Seit Jahren werden die Bewohner der Köpenicker Chaussee 24-39/Blockdammweg 1 unter Druck gesetzt auszuziehen. Freiwerdende Wohnungen werden nicht mehr vermietet, der Leerstand liegt mittlerweile bei 80 Prozent. Der Eigentümer, die „Vattenfall Europe AG“, bestreitet nicht, dass man die Mieter am liebsten los wäre.
Der Energiekonzern hatte die sogenannte Gaswerksiedlung mit 105 Wohnungen im Jahre 2007 von dem Wohnungsunternehmen GSW gekauft. In unmittelbarer Nähe plant Vattenfall den Neubau eines Kraftwerks. Das habe bereits beim Erwerb „eine Rolle gespielt“, heißt es in einer Stellungnahme gegenüber dem MieterMagazin. Man strebe eine Nutzung der bisherigen Wohngebäude zu Verwaltungszwecken an, so Sprecherin Barbara Meifert. Die denkmalgeschützte Siedlung mit den malerischen Klinkerbauten war 1926 für die Beschäftigten des mittlerweile stillgelegten Gaswerks gebaut worden.
Derzeit wird vom Bezirksamt Lichtenberg für das gesamte Areal ein Bebauungsplan erarbeitet, in dem eine Wohnnutzung nicht mehr vorgesehen ist. „Die Wohnungen wären sonst 15 bis 20 Meter vom Kraftwerkszaun entfernt“, erklärt Lichtenbergs Baustadtrat Andreas Geisel (SPD). Der Bezirk hat keine Einwände gegen die Umnutzung, schließlich, so Geisel, will der Eigentümer bei der Suche nach Ersatzwohnungen behilflich sein. Auch die Umzugskosten sollen übernommen werden. Für die Mieter ist jedoch völlig unverständlich, wieso Vattenfall zum jetzigen Zeitpunkt zum Auszug drängt. Der Bebauungsplan wird erst Mitte oder Ende 2011 beschlossen werden.
Der Kraftwerksneubau ist heftig umstritten, noch wurde kein Antrag auf Genehmigung gestellt. Schon vor zwei Jahren hatten sich Mieter mit der Bitte um Unterstützung an die Lichtenberger Bezirksbürgermeisterin gewandt. Etliche fühlten sich unter Druck gesetzt, zudem würden selbst gravierende Mängel an der Heizung und an den Dächern nicht mehr behoben.
Da viele Bewohner mittlerweile ausgezogen sind, stehen ganze Aufgänge leer. „Wir haben Angst, dass die Häuser immer mehr verwahrlosen“, sagt ein Mieter. Viele wohnen seit über 40 Jahren hier. Anfang Juni erfuhren die Bewohner bei einer Wohnungsbegehung, dass eine Kernsanierung geplant ist. Vielleicht hofft man ja, mit der Aussicht auf Baulärm und steigende Mieten auch die letzten Bewohner loszuwerden.
Birgit Leiß
MieterMagazin 7+8/10
Der Versorger Vattenfall will die Gaswerksiedlung für seine Verwaltung nutzen
Foto: Christian Muhrbeck
04.04.2013