1963 verkündete der damalige Berliner Regierende Bürgermeister Willy Brandt ein Stadterneuerungsprogramm, das bessere Wohnbedingungen mit Licht, Luft und Sonne (nein – nicht mit Luxus, wie der Buchtitel suggeriert) für alle West-Berliner garantieren sollte.
Nach Beseitigung der Ruinen und dem Bau erster Ausweichquartiere begann in den 1960er Jahren der Abriss vieler maroder Mietskasernen aus der Gründerzeit. Ganze Straßenzüge wurden gesprengt. Heinrich Kuhn (1918–2001) erhielt den Auftrag, den Wandel der Stadt fotografisch festzuhalten. Seine Bilder sind eine detaillierte Spurensicherung, aber auch eine erschreckende Sammlung von Beweisen, wie unsensibel mit den Mietern und dem Stadtbild umgegangen wurde. Denn auf seinen Touren durch Neukölln, Kreuzberg, Schöneberg, Tiergarten und den Wedding fotografierte er nicht nur den Zustand der maroden Gebäude, sondern auch die Lebensumstände der Bewohner und das Schicksal der Häuser, die bis zu ihrer Sprengung für Zehntausende Heimat gewesen waren. Heinrich Kuhn begleitete auch den Bau der neuen Quartiere und dokumentierte schließlich das neue Leben in den modernen Großsiedlungen von Marienfelde Süd bis zum Märkischen Viertel. Auch seine Blicke in Wohnungen sind nicht fotografischer Voyeurismus, sondern ein spannendes Stück Zeit- und Kulturgeschichte.
rb
Lesen Sie auch:
01.07.2017