Die FDP setzt sich für eine Pauschalierung der staatlichen Wohnkostenübernahme für Hartz-IV-Empfänger ein. Dabei wirbt sie mit dem Charme der bürokratischen Vereinfachung, kann aber einige wichtige Fragen der praktischen Umsetzung nicht beantworten. Kritiker urteilen: ein ungeeigneter Vorstoß.
Der deutsche Städte- und Gemeindebund machte im Dezember den Anfang. Es folgte die Bundesagentur für Arbeit. Und jetzt setzt sich FDP-Generalsekretär Christian Lindner an die Spitze der Bewegung: Bundesweit soll das System der individuellen Mietkostenübernahme bei Hartz-IV-Empfängern ersetzt werden. Wo bisher Miete und Nebenkosten im Rahmen festgelegter Obergrenzen gegen entsprechenden Nachweis erstattet wurden, sollen künftig Empfänger von Transferleistungen mit einer Pauschale bedacht werden, die aufgrund der unterschiedlichen Mietniveaus regional zu staffeln sei. Die Kommunen, die für die Hartz-IV-Wohnkosten zu 70 Prozent aufkommen müssen, versprechen sich durch die Pauschalierung eine Einsparung in dreistelliger Millionenhöhe, die Jobcenter wiederum erwarten eine deutliche Arbeitsentlastung, wenn die Kostenerstattung nicht mehr im Einzelfall geprüft werden muss.
„Leistungskürzungen sind nicht geplant“, kündigte FDP-Generalsekretär Christian Lindner an. Allein der Bürokratieabbau soll finanzielle Einspa-rungen zur Folge haben. Doch Kritiker melden erhebliche Bedenken an.
Der Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes (DMB), Lukas Siebenkotten, befürchtet, „dass Wohnkostenpauschalen die Anzahl der Rechtsstreitigkeiten dramatisch erhöhen werden“. Mietspiegel, die zur Ermittlung der Pauschalen erforderlich sind, gebe es nur in 32 Prozent der Kommunen. Besonders problematisch wird es bei den Heizkosten: Je nach energetischem Gebäudezustand und verwendetem Energieträger schwanken die Aufwendungen zwischen 420 und 1200 Euro jährlich für eine 60 Quadratmeter große Wohnung – die Festlegung auf einen Durchschnittswert öffnet der Ungerechtigkeit und finanziellen Härten Tor und Tür.
Bedenken vermeldet auch der Bundesverband der deutschen Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW). Dessen Präsident, Lutz Freitag, befürchtet als Folge einer Pauschalierung, dass sich immer mehr Hartz-IV-Empfänger vor die Notwendigkeit gestellt sehen, preiswerteren Wohnraum zu suchen. Da es solche Wohnungen nur dort gebe, wo sich die Probleme ohnehin häuften, führe die beabsichtigte Neuregelung zur weiteren Ausprägung sozialer Brennpunkte. Noch drastischer formuliert es der Paritätische Wohlfahrtsverband: Familien würden zum Umzug in „abbruchreife Wohnungen“ animiert.
Dass die Pauschalierungsidee neben den ungeklärten Fragen der Berechnung auch bedenkliche stadtentwicklungspolitische Folgen hat, ficht deren Verfechter nicht an: Im Vordergrund stehe, „die Verantwortung für die Wohnungsauswahl auf den ALG-II-Empfänger zu übertragen“, so der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Johannes Vogel, gegenüber dem MieterMagazin.
Udo Hildenstab
MieterMagazin 7+8/10
Die FDP will die Wohn- kostenübernahme für Hartz-IV-Bezieher pauschalieren
Foto: Bernd Friedel
04.04.2013