Erfolgreich hat im Juni in Mitte die „Bürgerinitiative Invalidenstraße“ (BII) die in ihren Augen verfrühte Beschlussfassung über einen Bebauungsplan des Bezirks verhindert, der den vierspurigen Straßenausbau der Ost-West-Achse zwischen Nord- und neuem Hauptbahnhof als nördlichen Innenstadtring ermöglicht hätte. Die Stadtentwicklungsverwaltung prüfte nun den Sommer über Alternativen zu Streckenführung und Trassenausbau.
In einer Zeitungsnotiz hätte er im März 2004 von der geplanten Straßenerweiterung Kenntnis genommen, so Christian Walburg, Mieter in der Invalidenstraße 101, der „revolutionären Keimzelle einer kleinen, aber rührigen Bürgerbewegung“, wie er schmunzelnd anmerkt. Unterschriftensammlungen, eine Demonstration mit anschließender Podiumsdiskussion („Wider den Innenstadtring“) folgten, ebenso Klagen der Grundstücks- und Immobilienbesitzer und die Vorlage von sehr konkreten Alternativplänen aus den Reihen der Bürgerinitiative. „Wir wollen die Autos ja nicht verbannen, aber wir meinen, dass die Verkehrspolitik hier auch ein Signal setzen kann für eine gleichberechtigte Verkehrsteilnahme“, so Walburg.
Der ursprüngliche Bebauungsplan zum Anschluss des neuen Berliner Hauptbahnhofs an das Straßenbahnnetz sah unter anderem eine vierspurige Befahrung der Invalidenstraße zwischen Hessischer und Bernauer Straße vor, mit einer Doppelbelegung der beiden Innenspuren durch Tram
und Autos. Parkspuren hätten aufgehoben und Gehsteige auf die Fläche unter den Arkaden der nördlich der Invalidenstraße gelegenen Geschäftsbauten reduziert werden sollen – in einer gemeinsamen Nutzung durch Radfahrer und Fußgänger.
Eine unzeitgemäße Planung, wie die BII meint, und worin sie auch politische Rückendeckung seitens der Grünen und ihrer verkehrspolitischen Sprecherin, Claudia Hämmerling, erhielt. Dr. Friedemann Kunst, der Leiter der Planungsabteilung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, sieht sich in der Zwickmühle: „Wir sind im Grunde die Ersten, die hier eine Stärkung des Rad- und des öffentlichen Personennahverkehrs befürworten, aber wir müssen auch Wege finden, den zu erwartenden erhöhten Durchgangsverkehr vom Hauptbahnhof aus den Innenstadtbereichen herauszuhalten.
Politisch brisant: Der „Bebauungsplan Nordbahnhof“ wurde dem Bezirk Mitte von der Senatsverwaltung für Kultur wegen eines vorrangigen Interesses am Mauergedenkstättenkonzept im August aus der Hand genommen. Über das Nordbahnhofgelände führen nämlich immer noch Teile der so genannten Hinterlandmauer. Es steht zu befürchten, dass nun durch die Hintertür der Innenstadtring Nord mitgenehmigt wird.
Elke Koepping
MieterMagazin 9/05
Ruhe vor dem Sturm: Senatsplan sieht vierspurige Trasse am Nordbahnhof vor
Foto: Elke Koepping
Aktuelle Informationen
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www.invalidenstrasse.org
02.08.2013