Der Wohnpalast am Ostseeplatz wurde im „Zuckerbäckerstil“ erbaut und gilt sozusagen als „Kleine Schwester der Stalinallee“. Bis vor kurzem war die Wohnanlage arg heruntergekommen. Jetzt feierte die Gewobag den Abschluss der denkmalgerechten Sanierung.
Der Block im nördlichen Prenzlauer Berg wurde 1953/54 im Rahmen des Nationalen Aufbauprogramms der DDR errichtet. Er gilt als Statement der DDR gegen den funktionalen Kleinwohnungsbau der Weimarer Republik. Die 116 Wohnungen sind mit durchschnittlich 64 Quadratmetern recht geräumig, es gibt einen großen Innenhof und großzügig gestaltete Treppenhäuser. Den Mietern stand sogar ein Wäscheraum mit Kaltmangel zur Verfügung. Doch bereits kurz nach der Fertigstellung trat ein ideologischer Paradigmenwechsel ein: „Wohnpaläste“ galten fortan als dekadent und angesichts der dramatischen Wohnungsnot wurde auf Masse statt Klasse gesetzt. Die kostengünstigere Plattenbauweise setzte sich durch, und der Wohnpalast geriet in Vergessenheit.
Von Henselmann ist nur der Name
Dass der sogenannte „Henselmann-Block“ gar nicht vom berühmten Erbauer der Stalinallee stammt, stellte sich erst bei den Recherchen im Vorfeld der Sanierung heraus. Das Wohnungsunternehmen Gewobag hatte den Stadtführer und Publizisten Michael Bienert damit beauftragt, die Geschichte des Bauwerks zu untersuchen. Dieser fand zwar ein Foto, das Hermann Henselmann bei einer Rede 1954 vor dem Wohnpalast zeigt, aber keinen Hinweis darauf, dass der Chefarchitekt der DDR direkt an der Planung beteiligt war.
Dennoch handele es sich um eine Wohnanlage „von ganz herausragender Qualität, deren Glanz sich erst auf den zweiten Blick erschließt“, so Engelbert Lütke Daldrup, Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Ausdrücklich lobte er die denkmalgerechte Sanierung, bei der der besondere Charakter der Wohnanlage herausgearbeitet worden sei. „Es ging uns nicht darum, den Hauskomplex einfach in frische Farbe zu tauchen, sondern uns war sehr daran gelegen, die architekturhistorischen Besonderheiten, etwa der Fassade, unter zum Teil außergewöhnlichen Anstrengungen wieder in den historischen Originalzustand zu versetzen“, so Gewobag-Vorstand Snezana Michaelis. Dabei wurden traditionelle Handwerkstechniken angewendet, um den Fassadenputz zu erneuern und Hauseingänge und Balkone zu sanieren. Statt wie bei einigen Nachbarhäusern die Fassade quietschgrün zu streichen, behielt man in enger Abstimmung mit der Denkmalbehörde das – eher unscheinbar wirkende – „schlammbraun“ bei.
Was für die Mieter viel wichtiger war: Nach Jahrzehnten mit vorsintflutlichen Badeöfen und verrotteten Böden haben sie nun endlich moderne, komfortable Wohnungen. Sowohl die Wohnungsbaugesellschaft Gewobag, seit dem Jahre 2000 Eigentümerin, als auch vorher die kommunale WIP hatten die Instandhaltung lange Zeit vernachlässigt. Für die Dauer der Bauarbeiten, die 2013 begannen, wurden die Mieter umgesetzt. Das habe alles ganz gut geklappt, berichtet eine Mieterin, die seit dem Erstbezug hier wohnt. Auch die Mieterhöhung sei zu verkraften.
Birgit Leiß
Die Modernisierung in Zahlen
Insgesamt 7,7 Millionen Euro investierte die Gewobag in die Rundumerneuerung der Wohnanlage am Ostseeplatz. Das sind rund 1000 Euro pro Quadratmeter. Sämtliche Bäder wurden modernisiert, Thermofenster eingebaut, neue Fußböden verlegt und die Wohnungen an die Fernwärme angeschlossen. Außerdem wurde der Innenhof neu gestaltet und die Fassade denkmalgerecht restauriert. Auf eine Dämmung wurde aus Gründen des Denkmalschutzes ebenso verzichtet wie auf den Einbau eines Aufzugs. Für die Bestandsmieter erhöht sich die Miete lediglich um 0,83 Cent pro Quadratmeter Wohnfläche. Zwar beträgt die Modernisierungsumlage 1,08 Euro, dafür sinken aber die Betriebskosten um 0,25 Cent. Die durchschnittliche Nettokaltmiete liegt nun zwischen 4 und 5 Euro. Von Neumietern werden 6,78 bis 7,33 Euro verlangt.
bl
21.12.2016