Der Deutsche Bundestag und die Bundesregierung haben im Juni die Maßnahmenpakete zur Umsetzung des Integrierten Energie- und Klimaprogramms (IEKP) verabschiedet. Wesentliches Ziel ist der verstärkte Einsatz erneuerbarer Energien bei der Stromproduktion und bei der Wärmeerzeugung im Wohngebäudebestand. Mit Änderungen der Energieeinsparverordnung und der Heizkostenverordnung sollen die Energieeffizienz von Gebäuden und die Energieeinsparung von Nutzern verbessert werden. Enttäuscht zeigte sich Mieterbundpräsident Dr. Franz-Georg Rips: Mit diesen rechtlichen Rahmenbedingungen sei die Chance vertan, die postulierten Klimaschutzziele auch wirklich zu erreichen.
Mit der verstärkten Gewinnung von Energie aus Wind, Sonne, Biomasse und Geothermie würde ein „gewaltiger Schritt nach vorn“ in Richtung Klimaschutz getan, so Bundesumweltminister Gabriel. Diese Bewertung findet allerdings seitens des Deutschen Mieterbundes (DMB) und der Oppositionsparteien wenig Zustimmung, was das sogenannte Wärmegesetz (EEWärmeG) betrifft, mit dem der Einsatz erneuerbarer Energien für die Beheizung von Wohngebäuden verstärkt werden soll. Die Wohnungswirtschaft lehnt das beschlossene Gesetz ebenso wie dessen Erweiterung auf den Wohnungsbestand wiederum wegen angeblicher Unwirtschaftlichkeit grundsätzlich ab.
Ab 2009 müssen Bauherren bei der Errichtung von Wohngebäuden einen Teil der Wärme (siehe Kasten) über den Einsatz erneuerbarer Energien abdecken. Die Bundesregierung will damit den Anteil der erneuerbaren Energien am Wärmeverbrauch von derzeit 6 auf 14 Prozent im Jahre 2020 erhöhen. Dieses Ziel hält der DMB ohne die Einbeziehung bestehender Wohngebäude für nicht realisierbar, denn der Wohnungsneubau ist weitgehend zum Erliegen gekommen. Langfristig könne im Übrigen nur mit erneuerbaren Energien der Energiepreisentwicklung fossiler Energieträger etwas entgegengesetzt werden. Die Organisation setzt sich daher für deren Ausbau auf 20 Prozent bis zum Jahr 2020 ein. Um bestehende Gebäude einzubeziehen, könnte eine längere Frist Anreize schaffen.
Ausbau erneuerbarer Energien verstärken
Neben der gesetzlichen Verpflichtung zur Verwendung erneuerbarer Energien bei Wohnungsneubauten soll ihr Anteil bei der Stromerzeugung bis 2020 von jetzt etwa 14 auf 25 bis 30 Prozent erhöht werden. Dazu wird Strom aus Wind und Biomasse stärker gefördert, aus Sonne hingegen etwas weniger. Die Stromversorgungskonzerne werden also weiterhin zur Abnahme der erneuerbaren Energien gezwungen. Der Verbraucher wird im statistischen Durchschnitt zukünftig statt 3 Euro etwa 5 Euro im Monat für die Förderung der erneuerbaren Energien aufwenden müssen. Die Linke stimmte dem Gesetz zu, die Grünen enthielten sich und die FDP lehnte es ab.
Der Anteil der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) soll bis zum Jahre 2020 von heute 12 auf 25 Prozent ansteigen. Die gleichzeitige Gewinnung von mechanischer Energie, die direkt in Elektrizität umgewandelt wird, und nutzbarer Wärme zum Heizen wird über einen Zuschlag gefördert, den der Netzbetreiber auf die Stromkunden abwälzen kann. Die jährliche Förderung wird auf 750 Millionen Euro begrenzt. Auch Mini-KWK-Anlagen in Privathaushalten und Mehrfamilienhäusern von bis zu 50 Kilowatt erhalten konstant über zehn Jahre einen Zuschlag von 5,11 Cent pro Kilowattstunde.
Die bestehende Heizkostenverordnung enthält die Verpflichtung für den Wohngebäudeeigentümer, den Energieverbrauch für die zentrale Heizanlage und die Warmwasserversorgung zu erfassen und die Kosten nach Verbrauch beziehungsweise Fläche zu verteilen. In bundesweit rund 16 Millionen Wohnungen findet die Heizkostenverordnung derzeit Anwendung. Mit der Änderung der Verordnung sollen weitere Potenziale zur Reduzierung der CO2-Emissionen im Gebäudebereich genutzt werden.
Durch die Einführung der Kostenverteilung nach Verbrauch soll nach Angaben der Bundesregierung eine 15-prozentige Energieeinsparung zu verzeichnen sein. In welchem Umfang durch die neuen Änderungen Energie eingespart werden soll, wird von der Bundesregierung nicht erklärt. Der Verteilungsmaßstab für die Kosten kann bisher zwischen 70 Prozent für Verbrauch sowie 30 Prozent nach Wohn- oder Heizfläche und 50 zu 50 frei gewählt werden. Künftig sind in Gebäuden, die nicht die Anforderungen der Wärmeschutzverordnung vom 16. August 1994 erfüllen, die mit einer Öl- oder Gasheizung versorgt werden und in denen die freiliegenden Strangleitungen der Wärmeverteilung überwiegend gedämmt sind, 70 Prozent der Heiz- und Warmwasserkosten nach erfasstem Verbrauch abzurechnen, was zu einem sparsameren Verbrauchsverhalten animieren soll. Zudem wird die einseitige Umstellungsmöglichkeit des Verteilungsmaßstabes durch den Vermieter erleichtert. Den Mietern soll zukünftig innerhalb eines Monats nach Ablesung das Ergebnis in geeigneter Weise mitgeteilt werden. So sollen sie einen Bezug zu ihrem Verbrauchsverhalten bekommen. Ist der Energieaufwand für Warmwasser zu schätzen, so wird der bisherige Ansatz durch eine neue Formel ersetzt, was im Ergebnis auch zu einem deutlich höheren Anteil für Warmwasser führen wird.
Bundesregierung setzt auf Freiwilligkeit
Des Weiteren soll ein Anreiz zur Erreichung des sogenannten Passivhausstandards beim Bau beziehungsweise bei der Sanierung von Mehrfamilienhäusern geschaffen werden, indem diese von der Verpflichtung zur verbrauchsabhängigen Abrechnung befreit werden. Voraussetzung dafür ist, dass der Heizwärmebedarf 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter im Jahr nicht übersteigt.
In der neuen Verordnung wird die Umlage der Kosten von Verbrauchsanalysen geklärt, die Ersteller von Heiz- und Warmwasserkostenabrechnungen sind aber nicht einmal ver-pflichtet, den witterungsbereinigten Verbrauchskennwert in der Abrechnung zu benennen. Der Berliner Mieterverein appelliert deshalb an den Berliner Senat, im Bundesrat auf eine Nachbesserung hinzuwirken.
Die Änderung der Energieeinsparverordnung (EnEV) wird keinen nennenswerten Beitrag zum Klimaschutz leisten. Zwar werden bei der Errichtung von Neubauten die Anforderungen an den Jahresprimärenergiebedarf um 30 Prozent und an die Außenbauteile um 15 Prozent gesenkt, die Eigentümer bestehender Gebäude bleiben jedoch weitgehend von neuen Verpflichtungen verschont. Die Bundesregierung setzt weiter auf Freiwilligkeit, obschon die Vergangenheit sie eines Besseren hätte belehren müssen. Folgerichtig verzichtet man auch auf entsprechende Sanktionen, wenn die Auflagen der Energieeinsparverordnung nicht eingehalten werden. Insbesondere die verschärften Anforderungen bei umfassendem Umbau bestehender Gebäude werden wie schon bisher ins Leere laufen. Der Deutsche Mieterbund hatte vorgeschlagen, den Mietern ein Kürzungsrecht bei den Heizkosten einzuräumen, wenn Eigentümer die Verpflichtungen aus der Energiesparverordnung nicht erfüllen. Doch der Vorschlag wurde aus dem Verordnungsentwurf gestrichen. Mit den nur marginalen Änderungen an der Verordnung wird die Chance vertan, national einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.
Da bei den Klimaschutzzielen im Verkehrsbereich (Kfz-Steuer auf Schadstoffausstoß, Kennzeichnung klimaschonender Fahrzeuge und ähnliches) die Bundesregierung noch keinen Deut vorangekommen ist, konnte mit den Kompromissgesetzen zu den erneuerbaren Energien und mit den Verordnungen zur Energieeinsparung eine umweltpolitische Blamage zunächst vermieden werden. Grundsätzlich aber bewahrheitet sich einmal mehr, dass Bundeskanzlerin Merkel ihre international vorgetragenen Ambitionen im eigenen Land kaum umsetzen kann, weil das von der Wohnungswirtschaft beeinflusste Bauministerium und das CSU-geführte Wirtschaftsministerium massiv blockieren. Offenkundig fehlt es der Ex-Umweltministerin an Durchsetzungskraft gegenüber dem bayrischen Koalitionspartner. „Nicht mehr als ein zahnloser Tiger“, resümierte DMB-Präsident Dr. Franz-Georg Rips enttäuscht die Umsetzung des Energie- und Klimaprogramms des Bundes.
Reiner Wild
MieterMagazin 7+8/08
Bei Neubauten steigen die Anforderungen an Gebäudehülle, Bestandsgebäude sind weitgehend ausgenommen
Foto: Thermodach
Bei Neubauten steigen die Anforderungen an die Art der Beheizung (hier: Pelletheizung)
Foto: Kerstin Zillmer
Was verlangt das Wärmegesetz?
Gebäudeeigentümer müssen ab 2009 den Wärmeenergiebedarf von Neubauten anteilig mit erneuerbaren Energien decken: Solarenergie, feste Biomasse wie Holzpellets oder Hackschnitzel, Geothermie und Umweltwärme mit Wärmepumpen, Biogas für Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen oder spezielles Bioöl für Brennwertkessel.
Bei Solarkollektoren ist für Zweifamilienhäuser eine Kollektorfläche von mindestens 0,04 Quadratmeter pro Quadratmeter Nutzfläche vorgeschrieben, für Mehrfamilienhäuser eine Fläche von 0,02 Quadratmeter. Wird eine Heizung mit anderen erneuerbaren Energiequellen betrieben, muss diese mindestens 51 Prozent der Heizenergie des Gebäudes liefern.
Wer erneuerbare Energien nicht einplant, muss seine Wärme für Heizung und Warmwasser aus „Kraft-Wärme-Kopplung“ beziehen, die energetische Qualität seines Hauses um 15 Prozent verbessern oder seine Energie aus Nahwärme beziehen, die vor allem aus umweltfreundlichen Ressourcen hergestellt wird.
Verstößt ein Gebäudeeigentümer gegen die Auflagen, ist ein Bußgeld von 50000 Euro vorgesehen.
rw
10.07.2013