Seit Jahren wehren sich Mieter aus der Beermannstraße in Treptow gegen den Abriss ihrer Häuser. Insgesamt vier Altbauten sollen dem Ausbau der innerstädtischen Autobahn A 100 weichen. Doch während der politische Protest gegen Deutschlands teuerste Straße weitergeht, scheinen sich die Bewohner mit ihrem Schicksal abgefunden zu haben.
Ernst wird es zunächst für die Beermannstraße 20 und 22 mit rund 90 Wohnungen. Ende 2013 haben sämtliche noch verbliebenen Mieter die Kündigung bekommen. Je nach Kündigungsfrist müssen die meisten zum 30. Juni oder 30. September ausziehen. Das Grundstück wurde bereits vom Land Berlin an die Bundesrepublik Deutschland verkauft.
Für die Mieter ist die Situation völlig unbefriedigend. Zwar werden ihnen von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Ersatzwohnungen angeboten. Doch diese seien meist teurer, schlechter ausgestattet oder entfernt gelegen. „Wir fühlen uns unter Druck gesetzt, oft sollen wir uns innerhalb weniger Tage für eine Wohnung entscheiden“, berichtete eine Mieterin auf einer Protestaktion vor den Häusern. „Das Haus hat alles, was wir uns wünschen, es ist ruhig, im Grünen gelegen und mit S-Bahn-Anschluss“, meint eine Mieterin, die seit 30 Jahren hier wohnt. Für Altmieter liegt die Kaltmiete bei durchschnittlich 4,20 Euro pro Quadratmeter – vergleichbare Wohnungen sind nicht nur im Treptower Kiez Mangelware. Auch werden den Bewohnern lediglich die Umzugskosten erstattet. Eine Abfindung als Ausgleich für die meist deutlich höhere Miete zahlt die öffentliche Hand nicht. Unverständlich auch, warum die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung so aufs Tempo drückt. Der Baubeginn für den 16. Bauabschnitt der Autobahn ist nicht vor 2016 zu erwarten. Man wolle die beiden Häuser nach dem Auszug der Mieter Anfang 2015 abreißen, um dann anschließend mit den bauvorbereitenden Maßnahmen zu beginnen, sagt dazu eine Sprecherin von Senator Michael Müller. Für die Beermannstraße 16 und 18, die man ursprünglich zeitgleich abreißen wollte, gibt es dagegen eine Gnadenfrist. Erst beim 17. Bauabschnitt sollen diese Gebäude weg – und dessen Beginn steht noch in den Sternen. Die beiden Altbauten mit den Nummern 16 und 18 gehören der Wohnungsbaugenossenschaft Neukölln, die sich auch an der Gemeinschaftsklage vor dem Oberverwaltungsgericht beteiligt hatte. Der Ausgang ist bekannt: Der Weiterbau der Autobahn ist zulässig
Juristisch gibt es kaum Chancen, die Kündigungen abzuwehren. Dennoch rät der Berliner Mieterverein zum Widerspruch. Nur dann haben die Mieter einen gewissen Verhandlungsspielraum.
Birgit Leiß
MieterMagazin 7+8/14
Protestaktion in der Beermannstraße in Treptow: Die Mieter müssen jetzt aus ihren Wohnungen
Foto: Birgit Leiß
29.07.2014