Das Landessozialgericht hat die erst vor einem Jahr in Kraft getretene Berliner Wohnaufwendungenverordnung (WAV) gekippt. Bereits Ende Februar hatte das Sozialgericht in erster Instanz die Berechnung der Unterkunftskosten für ALG-II-Bezieher als nicht nachvollziehbar kritisiert. Statt nun endlich eine neue Verordnung mit höheren Mietrichtwerten zu erarbeiten, erwägt der Sozialsenator den Gang in die nächste Instanz.
In einem Normenkontrollverfahren hat das Landessozialgericht Ende April die WAV für unwirksam erklärt. Der Senat habe einen abstrakt angenommenen Bedarf für Unterkunft und Heizung zugrunde gelegt. Diese Verfahrensweise sei aber nur dann gesetzeskonform, wenn beide Werte richtig hergeleitet sind. Dem genüge der herangezogene Heizkostenwert nicht. Außerdem, so das Gericht, sei der konkret angemessene Bedarf immer einzelfallbezogen zu ermitteln, er könne nicht pauschal festgelegt werden. Dagegen verstoße die Verordnung, indem sie für bestimmte Härtefälle, etwa Schwangere oder Alleinerziehende, eine pauschale zehnprozentige Überschreitung der Richtwerte vorsieht.
„Damit haben wir es schwarz auf weiß: Die Richtsätze in der Verordnung sind nicht geeignet, eine angemessene Wohnraumversorgung für einkommensschwache Haushalte zu gewährleisten“, kommentiert der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wild, die Entscheidung. Doch während der BMV ebenso wie der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) eine neue Verordnung mit angemessenen Richtwerten fordert, will Sozialsenator Mario Czaja (CDU) die schriftliche Begründung des Urteils abwarten. Dann will er entscheiden, ob er Revision beim Bundessozialgericht einlegt. Bis auf Weiteres werde die WAV weiter angewendet, für Bezieher von Arbeitslosengeld II ändere sich daher erst einmal nichts.
Birgit Leiß
MieterMagazin 6/13
Jetzt schwarz auf weiß: Die Richtsätze für Wohnen sind nicht nachvollziehbar
Foto: Matthias Lüdecke
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg vom 25. April 2013 – L 36 AS 2095/12 NK – (Urteil noch nicht rechtskräftig)
18.08.2013