Mit der Note „zwei plus“ schnitt das Berliner Leitungswasser bei einem Städtevergleich 2003 am besten ab. Das Urstromtal unterhalb der Stadt und die vielen Gewässer halten eine große Wasserreserve bereit. Aber der Wasserverbrauch ist rückläufig – vor allem auf Grund der Schließung zahlreicher Produktionsbetriebe und auf Grund der Verwendung sparsamer Elektrogeräte wie Spül- und Waschmaschinen durch Privathaushalte.
Köstlich bei der Hitze – so ein frisches kühles Leitungswasser aus dem Wasserhahn! Wer schwitzt, soll bekanntlich viel trinken: 1,5 Liter pro Tag raten Gesundheitsexperten. Gerade bei großem Durst sind nicht gesüßte oder alkoholische Getränke angesagt, sondern ein frisch aus der Leitung gezapftes Glas bestes Wasser. Hohe Anteile an Magnesium und Calcium zeichnen seine Qualität ebenso aus wie die geringe Schadstoffmenge. Nach Angaben der Wasserbetriebe sind gefährliche Substanzen wie Nitrat, Sulfat oder Chlorid meist weit unterhalb der zulässigen Grenzwerte nachweisbar. Durch die deutsche Trinkwasserverordnung ist das Leitungswasser das am strengsten überwachte Lebensmittel. Es eignet sich unbedenklich zur Zubereitung von Babynahrung.
Monatliche Proben der Wasserwerke an 383 Entnahmestellen garantieren die gleichbleibende Qualität. Fluorid wird nicht beigefügt. Chlor wird nur kurzfristig nach Reparaturen am Rohrnetz zugegeben. Eine wirkliche Qualitätseinschränkung erfährt Wasser durch noch vorhandene Bleirohre. Die Wasserwerke tauschen forciert in ihrem Netz die restlichen Bleirohre zu den Hausanschlüssen aus. Innerhalb der Wohnhäuser sind die Eigentümer für das Ersetzen der giftigen Bleirohre zuständig. Das ist noch nicht überall passiert.
Hingegen ist der hohe Kalkanteil im Wasser unschädlich – wenn auch nicht schön. Die Wasserhärte liegt im Bereich drei und vier, so dass Kalkablagerungen an Waschbecken und in elektrischen Geräten entstehen. Dadurch wird beim Waschen mehr Waschpulver als bei geringeren Härtegraden benötigt und Elektrogeräte müssen regelmäßig entkalt werden.
Natürliche Erneuerung
Die Wasserbetriebe fördern das biologisch einwandfreie Grundwasser, belüften und enteisen es und schicken es in das Netz der Rohre. Niederschlags- und Oberflächenwasser aus Flüssen und Seen sickern in den Boden und erneuern dieses Naturvorkommen permanent. Berlins hydrogeologische Situation ist günstig: Die natürlichen Filtereigenschaften der Sand- und Kiesschichten sondern viele Schadstoffe aus dem Wasser aus, bevor es sich mit dem Grundwasser vereinigt. Aus rund 900 Brunnen wird das Wasser vor allem am Rand der vielen Berliner Ufer in die neun Wasserwerke gepumpt. Die beiden größten – Tegel und Friedrichshagen – fördern aus dem Havelufer und den Ufern des Müggelsees das Wasser. Um die Fördergebiete vor äußeren Verschmutzungen zu schützen, wurden sie zu Wasserschutzgebieten erklärt.
Die Abwässer der Stadt werden nach einem langen Reinigungsprozess indirekt oder direkt in Havel und Spree geleitet. So schließt sich der Kreislauf. Die Wasserwerke verfügen über ein üppiges Rohrnetz von 8700 Kilometern. Da der Wasserverbrauch rückläufig ist, treten erste technische Probleme auf. Durch eine zu geringe Durchflussmenge „keimt das Wasser auf“ (MieterMagazin 4/05: „Geringerer Wasserverbrauch schafft Probleme“).
Mehr Mineralien aus der Leitung
119 Liter Wasser verbraucht der Durchschnittsberliner pro Tag für Waschen, Kochen, Duschen, Gießen. Zum Trinken greift er vermehrt zu Mineralwasser. Das ist längst nicht immer qualitativ besser, vor allem, wenn das „Tafelwasser“ abgefülltes Leitungswasser ist. Auf jeden Fall ist es teurer. Die Stiftung Warentest untersuchte in diesem Frühjahr 20 stille Wasser mit süßem, salzigem und bitterem Geschmack. In fast allen Wässern schmeckten die Tester auch den Kunststoff der Verpackung heraus. Sie bemängelten den geringen Mineralstoffgehalt, der zum Teil unterhalb der Werte im Leitungswasser lag.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) bescheinigt dem Berliner Wasser eine „sehr gute Qualität“. Werner Lücking vom BUND sieht aber in eingenommenen Medikamenten eine Gefahr, denn „die scheiden wir auch wieder aus“. Deshalb „können Hormone im Trinkwasser enthalten sein, wenn auch in äußerst niedrigen Nachweisgrenzen“, so Lücking. Der BUND appellierte im Juli an den EU-Umweltministerrat, „wirksame Beschlüsse zum Schutz der europäischen Grundwasservorkommen zu beschließen.“ Dazu kann jeder Einzelne beitragen: So fordern die Wasserbetriebe seit Jahren in einer Werbekampagne: „Das Klo ist keine Müllkippe!“ Weder Essensreste noch Öle und Fette oder gar Farben und Zigaretten gehören in das Abwasser – der Reinigungsaufwand dafür ist unermesslich.
Ökologisch bedenklich: Wasserspender
Mit Kohlensäure lässt sich frisches Leitungswasser aufsprudeln. Viele Geräte sind dazu auf dem Markt für die, die es lieber prickelnd mögen. Wasserfilter haben in Berlin nur für Tee- und Kaffeegenießer einen Nutzen: In der Tasse schwimmt kein Kalkfilm mehr. Aber einiges gilt es zu beachten: Bei nicht rechtzeitigem Filterwechsel können sich die gesammelten Rückstände in den Wasserbehälter entleeren. Der Filter mit den Ionenaustauschern gehört auf den Sondermüll. In Büros und öffentlichen Einrichtungen sind Watercooler modern geworden – Wasserspender mit auswechselbaren Wasserbehältern. Dazu werden Millionen Liter Wasser quer durch Europa gefahren, um die Behälter auszutauschen – ein profitables Geschäft für die Anbieter, eine Belastung für die Umwelt. Kürzlich untersuchte das hessische Ministerium für Umwelt einige Wasserspender. Ergebnis: Von 113 Proben wurden 22 beanstandet. Keines der Wässer wies in der mikrobiologischen Untersuchung Trinkwasserqualität auf.
Clara Luckmann
MieterMagazin 8/05
Wasser gibt es in der Berliner Region im Überfluss: natürliche Sickerbecken bei Henningsdorf
alle Fotos: Paul Glaser
Trinkwasser ist das am besten kontrollierte Lebensmittel:Labor im Wasserwerk Ruhleben
Die Berliner Wasserbetriebe beraten
unterTel. 0800/2927587. Weitere Infos unter www.bwb.de.
Untersuchungen auf Schwermetalle nimmt die Stiftung Warentest für 26 Euro vor.
www.test.de/analysen,
Faxabruf 01805/88768302,
Tel. 26312900
Vorsicht: Blei
Sind die Hauswasserleitungen noch aus Blei (weiches Rohrmaterial, klingt dumpf), ist Vorsicht angebracht. Steht das Wasser, nimmt es Blei aus den Rohren auf. Gesundheitlich gefährdend ist eine regelmäßige Aufnahme von Blei besonders für Schwangere und Kleinkinder. Es beeinträchtigt die Blut- und Intelligenzbildung bei Ungeborenen, Säuglingen und Kleinkindern. Bei Erwachsenen lagert sich Blei in den Knochen ab. Die Wasserwerke und die Stiftung Warentest raten: Wasser morgens so lange ablaufen lassen, „bis es kühl aus der Leitung kommt“.
cl
02.08.2013