Die sechs landeseigenen Vermieter sollen auf dem Berliner Wohnungsmarkt „konsequent mietpreisdämpfend“ wirken – so lautet das Ziel des Mietenbündnisses, das sie mit dem Senat geschlossen haben. Ein erster Jahresbericht über die Wirkung der Regelungen zeigt, dass noch einiges zu tun ist.
Im September 2012 schloss der Senat mit den Wohnungsbaugesellschaften Degewo, Gesobau, Gewobag, Howoge, WBM sowie „Stadt und Land“ das „Bündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten“. Anfangs rechnete man damit, dass die Maßnahmen des Mietenbündnisses den Wohnungsbaugesellschaften Einbußen und Kosten von 20 Millionen Euro im Jahr bescheren würde. Der im April von Stadtentwicklungssenator Michael Müller vorgelegte Bericht offenbart aber, dass das Bündnis im Jahr 2013 tatsächlich nur 7,5 Millionen Euro kostete. „Die Zahl zeigt: Eine so großartige Wohltat scheint das Mietenbündnis nicht zu sein“, kritisiert Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins (BMV). Mit dem ursprünglichen Kostenansatz hätte man viel ehrgeizigere Mieterschutzregelungen treffen können. Der Verzicht auf Mieteinnahmen schlug mit 6,4 Millionen Euro zu Buche. Von diesen Mindereinnahmen entfielen 4,3 Millionen Euro auf die Streckung der turnusmäßigen Mieterhöhungen: Nach dem Mietenbündnis darf die Miete innerhalb von vier Jahren um höchstens 15 Prozent erhöht werden – nicht wie sonst alle drei Jahre. Die Wohnungsbaugesellschaften verschickten bis Ende 2013 an 30 Prozent ihrer Mieter insgesamt 83199 Mieterhöhungen. Die durchschnittliche Nettokaltmiete der städtischen Gesellschaften hat sich in der Laufzeit des Mietenbündnisses um drei Prozent auf 5,37 Euro pro Quadratmeter erhöht. Das liegt noch unter dem Durchschnitt des Berliner Mietspiegels von 5,54 Euro.
Einbußen in Höhe von 1,7 Millionen Euro entstanden durch die Vergabe der Wohnungen an Inhaber von Wohnberechtigungsscheinen (WBS). Bei Neuvermietungen muss jede dritte Wohnung an Mieter mit WBS vergeben werden, innerhalb des S-Bahn-Rings sogar jede zweite Wohnung. Die Miethöhe soll sich dabei an der ortsüblichen Vergleichsmiete „orientieren“ – eine unklare Formulierung. Außerhalb des S-Bahnrings ging zwar mehr als ein Drittel der neu vermieteten Wohnungen an WBS-Mieter, in der Innenstadt wurde aber mit 44,5 Prozent die hier angestrebte 50-Prozent-Quote verfehlt. Im Schnitt verlangen die städtischen Wohnungsunternehmen bei Neuvermietungen 5,94 Euro pro Quadratmeter.
Die übrigen Vorschriften des Mietenbündnisses fielen kaum ins Gewicht. Die Kürzung der Modernisierungsumlage von elf auf neun Prozent führte zu Einnahmeausfällen von nur 288.000 Euro. Für die Mietenkappung bei Härtefällen, wenn die Nettokaltmiete 30 Prozent des Nettoeinkommens überschreitet, mussten die Wohnungsbaugesellschaften auf gerade einmal 140.000 Euro verzichten. 1264 Mieter beriefen sich auf diese Härtefallregelung, bewilligt wurden davon lediglich 638 Anträge. Der Jahresbericht schlussfolgert daraus, „dass Mieterhöhungen im Bestand mit größtem sozialen Augenmaß erfolgen.“ Die geringe Zahl der Fälle lässt sich aber eher damit erklären, dass die Hürden für einen Härtefall extrem hoch angesetzt sind: Eine Nettokaltmietenbelastung von 30 Prozent bedeutet unter Einbeziehung aller Nebenkosten, dass man etwa 42 bis 45 Prozent des Einkommens für die Wohnung ausgeben muss. Außerdem werden Härtefälle nur bis zu bestimmten Wohnungsgrößen anerkannt. Der Berliner Mieterverein fordert deshalb, die Grenze bei einer Bruttokaltmietenbelastung von 30 Prozent zu ziehen und die Wohnflächenbeschränkung zu lockern.
Kaum nennenswerte Erfolge brachte der Wohnungstausch. Im Mietenbündnis ist vereinbart, dass Mieter aus zu groß gewordenen Wohnungen zu günstigen Konditionen in kleinere umziehen können, um so Platz für Familien frei zu machen. Nur 122 Mieter machten davon Gebrauch.
Es gibt also an etlichen Stellen Nachbesserungsbedarf. Der finanzielle Spielraum dafür ist vorhanden.
Jens Sethmann
MieterMagazin 7+8/14
Jahresbericht 2012/2013 zum Mietenbündnis:
www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/
wohnungsbau/de/mietenbuendnis/
07.07.2019