Die Mieten ziehen wieder kräftiger an. Im Vergleich zum Mietspiegel 2003 weist der neue Berliner Mietspiegel 2005 in der weit überwiegenden Zahl der Mietspiegelfelder zum Teil deutliche Steigerungen aus. Der Berliner Mieterverein (BMV) wirft Senatorin Junge-Reyer vor, einseitig Vermieterinteressen zu stützen, weil erneut eine Spannenausweitung bei den Mietwerten vorgenommen und damit Mieterhöhungsspielraum geschaffen wurde. Der Verband fordert einen Stopp der Mieterhöhungsspirale und trägt, wie die anderen Mieterverbände, den Mietspiegel 2005 nicht mit. Gleichzeitig werden die Mieter aufgefordert, Ihre Miethöhen zu prüfen, um bei zukünftigen Erhöhungen gewappnet zu sein oder um die Marktsituation für eine Verhandlung mit dem Vermieter zu nutzen.
Von 183 hinreichend besetzten Mietspiegelfeldern weisen 113 gegenüber dem Mietspiegel 2003 eine Steigerung aus, 70 hingegen eine Senkung des Mittelwertes. Bei den Oberwerten ist die Differenz nicht ganz so extrem, doch überwiegen auch hier deutlich die Felder mit Erhöhungen. Erheblich gestiegene Mittelwerte sind vor allem im Altbau (bis 1949 errichtet) zu verzeichnen. Dabei trifft es den Westeil mit im Schnitt 0,30 bis 0,50 Euro pro Quadratmeter und Monat dieses Mal etwas stärker als den Osten. Anders bei den Neubauten. In den Baujahrgängen 1991 bis 2003 im Osten sowie den Jahrgängen 1965 bis 2003 im Westen sinken die Mittelwerte, bei den restlichen Neubauten, vor allem im Ostteil, wurden wiederum kräftige Anstiege ermittelt. Der neue Mietspiegel weist im Übrigen nur noch eine Tabelle aus, da für Ost und West eine weitgehende Angleichung erreicht ist – mit Ausnahme der Plattenbauten im Osten. In absoluten Zahlen ausgedrückt ist die Steigerung mit 1,43 Euro pro Quadratmeter bei einer 40 bis 60 Quadratmeter großen Wohnung aus den Baujahren 1973 bis 1983 in mittlerer Westlage am größten. Allerdings ist dies eher ein Ausreißerfeld. Prozentual ist der Anstieg mit 30 Prozent im Ost-Berliner Neubau der Jahrgänge 1965 bis 1972 unter 40 Quadratmeter und in guter Lage am höchsten.
Als Ursache für diesen weitgehenden Mietenanstieg vermutet der Berliner Mieterverein neben der Ausschöpfung von Mieterhöhungsmöglichkeiten im Bestand eine Nachfragesteigerung in begehrten Stadtvierteln und Modernisierungstätigkeiten.
Vollkommen inakzeptabel sei nach Auffassung des BMV, dass die Senatorin für Stadtentwicklung, Ingeborg Junge-Reyer, an der Spannenausweitung bei den Mietwerten festhält – und zwar entgegen der Empfehlung der Bundesregierung. Weder aus inhaltlichen noch aus politischen Erwägungen heraus gäbe es dafür Anlass. Schließlich ist die Streuung um die Mittelwerte generell geringer geworden und somit eine engere Spanne angemessen. Die praktizierte Regelung hat zur Konsequenz, dass in fast 45 Prozent aller ordentlich besetzten Felder der Mietspiegeltabelle 2005 die relevanten Oberwerte steigen.
Der Spielraum für Mieterhöhungen wird dabei vor allem für Altbauten (bis Jahrgang 1918) um im Schnitt 0,15 bis 0,25 Euro pro Quadratmeter und Monat erhöht. Wegen dieser unnötigen Vorteile für die Vermieter versagen alle Mieterverbände dem Mietspiegel die Anerkennung. Kritik gibt es zudem an der Orientierungshilfe. Senat und Vermieter sind nicht bereit, den Mietern bei der Bewertung des energetischen Zustands ein nachprüfbares Kriterium an die Hand zu geben.
Erfahrungsgemäß löst das Erscheinen eines neuen Mietspiegels eine Mieterhöhungswelle aus. Um gewappnet zu sein, sollten Mieter ihre Ansprüche sehr genau prüfen. Hilfestellung gibt es durch die Rechtsberatung in den Beratungsstellen des BMV. Dort liegen auch Info-Blätter aus, die für den ersten Check der Mieterhöhung wertvolle Tipps geben.
Außerdem bietet der BMV demnächst wieder eine allgemeine Prüfung der Miethöhe an (das MieterMagazin wird in seiner nächsten Ausgabe berichten).
Der Mietspiegel 2005 wird am 10. September 2005 den Tageszeitungen „Berliner Morgenpost“, „Berliner Zeitung“ und „Der Tagesspiegel“ beigelegt.
Reiner Wild
MieterMagazin 9/05
Qualifizierter Mietspiegel
Der Berliner Mietspiegel 2005 ist ein qualifizierter Mietspiegel im Sinne des Gesetzes. Vermieter müssen deshalb auch bei Mieterhöhungen, die nicht mit dem Mietspiegel begründet werden, das entsprechende Mietspiegelfeld der betroffenen Wohnung benennen.
20.05.2017