Beim Thema Biotonne rümpft mancher die Nase, allen voran die Berliner Stadtreinigung (BSR). Andere, wie der BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) in Berlin, sehen die Umsetzung einer jahrelangen Forderung in greifbarer Nähe. Anfang März kündigte Umweltsenatorin Katrin Lompscher an, die Biotonne auf das gesamte Stadtgebiet ausweiten zu wollen. Das hätte zwar höhere Müllgebühren zur Folge, diese seien jedoch sozial verträglich. Auch das Gestank- und Madenproblem ist mittlerweile technisch lösbar. Die endgültige Entscheidung liegt nun beim Abgeordnetenhaus.
Von zwei bis drei Euro Mehrkosten pro Jahr und Einwohner geht die Umweltsenatorin aus, wenn die braunen Tonnen auch in den Außenbezirken abgeholt werden. Hier kostet die Bioabfuhr bis zu zehnmal mehr als in den dicht besiedelten Innenstadtbezirken. Die Kosten für den Mehraufwand sollen auf alle Berliner gleichermaßen umgelegt werden. Wäre die bislang kostenpflichtige Biotonne dann entgeltfrei, würden sich entsprechend die Restmüllgebühren erhöhen.
Die BSR befürchtet, dass die Verbraucher eine Ausweitung der Biotonne insbesondere wegen der Kosten ablehnen werden. Der BUND Berlin erwartet allerdings für die meisten nur eine zusätzliche Belastung von gerade mal einem Euro. Denn wer heute schon eine Biotonne habe, zahle dafür ja bereits ein bis zwei Euro. 25 bis 30 Prozent organische Abfälle landen laut BUND derzeit in der grauen Hausmülltonne. Wer seinen Müll jedoch sauber trennt, kann Restmüll und damit Gebühren einsparen. „Die Kostenbelastung durch die flächendeckende Biotonne halten wir deshalb für erträglich“, meint der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wild. „Aus ökologischen Gründen halten wir eine Ausweitung der Biomüllabfuhr für sinnvoll.“
Die BSR plädiert dafür, erst einmal zu analysieren und abzuwägen. „Keine Schnellschüsse!“, warnt BSR-Sprecherin Sabine Thümler. „Außerdem gibt es die Biotonne quasi bereits flächendeckend: Jeder, der sie will, kann sie auch bekommen.“ Und das sind derzeit immerhin circa 2,7 der 3,4 Millionen Berliner. Gerade in den Außenbezirken kompostieren viele ihren Bioabfall selbst. Zwar müssen diese auch bei einer Ausweitung der Biosammlung keine Biotonne aufstellen. „Wäre die Biotonne aber für alle unentgeltlich, würden sie über die dann höheren Restmüllgebühren dennoch für die braune Tonne zahlen“, stellt Thümler fest.
Die BSR setzt zunächst auf eine Optimierung des Systems. Thümler. „Es reicht nicht, den Biomüll nur einzusammeln. Wir müssen ihn auch in Anlagen verwerten, die einen ökologischen Vorteil gegenüber der heutigen Restmüllentsorgung bringen.“
Diverse Verbesserungen sind möglich
Rund 50.000 Tonnen Bioabfälle und weitere 50.000 Tonnen Laub werden bislang von der BSR eingesammelt und dann zum größten Teil in Kompostierungsanlagen verwertet. Der umweltpolitische Sprecher der Berliner SPD-Fraktion, Daniel Buchholz, hält mehr für möglich und tritt deshalb für die Ausweitung der Bioabfallsammlung in Berlin ein. „Attraktivität und Akzeptanz der Biotonne können noch deutlich erhöht werden: durch den Einsatz von geruchshemmenden Filterdeckeln und die regelmäßige Reinigung der Tonnen mit speziellen Fahrzeugen.“ Senat und BSR seien seit Jahren nicht in der Lage, die Sammlung und Verwertung des organischen Abfalls ökologisch und wirtschaftlich zu organisieren, kritisiert auch die umweltpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Felicitas Kubala. Notfalls müsse der Senat diese Leistung ausschreiben. „Dann werden im Wettbewerb mit privaten Entsorgern sehr schnell moderne Anlagen entstehen, um den Bioabfall kostengünstig zu verwerten.“
Kristina Simons
MieterMagazin 7+8/07
Organische Abfallstoffe machen derzeit 25 bis 30 Prozent des Hausmülls aus
Foto: Christian Muhrbeck
Was tun mit dem Biomüll?
Einen kleinen Teil des Berliner Bioabfalls verfrachtet die BSR bereits heute in eine Biogasanlage nach Fürstenwalde. 2000 Haushalte werden daraus mit Strom und Wärme versorgt. Das müsse und könne deutlich mehr werden, meint Andras Jarfe, Geschäftsführer des BUND Berlin – vorausgesetzt, die Berliner trennen ihren Müll sauber. „Wir haben in Berlin ein Potenzial von mindestens 400.000 Tonnen Biomüll, die hervorragend für die sehr effiziente Biogasproduktion geeignet wären.“ Eine Verarbeitung der organischen Abfälle in Biogasanlagen sehe auch das vom Senat beschlossene Abfallwirtschaftskonzept vor, so Marie-Luise Dittmar, Sprecherin der Umweltsenatorin.
ks
16.07.2013