Das Mietenbündnis, das 2012 zwischen dem Senat und den sechs städtischen Wohnungsbaugesellschaften geschlossen wurde, sieht eine Sozialklausel bei Mieterhöhungen vor. In strittigen Fällen sollen unparteiische Schlichter prüfen, ob ein Härtefall vorliegt. Doch die Schiedsstellen werden kaum in Anspruch genommen. Woran liegt es?
Mehr als 30 Prozent des Nettoeinkommens darf die Miete nach einer Mieterhöhung bei den städtischen Wohnungsunternehmen nicht betragen – jedenfalls sofern die Wohnungsgröße angemessen ist und das Einkommen innerhalb der Grenzen des Wohnberechtigungsscheins liegt. Das gilt auch für modernisierungsbedingte Mieterhöhungen. Für Mieter, die aus wirtschaftlichen oder anderen Gründen die Mieterhöhung nicht erbringen können, werde eine individuelle Lösung gesucht, heißt es im „Bündnis für soziale Wohnungspolitik und bezahlbare Mieten“. In den Jahren 2012 und 2013 haben sich aber gerade mal zwölf Mietparteien an die Schiedsstellen gewandt. 2014 gab es nach Angaben des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) insgesamt fünf Fälle. Dass die Schiedsstellen kaum angerufen werden, wertet der BBU als Beweis dafür, wie „maßvoll und sozial moderat“ die städtischen Wohnungsbaugesellschaften bei Mieterhöhungen vorgehen.
Der Berliner Mieterverein vermutet dagegen, dass die Schiedsstellen zu wenig bekannt sind. Zwar heißt es beim BBU, dass in jedem bezahlbare Mieten auf das Verfahren hingewiesen werde. Zudem informiere man die Mieter über Flyer, Mieterzeitschriften und die Internetportale. Aber überwiegend handelt es sich um allgemeine Informationen über die Regelungen des Mietenbündnisses. Ein konkreter Hinweis darauf, dass sich Mieter an eine externe Schiedsstelle wenden können, fehlt meist.
Beim Mieterverein hat man zudem die Erfahrung gemacht, dass die Richtlinien nicht gerade großzügig sind. So hatte man kürzlich den Fall einer Rentnerin, die nach einer Mieterhöhung mehr als 30 Prozent ihres Einkommens für die Miete hätte aufbringen müssen. Da ihre Wohnung aber knapp über 50 Quadratmeter misst, habe ein Einspruch keine Aussicht auf Erfolg gehabt. Lediglich in Ausnahmefällen, etwa wenn der Lebenspartner kurz zuvor verstorben ist, wird eine Wohnflächenüberschreitung toleriert. Generell gilt: Ein zivilrechtlicher Anspruch besteht nicht.
Birgit Leiß
01.07.2015