Seit nunmehr sieben Jahren kämpft eine Nachbarschaftsinitiative darum, ein leerstehendes Schulgebäude zu einem Bildungscampus inklusive Wohnungen umzubauen. Im letzten Jahr befand sich das Pilotprojekt bereits auf der Zielgeraden. Doch jetzt will der Bezirk das Haus abreißen.
Das Diesterweg-Gymnasium in der Swinemünder Straße 80, mitten im sozialen Brennpunkt Brunnenviertel gelegen, befindet sich seit 2011 im Dornröschenschlaf. „Wir wohnen ganz in der Nähe und fanden, dass man damit etwas machen sollte“, sagt Sabine Horlitz. Die Stadtforscherin und ihr Mann, ein Architekt, gründeten mit anderen die Initiative „ps wedding“ und arbeiteten ein Konzept aus. Im Erdgeschoss soll eine Art Quartierszentrum entstehen, mit Theateraufführungen in der ehemaligen Schulaula, Räumen für die Musikschule, eine Stadtteilbibliothek und vielem mehr. In den Obergeschossen sowie in einem Neubau auf dem Grundstück sollen, in Kooperation mit einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft, rund 150 kostengünstige Mietwohnungen gebaut werden. Nachdem der Bezirk grünes Licht gegeben hatte, holte sich die Initiative als Partner die Wohnungsbaugesellschaft Degewo sowie das „Mietshäuser Syndikat“ ins Boot.
Alles sah gut aus für das Pilotprojekt. Doch dann argumentierte der Bezirk plötzlich, man brauche den Standort für Schulplätze. Die Initiative besserte ihr Konzept daraufhin nach und schlägt nun einen in den Campus integrierten Schulneubau auf dem Grundstück vor. Damit sei der Bedarf nicht gedeckt, erklärt der Schulstadtrat von Mitte, Carsten Spallek (CDU). Zudem sei eine Sanierung des Gebäudes aus den 1970er Jahren nicht wirtschaftlich, das belege ein Gutachten. Ein Wasserschaden im Herbst 2018 habe den Zustand des ehemaligen Schulgebäudes noch weiter verschlimmert. Sein Plan: Abriss und Neubau.
„Der Vorteil unseres Konzept ist, dass es ab sofort schrittweise umgesetzt werden kann, während der vom Bezirk geplante Schulneubau voraussichtlich erst in zehn Jahren kommen wird“, sagt Sabine Horlitz. Anfang Mai hat man nun einen Runden Tisch vereinbart, mit Vertretern von Bezirk und Senat. „Ich finde es empörend, wie diese Initiative ausgebootet wurde“, sagt eine Anwohnerin, die direkt gegenüber der Schule wohnt. Es gebe im Kiez viel zu wenige kulturelle und soziale Angebote. „Ich hoffe, dass dieser Symbolbau erhalten bleibt und nicht abgerissen wird.“
Birgit Leiß
18.06.2019