Dass das Geschäft mit dem Müll gelegentlich absurde Blüten treibt, ist bekannt. Dass aber die Berliner Stadtreinigung (BSR) finanziell in ein optimiertes Müllkonzept für eine Wohnsiedlung investiert und damit unwissentlich dem privaten Entsorger ALBA den Weg ebnet, klingt wie ein Schildbürgerstreich.
Bereits seit Mitte der 90er Jahre habe sich der Mieterbeirat der so genannten „Märchensiedlung“ in Köpenick, einer denkmalgeschützten Anlage rund um die Mittelheide, bemüht, mit der GSW in Gespräche um ein besseres Müllkonzept zu treten, erklärt Mieter Walter Wawra. Das Ziel war, Betriebskosten einzusparen, aber auch Geruchsbelästigungen in den Erdgeschosswohnungen zu reduzieren und die bestehende öffentliche Zugänglichkeit der Tonnen zu unterbinden. Lange Zeit hieß es, die Denkmalschutzbestimmungen stünden einer Veränderung der Müllstandplätze entgegen, doch im Jahr 2005 sollte sich die Hartnäckigkeit der Mieter als fruchtbar erweisen. Im Rahmen des von der BSR angebotenen „Abfallmanagements“ wurde für die Siedlung zusammen mit dem Denkmalschutz ein Konzept ausgearbeitet, das 19 kleinere Müllstandplätze auf neun große reduzierte – unter finanzieller Beteiligung der BSR. „Die kleinen, schlecht zugänglichen Müllstandplätze in der Mittelheide schränkten die Effizienz unserer Arbeit ein, auch ließen sich nicht überall alle Tonnen-Fraktionen aufstellen“, erklärt Sabine Thümler, Unternehmenssprecherin der BSR. Mit etwa 11000 Euro bezifferte die BSR die jährliche Kostenersparnis für die 394 Wohneinheiten – auf Dauer rechne sich die Investition. Was aber weder Mieterbeirat noch BSR bekannt war, war der Umstand, dass parallel auf Geschäftsführungsebene der GSW die unternehmensweite Einführung der von der ALBA betriebenen „Gelben Tonne plus“ beschlossen wurde, die nun auch seit Mai 2006 in der Mittelheide zu finden ist.
„Das ist für uns natürlich ärgerlich“, so Thümler, „die BSR hat die Voraussetzungen für die vorliegende Struktur erst geschaffen, die ALBA springt nun quasi als Trittbrettfahrer auf.“ Zu Ungunsten der BSR, denn die Reduktion der Müllmenge in den grauen Tonnen führt für diese letztlich zu einer Umsatzeinbuße. Die Mieter bemängeln vor allem die mangelnde Transparenz des Vorgangs seitens der GSW – bisher sei nicht einmal die tatsächliche Einsparung durch das neue Müllkonzept bekannt, so dass eine behauptete weitere Kostenreduktion durch die „Gelbe Tonne plus“ für die Mieter nicht plausibel ist. „Managemententscheidungen und Projekte der einzelnen Geschäftsstellen müssen intern ohne Zweifel besser verzahnt werden“, bekennt Corinna Kaspar, Sprecherin der GSW. Es sei zwischenzeitlich eine Stelle geschaffen worden, die künftig ähnlich kontraproduktive Entscheidungen im Vorfeld verhindern solle.
Elke Koepping
MieterMagazin 7+8/06
Schildbürgerstreich:
die BSR bezahlt, ALBA profitiert
Foto: Elke Koepping
23.04.2013