In Berlin haben sich in den vergangenen Jahren über 70 Mieterinitiativen und Hausgemeinschaften gegründet, die sich gegen Mietsteigerungen, Aufwertung und Verdrängung zur Wehr setzen. Mit „Stadtvernetzt“ haben Stadtteilgruppen einen organisatorischen Rahmen für die Kommunikation und für gemeinsame Aktionen geschaffen.
Die Autoren dieses Sammelbandes, herausgegeben von dem Sozialwissenschaftler Andrej Holm, analysieren die Bewegungen in den Kiezen als Widerstand gegen eine verfehlte neoliberale Stadtentwicklungspolitik unter sehr unterschiedlichen Blickwinkeln – vom Befürworten neuer Hausbesetzungen bis zur fundierten Analyse des sehr begrenzten Erfolgs von Initiativen wie „Mediaspree versenken!“. Längst ist Berlin die „Hauptstadt der Armut und der Mietsteigerungen“. Auch der Kieztourismus, die „Touristification“, beeinträchtigt das Alltagsleben der Bewohner. Inzwischen kümmert sich sogar die Abteilung Staatsschutz des Landeskriminalamtes Berlin um Mieterproteste, auch wenn der Trend der staatlichen Sicherheitsstrategie in Richtung Befriedung von Protesten, Konfliktlagen und Kontrolldefiziten geht. Das „Reclaim“ im Buchtitel hat im Deutschen viele Bedeutungen: „zurückerobern“, „zurückfordern“, aber auch „etwas wieder kulturfähig machen“. Andrej Holm: „Die Stadt von morgen entsteht nicht auf Reißbrettern und in Lesesälen – die Stadt von morgen liegt auf der Straße.“ Das Buch gibt konkrete Antworten auf Fragen wie „Was kann ich mitgestalten?“, „Wo kann ich mitreden?“
rb
01.07.2015