Die CDU-FDP-Bundesregierung will nun die lange geplante Verschlechterung des Mietrechts durch den Bundestag bringen. Am 23. Mai beschloss das Bundeskabinett den Gesetzentwurf von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Der Deutsche Mieterbund und der Berliner Mieterverein kritisieren das Vorhaben scharf.
Ein „modernes Mietrecht als Beitrag zur Energiewende“ sollte nach den Worten von Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger mit der Gesetzesnovelle entstehen. „Das neue Mietrecht schafft Anreize zur energetischen Sanierung, schafft Abhilfe gegen das sogenannte Mietnomadentum und stärkt den Mieterschutz bei der Umwandlung von Miete in Eigentum.“ Die Art und Weise, wie diese Ziele erreicht werden sollen, benachteiligt allerdings einseitig die Mieter. Der Berliner Mieterverein (BMV) nennt den Gesetzentwurf „untauglich“, der Deutsche Mieterbund (DMB) bezeichnet ihn als „überflüssig wie einen Kropf“.
Um den Klimaschutz voranzubringen, will die Bundesregierung energetische Modernisierungen im vermieteten Wohnraumbestand erleichtern. Dazu soll das Mietminderungsrecht der Mieter beschnitten werden: Bei energetischen Sanierungsmaßnahmen dürfen die Mieter künftig in den ersten drei Monaten die Miete nicht mindern. Das heißt, sie müssen ein Vierteljahr lang Baulärm, Dreck, Verdunkelung durch Gerüste, Wassersperrungen oder Heizungsausfälle hinnehmen – und trotz der oft erheblichen Gebrauchswerteinschränkung die volle Miete zahlen. „Damit schafft die Bundesregierung ein Grundrecht für Verbraucher teilweise ab. Niemand muss 100 Prozent zahlen, wenn die Gegenleistung nicht zu 100 Prozent erbracht wird“, erklärt dazu DMB-Direktor Lukas Siebenkotten. Als Anreiz zur Sanierung taugen die Minderungsbeträge ohnehin nicht: „Davon macht kein vernünftig denkender Eigentümer Investitionen in Höhe von mehreren hunderttausend Euro abhängig.“
Darüber hinaus wird es Mietern schwerer gemacht, Härtegründe gegen eine Modernisierung einzuwenden. Vermieter dürfen sich hingegen darüber freuen, dass die formalen Anforderungen für Modernisierungsankündigungen gesenkt werden. Trotz der einseitigen Gesetzesänderung erklärt Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: „Die Mietrechtsreform verteilt ihre Vorteile und Lasten fair auf Vermieter und Mieter.“
„Mit diesen vorgeschlagenen Mietrechtsverschlechterungen wird keine energetische Modernisierung angestoßen. Dagegen wird die Akzeptanz auf Mieterseite weiter schwinden“, sagt Lukas Siebenkotten. „Wenn die Bundesregierung tatsächlich ihre Klimaschutzziele erreichen und den Wohnungsbestand insgesamt energetisch sanieren will, muss sie Lösungen für die Frage finden, wer die Modernisierungen letztlich zahlt. Hier aber passiert nichts.“
Großen gesetzgeberischen Aufwand unternimmt die Bundesregierung zur Bekämpfung der sogenannten Mietnomaden, obwohl diese in der Realität sehr viel seltener auftauchen als die vielen Beiträge in Boulevard-Fernsehmagazinen glauben machen wollen. Mit der Mietrechtsreform werden Räumungen nun erheblich erleichtert.
„Chance zur Energiewende verpasst“
Bei der Bundestagsopposition trifft der schwarz-gelbe Vorstoß auf Widerspruch: „Mit dem Gesetzentwurf verpasst die Bundesregierung die Chance, die Energiewende im Wohngebäudebereich klimafreundlich und bezahlbar zu gestalten“, erklären Daniela Wagner und Ingrid Hönlinger von den Grünen. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Florian Pronold bemängelt, dass die Änderung des Mietrechts „deutlich zu Lasten der Mieter“ geht. Mit ihrer Bundestagsmehrheit wird die Koalition das Gesetz aber voraussichtlich noch in diesem Jahr beschließen können. Eine Zustimmung des Bundesrates ist nicht erforderlich.
Jens Sethmann
MieterMagazin 7+8/12
Baustellenlärm und -schmutz bei Modernisierung soll künftig nicht mehr zur Mietminderung berechtigen
Foto: Christian Muhrbeck
Rat und Tat
Contracting und Umwandlung
Zwei gesetzliche Neuregelungen sind aus Mietersicht zu begrüßen: Das Contracting, also die Übertragung des Heizungsbetriebs an einen externen Wärmelieferanten, können Vermieter in Zukunft nur dann ohne Zustimmung der Hausbewohner vornehmen, wenn für die Mieter dadurch die Kosten von Heizung und Warmwasser nicht steigen. Außerdem unterbindet die Mietrechtsänderung das sogenannte Münchner Modell. Dieses Schlupfloch zur Umgehung der Kündigungssperrfrist bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen wird geschlossen.
js
30.05.2013