Steht eine Wahl an, dann steht für den Berliner Mieterverein (BMV) und das MieterMagazin auch die Frage an, welche Positionen die Parteien in Sachen Wohnungspolitik und Mieterschutz vertreten. Fünf Fragen haben wir den fünf im Bundestag vertretenen Parteien vorgelegt, und deren Antworten zeigen nun durchaus auf, wohin die politische Reise gehen soll. Zur Wahl zu gehen ist so etwas wie demokratische Bürgerpflicht – BMV und MieterMagazin bitten Sie daher, von Ihrer Wahlmöglichkeit Gebrauch zu machen. Und wenn Sie Ihr Kreuz machen, dann denken Sie als Mieter bitte auch an die nachfolgend dargelegten politischen Positionen und Absichten der Parteien. Die in den Randspalten abgebildeten Politiker sind die jeweiligen Berliner Spitzenkandidaten der Parteien.
1.
Im September 2001 trat das neue Mietrecht in Kraft. Nicht alle Probleme wurden durch diese Reform gelöst. So unterblieben zum Beispiel Regelungen zu Schönheitsreparaturen ebenso wie zu Contracting (Ausgliederung von vermieterseitigen Leistungen an Dritte). Welchen Handlungsbedarf sehen Sie beim Mietrecht für die nächste Legislaturperiode?
SPD: Mit der großen Mietrechtsreform von 2001 wurde für rechtlichen Schutz und soziale Sicherheit der Mieter gesorgt. Die Interessen von Mietern und Vermietern wurden fair und ausgewogen im Gesetz verankert. Im März 2005 haben wir eine noch offene Gesetzeslücke geschlossen. Auch für Altmietverträge, in denen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen die alten Kündigungsfristen vereinbart waren, gilt künftig für Mieter die verkürzte dreimonatige Kündigungsfrist. In Berlin erhalten Mieter und Vermieter mit dem Mietspiegel einen fundierten, aktuellen Orientierungsrahmen über die Höhe der ortsüblichen Mietpreise für vergleichbaren nicht preisgebundenen Wohnraum. Aus Sicht der SPD Berlin besteht derzeit kein weiterer Änderungsbedarf beim Mietrecht.
CDU: Die rot-grüne Mietrechtsreform ist den Realitäten des Wohnungsmarktes nicht gerecht geworden und hat die Weichen falsch gestellt. Die Bundesregierung hat die Chance verspielt, mit einem übersichtlich geordneten Mietrecht auch die Rahmenbedingungen für Investitionen in den daniederliegenden Mietwohnungsbau zu verbessern. Daher ist seit Jahren mit der Bautätigkeit auch das Angebot an Wohnraum gesunken. Wenn Vermieten uninteressant wird, unterbleiben Investitionen und die Mieten steigen. Der beste Mieterschutz liegt dann vor, wenn es genügend Wohnungen gibt. Der ganze Komplex muss noch einmal zusammen mit den betroffenen Verbänden und Interessenvertretern auf den Prüfstand gestellt werden. Das Mietrecht muss fair zwischen Mietern und Vermietern austariert werden. Mit der Union wird die soziale Schutzfunktion des Mietrechtes nicht beeinträchtigt.
Grüne: Nach der umfassenden Mietrechtsnovelle 2001 und der in diesem Jahr erfolgten Klarstellung im Mietrecht, dass die verkürzten Kündigungsfristen auch für Altmietverträge Gültigkeit haben, sehen wir kurzfristig keinen Anlass für eine weitere umfassende Mietrechtsreform. Wir setzen uns aber weiterhin dafür ein, dass eine gesetzliche Regelung bei Schönheitsreparaturen gefunden wird, die unnötigen Streit zwischen Mietern und Vermietern verhindert. Entsprechende Vorschläge der GRÜNEN sind leider bei der Mietrechtsreform 2001 nicht berücksichtigt worden. Darüber hinaus werden wir prüfen, wie die wärmetechnische Beschaffenheit als eigenständiges gebäudebezogenes Wohnwertmerkmal in den Mietspiegel aufgenommen werden kann.
FDP: Die FDP ist für eine Liberalisierung des Mietrechts. Der Abbau investitionsfeindlicher Regelungen liegt auch im Interesse der Mieter. Das Mietrechtsreformgesetz hat die Rechtsstellung der Vermieter in verschiedenen Punkten in sachlich nicht gebotenem Umfang verschlechtert. Die FDP fordert unter anderem, die asymmetrischen Kündigungsfristen durch eine für beide Mietparteien einheitliche Kündigungsfrist von drei Monaten zu ersetzen. In jedem Fall muss der Mietspiegel ein realistisches Abbild des Wohnungsmarktes liefern. Die FDP wird die Frage, welche Anforderungen an die Erstellung und Anerkennung eines qualifizierten Mietspiegels zu stellen sind, rechtzeitig und unter Beteiligung von Sachverständigen und Verbänden klären.
Linkspartei.PDS: Insbesondere bei der Privatisierung von Mietwohnungen, bei der Duldung und Umlage von Modernisierungen und bei der Transparenz und Begrenzung der umlagefähigen Betriebskosten müssen die Mieterrechte deutlich gestärkt werden. Die Linkspartei.PDS unterstützt die Forderung, das Vergleichsmietensystem auf eine bindende Anwendung qualifizierter Mietspiegel zu basieren. Einheitliche Standards in einer Mietspiegelverordnung des Bundes wären hier hilfreich. Die heutige Mietspiegelsystematik muss allerdings in Sachen Mieterschutz deutlich qualifiziert werden. So sollte zum Beispiel der Wohnwertbezug gestärkt werden und eine Modernisierungsumlage insoweit unberücksichtigt bleiben.
2.
Die Mieten entwickeln sich der regionalen Wohnungsmarktsituation entsprechend sehr unterschiedlich. In Quartieren mit hoher Nachfrage oder bei umfangreichen Modernisierungen kommt es immer wieder zu Mietpreisüberhöhungen oder gar Verdrängungen. Das bestehende Mietrecht in Zusammenhang mit der BGH-Rechtsprechung greift hier nicht, weil Abwehrmöglichkeiten zum Teil an Voraussetzungen geknüpft sind, die durch die sehr unterschiedliche Marktsituation selbst innerhalb einer Kommune nicht mehr erfüllbar sind. Wie kann diesem Problem begegnet werden?
SPD: Städtische Wohnungsbaugesellschaften können neben der Sicherung ausreichenden Wohnraums auch die Entwicklung des allgemeinen Mietpreisniveaus im sonstigen Wohnungsbestand dämpfen. Daher soll städtisches Wohnungseigentum auch weiterhin eine beeinflussende Funktion auf dem Gesamtmarkt haben. Die Entwicklung des Wohnungsmarkts und insbesondere die der Mietpreissituation in Berlin behalten wir fest im Blick. Wohnen muss für alle und überall bezahlbar bleiben. Die Forderungen des Berliner Mieterverein werden wir dabei sorgfältig prüfen.
CDU: Zu dieser Frage keine Stellungnahme der CDU.
Die Redaktion
Grüne: Tatsächlich stoßen Vorschläge von Betroffenenvertretungen und Mietervereinen, die auf eine Ausweitung des Zweckentfremdungsverbotes abzielen, auf verfassungsrechtliche Bedenken und Widerstand des Bundesgerichtshofes. Wir meinen aber, dass unter den Bedingungen der zunehmend angespannten Wohnraumversorgung in einzelnen Ballungszentren weiterer Handlungsbedarf besteht. Im Rahmen der föderalen Neuordnung haben wir uns für die Übertragung des Zweckentfremdungsverbots auf die Länder eingesetzt. Dies sollte für Großstädte mit der Möglichkeit zur Differenzierung nach Stadtteilen verknüpft werden.
FDP: Obwohl der Wohnungsmarkt insgesamt ausgeglichen ist, bestehen große regionale Unterschiede. Dem einerseits hohen Wohnungsleerstand in strukturschwachen Regionen steht ein latenter Wohnungsmangel in Ballungsgebieten gegenüber. Die FDP wird sich neben der Förderung von Wohneigentum nach wie vor für die Schaffung von Wohnraum für sozial Schwache einsetzen. Sie vertritt jedoch die Auffassung, dass die staatliche Wohnungsbauförderung durch den Bund (Objektförderung) den heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht wird. Die FDP wird sich deshalb für eine effektive und zielgenaue Förderung bedürftiger Haushalte (Subjektförderung) einsetzen.
Linkspartei.PDS: Angesichts der sich weiter ausdifferenzierenden regionalen und kommunalen Wohnungsmärkte sind die Schutz- und Steuerungsmöglichkeiten gegen Mietpreisauftrieb und Verdrängung mittels des gleichförmigen Mietrechts begrenzt. Sie verlieren auch im Lichte der Rechtsprechung der letzten Zeit zusehends an Wirksamkeit. Deshalb müssen bundesgesetzlich neben den genannten Mietrechten vor allem die städtebaulichen Interventionsinstrumente zur Wahrung des Gemeininteresses gestärkt und nicht weiter demontiert werden. Die stadträumliche soziale Spaltung der Gemeinden ist nicht nur ein individuelles Problem des von Verdrängung aus seinem angestammten sozialen und kulturellen Umfeld betroffenen Mieters. Es ist ein gesellschaftliches Problem mit erheblichen, letztlich unbezahlbaren sozialen Folgekosten für das ganze Gemeinwesen.
3
Wie stehen Sie zur Eigenheimzulage? Werden Sie für eine Streichung dieses teuren Förderinstruments eintreten, das in den Städten und deren Umland erheblichen „Flurschaden“ anrichtet?
SPD: Die Berliner SPD war und ist für die Abschaffung der Eigenheimzulage. Nach wie vor wird der bloße Erwerb einer Immobilie gefördert, nach wie vor gibt es Mitnahmeeffekte. Mit derzeit rund sechs Milliarden Euro jährlich ist sie eine der größten Subventionen. Mit einem Teil der durch die Abschaffung eingesparten Mittel wollen wir die Investitionen in Bildung und Forschung verstärken.
CDU: Die Eigenheimzulage ist kein unvertretbares Instrument. Die Eigenheimzulage hat dazu beigetragen, dass sich viele junge Familien mit geringem Einkommen ihren Traum vom eigenen Haus oder einer Eigentumswohnung verwirklichen und gleichzeitig private Altersvorsorge betreiben konnten. Die massiv geänderten Rahmenbedingungen in Deutschland erfordern jedoch nun grundlegende Umstellungen.
Ab dem 1. Januar 2007 wird für dann neugeborene Kinder ein Kinderbonus von monatlich 50 Euro als Beitragsermäßigung in der Rentenversicherung eingeführt. Diese Leistung gibt es für Kinder bis zum zwölften Lebensjahr. Der Kinderbonus wird finanziert durch die Abschaffung der Eigenheimzulage. Damit honorieren wir den Zukunftsbeitrag von Familien zum Generationenvertrag in unserer Gesellschaft.
Darüber hinaus werden wir die komplizierten Regelungen der gegenwärtigen Förderung der privaten Altersvorsorge grundlegend vereinfachen und auch den selbst genutzten Wohnraum in die private Altersvorsorge einbeziehen. Damit werden wir der Bedeutung des Wohneigentums als private Altersvorsorge gerecht und setzen so unsere Bemühungen um eine Erhöhung der Quote selbst genutzten Wohneigentums in Deutschland fort. Dafür werden wir die Mittel der bisherigen Eigenheimförderung einsetzen.
Grüne: Wir unterstützen die Forderung des Mietervereins, die Eigenheimzulage abzuschaffen. Ein entsprechender Gesetzentwurf wurde am 22. Oktober 2004 von der rot-grünen Mehrheit im Deutschen Bundestag beschlossen und wird seitdem vom Bundesrat blockiert. Die Forderung des Deutschen Mieterbundes, ein Drittel der Einsparungen in den Wohnungs- und Städtebau zu investieren, basiert auf einer Initiative der rot-grünen Baupolitiker. Eine entsprechende Regelung gilt bereits für die Kürzung der Eigenheimzulage um 30 Prozent, die zum 1. Januar 2004 in Kraft getreten ist.
FDP: Das Steuerkonzept der FDP umfasst ein Entlastungsvolumen für Einkommens- und Unternehmenssteuern bis zu 19 Milliarden Euro. Dem steht gegenüber ein Volumen staatlicher Subventionen von rund 59 Milliarden Euro, das radikal gekürzt werden muss. Vor diesem Hintergrund wird die FDP auch die Eigenheimzulage als staatliche Subvention abschaffen. Es ist ein Missverständnis, dass durch den Abbau von Subventionen Mittel „frei werden“, also für andere Zwecke ausgegeben werden können. Im Haushalt klafft ein strukturelles Defizit von circa 60 Milliarden Euro.
Linkspartei.PDS: Die Linkspartei.PDS tritt für die Abschaffung der gegenwärtigen Eigenheimzulage ein. Die Fördermittel im Wohnungsbau sollten zielgerichtet den Wohnungsbedarf sozial schwächerer Bevölkerungsschichten decken helfen. Die Zersiedlung durch den Eigenheimbau im Umland der Städte richtet vor Ort erheblichen „Flurschaden“ an und zieht zudem noch ökologisch negative Folgewirkungen wie den Pendlerverkehr nach sich. Das schließt nicht aus, dass unter bestimmten Bedingungen und in bestimmten Gemeinden der Eigenheimbau sozial schwacher Familien mit Kindern gefördert werden kann. Wir wollen eine sozialorientierte und differenzierte Förderung sozial Schwacher bei der Bildung und beim Eintritt in Mietergenossenschaften.
Die Forderung, einen Teil der durch die Streichung der Eigenheimzulage eingesparten Mittel für die Förderung der sozialen Stadtentwicklung zu nutzen, unterstützen wir uneingeschränkt. Die Schaffung und Stabilisierung kinder- und familienfreundlicher Wohnviertel und bezahlbarer und angemessener Wohnungen für Ältere sollten hier Schwerpunkte sein.
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In den neuen Ländern liegt die Leerstandquote trotz der finanziellen Förderung von Abriss und Rückbau von Wohnraum noch bei rund 15 Prozent. Auch in strukturschwachen Kommunen des Westens beeinträchtigt zunehmend Wohnungsleerstand die Stabilität von Wohnvierteln. Wie bewerten Sie Zielsetzung, Konditionen und Umsetzung der Förderprogramme Stadtumbau Ost und West? Werden Sie die Haushaltssperre für die Mittelzuweisung aufheben und die Förderprogramme verstetigen? Welche Empfehlungen geben Sie für den Umgang mit schrumpfenden Städten generell?
SPD: Dauerhafter Leerstand von Wohnraum belastet die Nachbarschaft und gefährdet die wirtschaftliche Lage der Wohnungswirtschaft. Deshalb unterstützen wir die Rückbaumaßnahmen im Rahmen integrierter Konzepte des Stadtumbaus Ost. Die Förderprogramme zum Stadtumbau „Soziale Stadt“ und „Stadtumbau Ost/West“ und die Städtebauförderung haben sich beim Strukturwandel bewährt und müssen weitergeführt werden. In den Stadterneuerungsgebieten Berlins wird sich das Land auf die Sicherstellung einer modernen und leistungsfähigen Infrastruktur konzentrieren. Es gilt der Grundsatz: „Öffentliches Geld für öffentliches Eigentum – privates Geld für privates Eigentum“. Für die Mieterinnen und Mieter müssen dabei verbindliche Regelungen zur Aufrechterhaltung der sozialen Sicherheit entwickelt werden. Durch Schwerpunktförderungen ist der „Schrumpfung“ der Städte zu begegnen.
CDU: In Berlin stehen zurzeit mehr als 100000 Wohnungen leer. Von erheblichem Leerstand sind dabei die im Ostteil der Stadt gelegenen Plattenbausiedlungen betroffen. Trotz enormer Anstrengungen der letzten Jahre besteht immer noch ein hoher Nachholbedarf bei der Modernisierung der Bestände und der öffentlichen Infrastruktur. Mit den Mitteln aus dem Programm „Stadtumbau Ost“ sollen vorwiegend punktuelle Verbesserungen durch Abriss einzelner Gebäude – wie zum Beispiel ungenutzter, auch in Zukunft nicht benötigter Kitas und Schulen – erreicht werden. Darüber hinaus können Rückbaumaßnahmen an einzelnen leer stehenden Wohngebäuden vorgenommen werden, wenn dies nachfolgend eine städtebauliche Aufwertung des Standortes zur Folge haben sollte. Um ein Höchstmaß an Effektivität dieses Programms zu erreichen, muss darauf geachtet werden, dass die knappen zur Verfügung stehenden Mittel direkt in diese Stadtreparatur fließen. In Zeiten einer angespannten Haushaltslage dürfen Beträge in dieser Größenordnung nicht mehr für überflüssige Wettbewerbsverfahren ausgegeben werden. Das Ziel dabei muss aber immer sein, das Wohnumfeld und damit die Attraktivität der Städte zu verbessern und nicht die Wohnraumvernichtung großen Stiles. Was Berlin betrifft, so kann davon ausgegangen werden, dass schon mittelfristig wieder die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum signifikant zunehmen wird. Grundsätzlich gilt, dass der Wohnungsabriss nur im Einzellfall unter sorgfältiger Abwägung erfolgen darf.
Grüne: Die Bilanz der Programme Stadtumbau Ost und Stadtumbau West, mit dem Rot/Grün auf den Strukturwandel in Ost- und Westdeutschland reagiert haben, ist durchweg positiv. Wir haben in der Vergangenheit immer konsequent für eine zügige Mittelfreigabe gestimmt und setzen uns für eine Verstetigung beider Programme ein. Zukünftig sollen die Bundeszuschüsse aber noch stärker als bisher auf Aufwertung und Wohnumfeldqualitäten gelenkt werden. Die Rechtssicherheit der Mieter halten wir grundsätzlich für gewährleistet. Forderungen von Seiten der Wohnungswirtschaft und CDU-geführter Länder in Ostdeutschland nach Einführung einer gesamtdeutschen Abrisskündigung zu Lasten der Mieter lehnen wir entschieden ab.
FDP: Die FDP begrüßt alle Maßnahmen, die der Verödung der Innenstädte entgegenwirken. Die Programme „Stadtumbau Ost und West“ und „Soziale Stadt“ sollen fortgeführt werden. Die dafür bereitstehenden Fördermittel sollen jedoch zielgerichtet entsprechend der regionalen Bedingungen eingesetzt werden. Das heißt, dass sich die FDP sowohl für die Schaffung von Wohneigentum – auch in den Innenstädten – als auch für die Sanierung des Altbaubestandes einsetzen wird. Einer ausschließlichen Hinwendung zur Förderung des Altbestandes wird sie jedoch nicht zustimmen, wenn dadurch der Neubau verhindert würde.
Linkspartei.PDS: Die Programme „Stadtumbau Ost“ und „Stadtumbau West“ sollen finanziell und zeitlich nachhaltige stadt- und sozialverträgliche Rück- und Umbaukonzepte realisierbar machen. Ein entspannter Wohnungsmarkt mancherorts sollte nicht nur als betriebswirtschaftliche Belastung, sondern auch als Chance und Spielraum für neue Wohnungskonzepte und nachhaltige Bestandsmodernisierung gesehen werden. Stadtumbau ist nicht auf Rückbau und Abriss zu reduzieren. Er ist nicht als bauliche Stadtreparatur, sondern als komplexer sozialer Umbruchprozess zu begreifen und zu steuern. Kommunale und regionale Erfordernisse sollten die Schwerpunkte bestimmen.
Die Stärkung der Mieterposition wie der Mitgestaltungsmöglichkeiten der Bürger überhaupt im Stadtumbauprozess ist erforderlich. Sozialplanverfahren für unmittelbar betroffene Mieter sollten zum allgemeinen Standard werden. Darüber hinaus hängt der Erfolg der Umbauprozesse wesentlich von der Mitwirkung der Bürger und der Revitalisierung solidarischer städtischer Nachbarschaften ab.
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Vor allem ausländisches Kapital hat zunehmend Interesse am deutschen Immobilienmarkt und am Kauf von Wohnungsunternehmen und Wohnungsbeständen. Kommunale Wohnungsunternehmen wurden und werden im großen Stil zum Kauf angeboten. Halten Sie es für angemessen, dass große Teile der Wohnungsbestände in Deutschland damit zu Spekulationsobjekten mit exorbitanten Renditeerwartungen werden?
SPD: Es gilt, eine zukunftsfähige Wohnungsmarktentwicklung zu sichern. Hier sind die Kommunen und die Wohnungswirtschaft besonders gefordert. Verkäufe von Wohnungsbeständen in größerem Umfang haben nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine sozialpolitische Komponente. Bei dem Verkauf von größeren Beständen an Wohnraum haben wir uns immer dafür eingesetzt, für die Mieter sozial verträgliche Lösungen zu finden. Dazu zählen zum Beispiel Vereinbarungen für einen längeren Kündigungsschutz, Begrenzungen für Mieterhöhungen – speziell für ältere Mieter – oder Vorkaufsrechte für Mieter. Anregungen von Mieterverbänden, Leitlinien für soziale Kriterien beim Verkauf von Wohnungsunternehmen und Wohnungsbeständen zu verabschieden und damit zu einer Selbstverpflichtung aufzufordern, werden wir aufgreifen.
CDU: Die Finanznot treibt immer mehr Kommunen zum Verkauf großer Wohnungsbestände. Für die Erfüllung der kommunalen Aufgaben im Wohnungsbereich bleibt jedoch mancherorts ein Mindestbestand an kommunalen Wohnungen unerlässlich. Die Kommunen sollen dabei unterstützt werden, im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung das Mindestmaß für einen Wohnungsbestand im öffentlichen Eigentum zu ermitteln.
Der Wohnungsmarkt in Deutschland ist insgesamt relativ ausgeglichen. Insofern besteht durch den Verkauf von kommunalen Wohnungen keine Gefahr für die Wohnungsversorgung. Es ist Aufgabe und Herausforderung der kommunalen Entscheidungsträger, die Verträge so abzuschließen, dass dies auch für die Zukunft gesichert bleibt.
Grüne: Wir bewerten den massenhaften Verkauf von kommunalen Wohnungsbeständen an so genannte Private Equity Fonds kritisch. Grundsätzlich besteht so die Gefahr, dass preiswerter Wohnraum auf Dauer verloren geht und die Kommunen ihren Handlungsspielraum bei der kommunalen Wohnraumversorgung einbüßen. Anstelle eines Verbotes – das zudem nicht realisierbar wäre – sprechen wir uns aber dafür aus, dass die öffentlichen Hände Mietern und Mietergenossenschaften ein Vorkaufsrecht einräumen. Darüber hinaus plädieren wir bei Verkäufen für langfristige Schutzklauseln für Mieter.
FDP: Wettbewerb und Privateigentum sind die Kernelemente der sozialen Marktwirtschaft. Nur dort, wo freier und fairer Wettbewerb herrscht, sprudeln Ideen für neue Produkte, Verfahren und Dienste. Das gilt auch für den Bereich der Wohnungswirtschaft. Die FDP setzt bei Entscheidungen über Privatisierungen auf die Eigenverantwortung der Kommunen.
Linkspartei.PDS: Es ist nachrangig, wo die Finanzinvestoren, die seit einiger Zeit die Wohnungsbestände in Deutschland als Anlageobjekte schätzen, beheimatet sind – Kapital kennt kein „Ausland“. Entscheidend ist, welche wirtschaftlichen Ziele sie verfolgen und welche wirtschaftlichen Interessen und Zwänge ihre Geschäftsmodelle erzeugen.
Da Wohnungen ein Wirtschaftsgut der besonderen Art mit einer wichtigen sozialen Funktion sind, sollte die Möglichkeit der Spekulation – ob an der Börse oder anderen spekulativen Handelsplätzen – grundsätzlich so weit wie möglich eingeschränkt werden. Der kurzatmige Renditedruck, der vielen dieser spekulativen Geschäftsmodelle entspringt, zehrt Substanz, Qualität und Wert der Wohnungen oftmals aus. Die Steuergesetzgebung darf derartige Spekulationsgewinne nicht noch befördern.
MieterMagazin 9/05
Wolfgang Thierse,
SPD
Monika Grütters,
CDU
Renate Künast,
Bündnis 90/
Die Grünen
Markus Löning,
FDP
Gregor Gysi,
Linkspartei.PDS
02.08.2013