Rund 100 Delegierte aus den zwölf Bezirksgruppen des Berliner Mietervereins (BMV) diskutierten anlässlich ihrer jährlichen Zusammenkunft Anfang Mai den Bericht für das zurückliegende Geschäftsjahr und beschlossen die miet- und wohnungspolitischen Leitlinien des Vereins.
Die Geschäftsführung (Dr. Ulrike Hamann, Wibke Werner und Sebastian Bartels) kündigte an, das für den BMV schwache Netto-Mitgliederwachstum von 0,9 Prozent – 2021 waren es noch 1,3 Prozent – zu analysieren und Anstrengungen zu unternehmen, um verstärkt neue Mitglieder zu gewinnen. Gründe für den Beitritt gibt es genug, denn der BMV bietet bekanntlich nicht nur umfangreiche Rechtsberatung, sondern wird auch über Berlin hinaus mit seinen rund 190.000 Mitgliedern als starke Stimme im Deutschen Mieterbund wahrgenommen. Diese Stimme zu erheben ist wichtig, betonte der BMV-Vorsitzende Dr. Rainer Tietzsch: Das FDP-geführte Bundesjustizministerium verzögere oder blockiere nach wie vor jede vereinbarte Reform des Mietrechts, des Vorkaufsrechts sowie eine Reform des Mietwucher-Paragrafen im Wirtschaftsstrafgesetz und scheine auch die Einführung einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit auszusitzen – Projekte, die im Koalitionsvertrag der Ampel vereinbart worden sind.
Entsprechend umfangreich sind die Forderungen aus dem Leitantrag, der einstimmig beschlossen wurde: Berlin muss sich im Bundesrat stärker dafür einsetzen, dass die Ampel-Koalition die Koalitionsvorhaben umsetzt, unter anderem eine Absenkung der Kappungsgrenze für Mieterhöhungen von 15 auf 11 Prozent in Gebieten mit angespannten Wohnmärkten sowie eine Absenkung der Modernisierungsumlage von 8 auf 4 Prozent – wobei diese auf höchstens 1,50 Euro pro Quadratmeter begrenzt werden muss.
Kein Abriss ohne ökologische Abwägung
Den neuen Berliner Senat fordert der Mieterverein auf, ein schon lange ins Auge gefasstes Gebäude- und Wohnungskataster aufzustellen, ein Landeswohnungsamt zu schaffen, den Milieuschutz unter anderem mit Mietobergrenzen zu verbessern, die dramatische Zahl an auslaufenden Sozialbindungen einzudämmen und den Abriss von preisgünstigem Wohnraum soweit es geht zu verhindern – dies auch aus Gründen des Klima- und Ressourcenschutzes. „Die Berliner Bauordnung muss zu einer Umbauordnung werden“, bekräftigte die Präsidentin der Architektenkammer, Theresa Keilhacker, in ihrer Gastrede zu diesem Thema. Abrisse dürften nur noch genehmigt werden, wenn Eigentümer:innen nachweisen können, dass diese ökologisch vorteilhafter sind als ein Neubau. Dazu bedürfe es einer Lebenszeitanalyse von Häusern, von der Produktion der Baustoffe bis hin zur Entsorgung des Bauschutts. „Ein Haus so zu betrachten, haben wir früher im Studium nicht gelernt – heute dagegen ist das Standardwissen“, so die Architektin.
Sebastian Bartels
Wichtige Beschlüsse der Delegierten für den Deutschen Mietertag
Als Mitgliedsverein im Deutschen Mieterbund wird der Mieterverein am diesjährigen 70. Deutschen Mietertag vom 15. bis 17. Juni in Bremen teilnehmen. Hierzu hat die Delegiertenversammlung einige mietenpolitische Anträge beschlossen, die auf dem Mietertag zur Abstimmung stehen werden. So will der BMV beispielsweise erreichen, dass Mietspiegel nicht mehr auf Grundlage des Verbraucherpreisindexes fortgeschrieben werden dürfen. Der Möblierungszuschlag soll gesetzlich geregelt werden. Für Wohngebäude müsse eine Instandhaltung per Gesetz verpflichtend werden. Zudem soll die Grundsteuer als Betriebskostenposition nicht mehr auf die Mietenden umgelegt werden dürfen.
sb
Nachhaltiger Bestands- und Klimaschutz, sozialer Neubau und ein starker gemeinwohlorientierter Sektor!
26.05.2023