Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat die festgelegten Mietobergrenzen für das Bürgergeld (früher: Hartz IV) für ungültig erklärt. Das Berliner Jobcenter wurde dazu verurteilt, einer Mieterin die vollen Mietkosten zu zahlen.
Die klagende Mieterin hatte einen Mietpreis von 640 Euro für ihre Dreizimmerwohnung im Sozialen Wohnungsbau in Schöneberg zu zahlen. Weil die Obergrenze gemäß AV (Ausführungsvorschriften) Wohnen für einen Single-Haushalt bei 480 Euro liegt, weigerte sich das Jobcenter, die vollen Kosten der Unterkunft zu übernehmen. Das Landessozialgericht entschied nun, dass ein Vergleich mit den Mieten von sozial gebundenem Wohnraum erforderlich ist. Denn die Mietpreise solcher Wohnungen könnten grundsätzlich nicht als unangemessen angesehen werden, schließlich sollen sie gerade Menschen, die Grundsicherung oder Bürgergeld beziehen, als Wohnraum zur Verfügung stehen. Interessant auch die weitere Begründung: Unzulässig ist auch, dass der Senat zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze lediglich die Mittelwerte der einfachen Wohnlage gemäß Mietspiegel herangezogen hat. Denn solcher Wohnraum stehe den Leistungsempfängern de facto gar nicht zur Verfügung, weil es in Berlin eine massive Angebotslücke gebe, gerade im Bereich der Einpersonenhaushalte.
Welche Folgen das Urteil hat und ob es nur für Sozialwohnungen gilt, ist noch unklar. Man müsse zuerst die schriftliche Urteilsbegründung abwarten, sagt ein Sprecher der Senatsverwaltung für Soziales. Er verweist darauf, dass es hier um einen Fall aus den Jahren 2015/2016 geht. Zum 1. Januar 2018 wurde für Wohnungen im Sozialen Wohnungsbau eingeführt, dass Leistungsempfänger die Angemessenheitsgrenzen um 10 Prozent überschreiten dürfen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung ist die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen. Nach Einschätzung des Berliner Mietervereins können sich Mieterinnen und Mieter jedoch gegenüber dem Jobcenter auf diese Rechtsprechung berufen.
Birgit Leiß
L 32 AS 1888/17
26.05.2023