des Lieferbezugs beim Verbraucher eintreffen.
Zudem muss auf die neu eingerichtete Schlichtungsstelle Energie hingewiesen werden. Hier können sich Kunden hinwenden, die Ärger mit ihrem Energieversorger haben. Nach dem Energiewirtschaftsgesetz sind Energieversorgungsunternehmen und Messdienstleister verpflichtet, Beanstandungen von Verbrauchern, insbesondere zum Vertragsschluss oder zur Qualität von Leistungen des Unternehmens, innerhalb von vier Wochen zu bearbeiten. Wird der Beschwerde nicht abgeholfen, muss das Unternehmen dies schriftlich begründen.
bl
MieterMagazin 6/12
Die Abrechnungen des Berliner Grundversorgers nennen einen außerordentlich hohen Vergleichs-Verbrauch
Foto: Christian Muhrbeck
Schlichtungsstelle Energie e.V.,
Friedrichstr. 133, 10117 Berlin,
Tel. 27 57 24 00,
www.schlichtungsstelle-energie.de
30.03.2013