Die Wohnungspolitik des Senats ist um einen Widerspruch reicher: Auf der einen Seite ist das Land Berlin bemüht, die Wohnungsbestände der städtischen Gesellschaften zu vergrößern, um mehr Einfluss auf den Wohnungsmarkt zu bekommen, doch auf der anderen Seite verkaufen die Wohnungsbaugesellschaften weiterhin Wohnungen.
Der Senat will bis 2016 den Bestand an landeseigenen Wohnungen von 265.000 auf 300.000 erweitern – so steht es in der Koalitionsvereinbarung von SPD und CDU. Durch den Ankauf von rund 16.000 Wohnungen und mit einigen wenigen Neubauten verfügen die sechs Gesellschaften mittlerweile über rund 280.000 Wohnungen. Gleichzeitig haben sie aber auch über 1550 Wohnungen privatisiert. Das ergab eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Andreas Otto.
Nach Auskunft der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung haben die Wohnungsbaugesellschaften im Jahr 2012 insgesamt 874 Wohnungen verkauft, 2013 waren es 615. Im laufenden Jahr wurden zudem 69 Wohnungsverkäufe beurkundet, weitere 128 Verkäufe seien in Vorbereitung.
Die Privatisierung landeseigener Wohnungen wollte die SPD/CDU-Koalition eigentlich stoppen, allenfalls Verkäufe einzelner Wohnungen an die jeweiligen Mieter sollten denkbar sein. Tatsächlich wurde jedoch nur jede fünfte veräußerte Wohnung von Mietern gekauft, der Rest ging an „Investierende“ und sonstige Erwerber.
In teilprivatisierten Wohnanlagen könnte der Verkauf sogar noch weitergehen. 6341 Wohnungen befinden sich in solchen „anprivatisierten“ Beständen. „Die Fortführung der Veräußerung von Wohnungen aus diesen Beständen ist bisher nicht entschieden“, erklärt Staatssekretär Engelbert Lütke-Daldrup.
Für Reiner Wild vom Berliner Mieterverein ist die Veräußerung schlicht „falsch“. Offenbar würden die Unternehmen ihr Portfolio bereinigen und sich auf ihre größeren Siedlungen konzentrieren. Den Streubesitz im Altbau abzustoßen sei auch deshalb ein Fehler, weil es gerade in den Altbauvierteln wichtig wäre, den Druck vom Wohnungsmarkt zu nehmen. „Die städtischen Wohnungsunternehmen wären dazu prädestiniert“, erklärt Wild.
Jens Sethmann
MieterMagazin 7+8/14
Die Wohnungsunternehmen haben in den vergangenen zwei Jahren über 1500 Wohnungen verkauft – trotz Privatisierungsstopps
Foto: Jens Sethmann
03.09.2014