Bepflanzte Baumscheiben gibt es in Berlin schon lange. Seit einiger Zeit erwecken die Mini-Gärten vor der Haustür neues Interesse, diesmal unter dem Aspekt des Klimaschutzes. Doch nicht alles ist von Amts wegen erlaubt.
Wie sie vor über 15 Jahren auf die Idee gekommen sind, den Bereich rund um die Birke vor ihrem Haus zu begrünen, können Horst Kübart und sein Nachbar Peer gar nicht mehr so genau sagen. Eine Anleitung haben sie jedenfalls nicht gebraucht. Einfach die Erde rund um den Baum auflockern, etwas neue Erde auffüllen und dann die Ableger und Samen einpflanzen. Die meisten davon stammten aus Horst Kübarts Schrebergarten. Ihre Baumscheibe sei „nichts Spektakuläres“, finden die beiden. Sie mögen es naturbelassen. Buchsbaum, Gundermann, Kräuter, ein paar Tulpen („Die werden leider oft geklaut“) und wundervoll blühende Christrosen – fertig ist das hübsche grüne Gärtchen in der Blumenthalstraße. „Ich freue mich jeden Tag darüber“, sagt Peer. „Das Allerwichtigste ist Gießen“, ergänzt Horst Kübart, „im Sommer jeden Tag.“ Gekostet hat das nichts. Die Umrandung hat Peer selbst gebaut, und aus einer alten Schublade hat Horst ein Insektenhotel gefertigt. Ärger mit dem Grünflächenamt hatten sie noch nie.
Manchmal räumt das Amt die Baumscheibe ab
Doch es gibt immer wieder Fälle, wo die liebevoll gehegten Baumscheiben vom Amt abgeräumt werden. „Wir empfehlen in der Beratung, die bezirklichen Auflagen zu beachten“, erklärt Lena Assmann von der Grünen Liga. Einheitliche Regeln existieren nicht. In Mitte und Pankow beispielsweise muss die Baumscheibenbegrünung beantragt werden. Im Falle einer Genehmigung wird ein Patenschaftsvertrag abgeschlossen. In Neukölln dagegen kann man ebenso wie in Friedrichshain-Kreuzberg einfach loslegen. Aber auch hier kommt es vor, dass geräumt wird, wie Guido Fellhölter vom Grünflächenamt Neukölln bestätigt. Zum einen ist alles verboten, was dem Baum schadet. „Ein großes Ärgernis ist, wenn zu viel Erde aufgeschüttet wird, das ist nicht gut für Stamm und Wurzeln, und der Baum kann sogar absterben“, so Fellhölter. Häufigster Konfliktpunkt: die Umrandung, die manche als Sitzgelegenheit herrichten. Sie ist in einigen Bezirken gar nicht erlaubt – hauptsächlich aus Haftungsgründen – in anderen darf der Zaun weder zu niedrig – Stolpergefahr – noch zu hoch sein. Außerdem darf nicht zu dicht am Stamm gepflanzt werden. Auch wenn einiges arg bürokratisch daherkommt – an erster Stelle sollte das Wohl des Baumes stehen, findet Lena Assmann: „Ist die Baumscheibenbegrünung gut gemacht, kommt sie dem Baum zugute, weil sie den Boden feucht hält und das Wasser durch die Beschattung nicht so schnell verdunstet.“
Doch nicht alle Großstadtgärtner halten so lange durch wie Horst Kübart. Aus Frust über Vandalismus, Hundekot und geklaute Pflanzen wurde schon so manche Baumscheibe nach einer Saison wieder aufgegeben. Verwahrloste Baumscheiben sind problematisch, erklärt Fellhölter: Häufig macht die BSR dann nicht mehr sauber, weil sie mit ihren Rechen nicht rankommt“.
Alle Bezirke betonen, dass sie das Engagement der Bürger begrüßen. Neben der optischen Verschönerung leisten die Baumscheiben einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und sie bringen mitunter Nachbarn zusammen, die sich vorher kaum gekannt haben.
Birgit Leiß
Das Wichtigste ist das Gießen
Um das Gießen der Straßenbäume zu erleichtern , verschickt die Grüne Liga derzeit kostenlos Gießpakete mit Gießsäcken und Gießkannen. Gießsäcke werden mit Wasser gefüllt und um den Baum gebunden. Die Aktion „Rettet unsere Bäume!“ wird von Spreequell unterstützt. Auf der Plattform „Gieß den Kiez“ kann man nachschauen, ob der Baum in seiner Straße überhaupt Wasser braucht und ob es vielleicht schon eine Gießgruppe oder Paten gibt. Außerdem sind die Standorte der rund 2000 öffentlichen Wasserpumpen verzeichnet.
bl
Die meisten Bezirke informieren auf ihrer Website auf einem Baumscheibenflyer über die geltenden Vorgaben.
Die wichtigsten Tipps und eine praktische Video-Anleitung hat die Grüne Liga hier zusammengestellt:
www.grueneliga-berlin.de/themen-projekte2/stadtbegruenung/das-summende-brummende-fensterbrett/tipps-tricks-und-fragen/baumscheibenbepflanzung/
28.06.2022