Das Land Berlin hat die Gewerbesiedlungs-Gesellschaft GSG, eine Tochter der landeseigenen Investitionsbank Berlin (IBB), im April 2007 an die börsennotierte „Orco Group“ verkauft. Betroffen von der Privatisierung sind nicht nur Gewerbetreibende, sondern auch die Mieter von 235 Wohnungen.
Die GSG wurde 1965 vom Senat, der Handwerkskammer und der Industrie- und Handelskammer gegründet, um kleinen und mittleren Betrieben preisgünstigen Gewerberaum bieten zu können. Heute besitzt das Unternehmen 42 Gewerbehöfe mit über 750.000 Quadratmetern Nutzfläche in zehn Bezirken, vor allem in Kreuzberg und Wedding. 1200 Firmen mit mehr als 12.000 Mitarbeitern sind GSG-Mieter, ein Drittel der Gewerbeflächen steht leer.
Zum Preis von knapp 309 Millionen Euro war die GSG für die Firma Orco ein Schnäppchen, flossen doch in den vergangenen Jahren allein vom Bund 340 Millionen Euro an Fördergeldern in die Sanierung der Gewerbehöfe. Aus dem Verkaufserlös gingen etwa 134 Millionen an die IBB, rund 145 Millionen an den Landeshaushalt.
Bei einem Weiterverkauf sollen die Räume zuerst den Mietern zum Kauf angeboten werden. Das gilt auch für die 235 Wohnungen, die sich zumeist in den Vorderhäusern der GSG-Höfe befinden. Um Luxusmodernisierungen zu vermeiden, sollen sich Sanierungsmaßnahmen am Standard des geförderten Wohnungsbaus orientieren. Kündigungen wegen Eigenbedarfs oder wirtschaftlicher Verwertung sind ausgeschlossen. Der Berliner Mieterverein kritisiert jedoch, dass der Mieterschutz nicht als Vertragsergänzung angeboten wurde.
Bislang war die Firma Orco in Berlin vor allem in Prenzlauer Berg und Mitte aktiv. In der Fehrbelliner Straße baut das Unternehmen zurzeit einen Fabrikkomplex in luxuriöse Lofts um. Eine Umnutzung von Gewerberäumen zu Wohnzwecken ist ihr bei den GSG-Gebäuden zwar verboten – aber nur für fünf Jahre.
Jens Sethmann
MieterMagazin 7+8/07
Die GSG wurde billiger verkauft als sie in den letzten Jahren an Fördergeldern gekostet hat
Foto: Jens Sethmann
16.07.2013