Vom Fall eines Mieters, der sich seit einem Jahr gegen seine Kündigung durch die Genossenschaft „Fortuna“ wehrt, berichtete das MieterMagazin (Ausgabe 5/09, Seite 21: „Vergessene Ideale?“). Nun hat das Wohnungsunternehmen gegen dieses Mitglied wegen „schuldhaften genossenschaftswidrigen Verhaltens“ ein Ausschlussverfahren eingeleitet. Zur Begründung muss das dem MieterMagazin gewährte Gespräch und die daraus veröffentlichten Zitate herhalten.
Nach Ansicht der Genossenschaft Fortuna hat ihr Mitglied den „wissentlich falschen Eindruck“ erweckt, dass das Unternehmen Empfänger von Arbeitslosengeld II (ALG II) nicht als Mieter akzeptiere. Genau dies hat Fortuna aber mehrfach schriftlich geäußert. Hintergrund des Streits: Das sei beim Eintritt übersehen worden. Das Neumitglied hatte bereits seine Geschäftsanteile gezahlt und auch Wohnungsangebote bekommen, als die Genossenschaft die Aufnahme rückgängig machen wollte. Schließlich ließ das Mitglied per Feststellungsklage seine Mitgliedschaft gerichtlich klären. Das Amtsgericht wies die Zwangsauflösung der Mitgliedschaft zurück (Amtsgericht Lichtenberg, 4.März 2009 – 11 C 245/08 -).
Die Vertreterin der Fortuna hatte vor Gericht geäußert, man vermiete nur an Bewerber, die im „unbefristeten Angestelltenverhältnis“ stehen. Als ALG-Bezieher erfülle das Neumitglied diese Kriterien nicht. Eine schriftliche Stellungnahme des Unternehmens dazu gegenüber dem MieterMagazin schwächte ab: Man prüfe jeden Einzelfall sorgfältig, keine Gruppe sei von vornherein ausgeschlossen. Gleichzeitig wurde auf den hohen Anteil von Transfereinkommensbeziehern verwiesen, der es bei der Neuvermietung unumgänglich mache, nur wirtschaftlich starke Mieter aufzunehmen.
Gegen das Urteil hat die Genossenschaft mittlerweile Berufung eingelegt, das Landgericht signalisierte aber schon, dass es diese zurückweisen wird. Der Aufsichtsratsvorsitzende der Fortuna habe nicht einmal auf das Schreiben des Mieters mit der Bitte um Klärung reagiert, merkte das Landgericht an. Nach der Satzung sei die Genossenschaft zudem verpflichtet gewesen, vor der Entscheidung durch den Vorstand das Mitglied anzuhören. Darüber hinaus habe die Fortuna es offensichtlich unterbunden, dass der Vorgang im Aufsichtsrat behandelt wird.
Umso dreister mutet es nun an, dass das Mitglied aufgrund seiner nachweislich richtigen Darstellung der Vorgänge im MieterMagazin mit einem Ausschlussverfahren belegt wird.
Birgit Leiß
MieterMagazin 7+8/09
Einem Neumitglied brachte die Aufnahme bei der Fortuna gerichtliche Auseinandersetzungen statt Glück
Foto: Christian Muhrbeck
07.04.2013