In Friedrichshain-Kreuzberg werden auch außerhalb der Milieuschutzgebiete die Daumenschrauben für Investoren angezogen – zum Segen für die Mieter. Beispiel: Hafenplatz/Köthener Straße.
Der Gebäudekomplex mit rund 220 Wohnungen war nach Ablauf der Sozialförderung Ende 2017 an die Grundstücksgesellschaft Hafenplatz Berlin mbH verkauft worden. Die teilte den geschockten Mietern mit, dass ein Teilabriss des Hauses sowie ein Neubau mit größeren, familiengerechten Wohnungen und einem Mix von Arbeiten, Kunst und Gastronomie geplant sei. Das MieterMagazin berichtete in Ausgabe 3/18 („Kreuzberger Mischung ohne Kreuzberger?“).
Für die bereits begonnene Entmietung gebe es keinerlei rechtliche Grundlage, stellte der Bezirksbaustadtrat Florian Schmidt (Grüne) auf einer Mieterversammlung Anfang Mai klar. Bisher liegt weder ein Abriss-, noch ein Bauantrag vor. Der neue Eigentümer sei „kein Böser“, aber er sei naiv an die Sache herangegangen, so Schmidt: „Wir haben ihm jetzt die Pistole auf die Brust gesetzt.“ Es werde keine Entwicklung geben „auf Kosten der Menschen, die hier leben“. Im Klartext: Der Bezirk, der derzeit mit dem Eigentümer verhandelt, will keinem Konzept zustimmen, bei dem nicht alle Mieter bleiben können.
Konkret wurde beschlossen, ein eigenes unabhängiges Gutachten einzuholen, um zu überprüfen, ob wirklich abgerissen werden muss. Der Investor behauptet, die Substanz des 1970er-Jahre-Baus sei so schlecht, dass eine Sanierung „keine realistische Option“ darstelle. Als Weiteres hat der Bezirk die asum GmbH mit einer sozialen Mieterbetreuung beauftragt. In dem ehemaligen Sozialen Wohnungsbau wohnen viele Mieter, die völlig verängstigt und überfordert seien.
Der sogenannte Mieterberater des Eigentümers, der für erhebliche Verunsicherung sorgte, soll nach dem Willen des Bezirks abgezogen werden. Man habe dem Eigentümer zudem klargemacht, dass auch die vielen Mieter mit befristeten Verträgen langfristig geschützt seien. „Nach unserer Rechtsauffassung entfällt der Befristungsgrund Abriss, weil noch gar keine Abrissgenehmigung erteilt wurde“, so der Baustadtrat. Ein Teil der Wohnungen sei zudem an eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft zu übertragen.
Man darf gespannt sein, ob sich der Investor auf diese Forderungen einlässt, denn das Grundstück liegt weder im Sanierungs-, noch im Milieuschutzgebiet – dafür in einer Toplage, nur wenige Gehminuten vom Potsdamer Platz entfernt. Doch für sein Konzept, das einen höheren Gewerbeanteil sowie eine höhere Bebauungsdichte vorsieht, braucht der Investor die Zustimmung des Bezirks.
Birgit Leiß
24.05.2018