Der Alexanderplatz ein Klein-Manhattan? Der Blick auf die Spree mit Riesenklötzen zugestellt? Das Tempelhofer Feld für immer und ewig Freizeitbrache? Gerade wird auf der Berliner Bühne heftig um Stadtplanung gestritten, da kommt einer aufs Stichwort, der gar nicht anders kann, als sich einzumischen: Hanns Zischler, Schauspieler, Fotograf, Buchautor. Aber wer denkt, er macht für die Kollhoffs und die Lüschers den Statisten, der irrt gewaltig. Zischler, der ausdauernde Stadtwanderer und gescheite Beobachter, stellt sich an den Rand und spricht seinen ganz eigenen Text.
Zischler macht uns mit Oskar Huth bekannt, dem es gelang, den Nazis und ihrem Krieg zu entkommen, indem er Berlin beherzt „unterwanderte“. Und er erzählt von der jüdischen Dichterin Gertrud Kolmar, die es kurz vor ihrer Deportation nach Auschwitz noch einmal wagte, das Haus ihrer Kindheit in Westend aufzusuchen. Dass es eine Polizeistation war, konnte sie nicht abschrecken.
Wer dem Berlin-Erzähler Zischler folgt, erfährt nicht nur viel Neues über die Metropole, er sieht Bekanntes aus einem anderen Blickwinkel. Und er wünscht sich vielleicht, dass der Autor noch weitere Spaziergänge angehängt hätte. Durch den Berliner Osten zum Beispiel. Aber: Berlin ist eben auch zu groß für ein Buch.
rm
MieterMagazin 6/13
Hanns Zischler:
Berlin ist zu groß für Berlin
Verlag Galiani Berlin, 2013, 1
76 Seiten, 24,99 Euro
18.08.2013