Am 17. September wählt Berlin ein neues Abgeordnetenhaus und die Verordnetenversammlungen in den Bezirken. Wie immer, wenn der Souverän, das Volk, zur Wahl gerufen wird, befragt das MieterMagazin die Parteien zu ihren Vorstellungen und Absichten in der Mieten- und Wohnungspolitik. Elf Prüfsteine haben wir den verantwortlichen Politikern der derzeit im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien vorgelegt – ihre Antworten können und sollen unseren Lesern die Wahlentscheidung erleichtern. Wohnen – und damit auch jede damit verbundene politische Frage und Entscheidung – ist immerhin ein essentieller Bereich des Alltags.
1. Frage:
Was werden die zentralen Herausforderungen städtischer Wohnungspolitik in den nächsten fünf Jahren sein?
SPD
Eine zentrale Herausforderung der städtischen Wohnungswirtschaft ist die Erhaltung und Konsolidierung der städtischen Wohnungsunternehmen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass einerseits die Unternehmen sich auf ihre „Kernaufgabe“ der Vermietung, Verwaltung und gegebenenfalls Errichtung von Wohnungen innerhalb Berlins konzentrieren und zur Erfüllung dieser Aufgabe auf eine wirtschaftlich auskömmliche Grundlage gestellt werden. Die Wohnungsbestände selbst müssen in Bezug auf Ausstattung und Instandhaltungszustand langfristig moderne Wohnbedürfnisse erfüllen und nachfragegerecht sein.
Die städtischen Wohnungsbestände dienen der Versorgung mit Wohnraum auch für benachteiligte Bevölkerungsgruppen. Einem umfassenden Mieterschutz wird höchste Priorität eingeräumt, Luxusmodernisierungen mit der Folge nicht zumutbarer Mietsteigerungen und der Verdrängung der angestammten Wohnbevölkerung müssen vermieden werden. Modernisierungen „älterer“ Wohnungsbestände mit der Folge sozial verträglicher Mietsteigerungen sind jedoch notwendig, um angemessene Wohnungsverhältnisse zu schaffen und am „Markt“ bestehen zu können. Die Aufstellung eines „qualifizierten Mietspiegels“ werden wir auch zukünftig fortsetzen, ebenso die Veröffentlichung der „Betriebskostenübersicht“, um so mehr Transparenz in die Entwicklung der „zweiten Miete“ zu erreichen.
Wohnungspolitik in Berlin bedeutet Erhalt eines Mixes aus städtischem Wohnungsbestand, genossenschaftlichen und privaten Wohnformen sowie Angeboten privater Wohnungsunternehmen. Auf Grund der besonderen Geschichte der Stadt ist in Berlin die Wohneigentumsquote – trotz eines Anstiegs in den letzten Jahren – immer noch relativ gering. Deshalb ist es unser wohnungspolitisches Ziel, den Anteil von Wohneigentum am Gesamtwohnungsbestand zu erhöhen.
CDU
Die zentrale Aufgabe wird es sein, die städtische Wohnungswirtschaft neu zu strukturieren und damit ein tragfähiges wohnungswirtschaftliches Konzept für die im städtischen Besitz befindlichen Wohnungsbestände zu erarbeiten. Zu entscheiden ist dabei, wie viele Wohnungen künftig in städtischem Besitz bleiben sollen. Das Ziel muss es sein, die städtische Wohnungswirtschaft insgesamt in der Verwaltung zu verschlanken, ihre Aufgaben auf das Kerngeschäft zu beschränken und sie mittelfristig auf eine gesunde finanzielle Basis zu stellen. Die notwendigen Modernisierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen müssen langfristig gesichert sein und aus eigenen Erträgen bestritten werden können.
Die Linkspartei.PDS
Das ist die wirtschaftliche Stabilisierung und Sanierung der städtischen Wohnungsunternehmen, um sie als wichtigstes Steuerungsinstrument der öffentlichen Hand auf dem Wohnungsmarkt zu sichern und wieder wirksam zu machen. Dazu kommen die Sicherung nachhaltiger wohnungspolitischer Wirkungen bei der Aufhebung der Sanierungsgebiete, die Eindämmung spekulativer Umwandlungsverwertung von Mietwohnungsbeständen und Schutz der Mieter vor deren negativen Auswirkungen, aktive soziale und ethnische Integrationspolitik im Bereich der Mieten- und Vermietungspolitik, um Segregationsentwicklungen zurückzudrängen, sowie die Förderung genossenschaftlicher Wohnformen und alters- und familiengerechter Wohnungsangebote.
Bündnis 90/Die Grünen
Berlin braucht endlich ein Gesamtkonzept für die städtischen Wohnungen und für den Umgang mit den überteuerten Sozialwohnungen. Ziel ist die Sicherung von möglichst vielen städtischen Wohnungen und die Umstrukturierung der landeseigenen Wohnungsunternehmen. Nötig ist auch die Begrenzung der zu hohen Mieten bei Sozialwohnungen und die Lösung der Probleme aus dem Wegfall der Anschlussförderung. Wichtig ist uns auch die Aktivierung der Hausbesitzer für Energiesparinvestitionen und für erneuerbare Energien. Im demografischen Wandel wollen wir Wohngruppen über neue gemeinschaftliche Wohnformen beraten und unterstützen.
FDP
Die FDP sieht folgende zentralen Herausforderungen:
- Herstellung eines funktionsfähigen Wohnungsmarktes durch den weiteren Abbau staatlicher Eingriffe in den Markt, zum Beispiel durch „Milieuschutzverordnungen“ nach dem Baugesetzbuch,
- weiterer Rückzug Berlins aus der Wohnungswirtschaft durch Verkauf von Beteiligungen an Wohnungsunternehmen,
- Dämpfung des Anstiegs der Wohnnebenkosten durch Vorschriftenabbau und mehr marktwirtschaftlichen Wettbewerb, speziell bei den kommunalen Dienstleistungen wie der Stadtreinigung und der Müllentsorgung.
2. Frage:
Was wird sich für die Mieter ändern?
SPD
siehe Antwort auf Frage 1.
CDU
Der Mieter steht im Mittelpunkt dieser Neuausrichtung, denn er soll als Mieter zufrieden sein, sich für sein Wohnumfeld aktiv engagieren und nicht wegziehen. Um die Wohnungsbestände bei vertretbaren Mieten zu pflegen und Instandhaltungsmaßnahmen durchführen zu können, muss die städtische Wohnungswirtschaft effizienter werden. Weitere Mietsteigerungen über das übliche Anpassungsniveau hinaus sollten vermieden werden, denn alles andere würde zu noch mehr Leerstand und Segregation führen. Die Sicherung von bezahlbarem Wohnraum in Beständen, die im ganzen Stadtgebiet verteilt sind, dient auch der sozialen Stabilisierung, was wiederum den Mietern zugute kommt.
Die Linkspartei.PDS
Im Kontext der Einstellung der Neubauförderung und eines sich verstärkenden Drängens spekulativer Finanzinvestitionen auf dem deutschen Mietwohnungsmarkt wird auch in Berlin der Druck auf die Mieten in Teilsegmenten des Wohnungsmarktes zunehmen. Diese Entwicklung wird zudem verschärft durch den weiteren erheblichen Anstieg der Betriebskosten. Die sozialen Auswirkungen für die Mieter werden maßgeblich von einer aktiven und erfolgreich gegensteuernden Wohnungspolitik der öffentlichen Hand in Bund und Land abhängen.
Bündnis 90/Die Grünen
Verglichen mit anderen großen Städten sind die Mieten in Berlin bezahlbar. Es wird aber immer schwieriger, preisgünstige Wohnungen zu mieten. Umzüge sind vorprogrammiert – sowohl wegen der Verkäufe als auch der neuen Ausführungsvorschrift Wohnen, die Sozialhilfeempfängern und Hartz-IV-Betroffenen eine geringere Miete als die Kosten eines Großteils der Sozialwohnungsmieten zugesteht.
FDP
Zukunftsprognosen sind nicht Aufgabe der Politik. Jedoch steht fest, dass auch im Wohnungswesen Markt und Wettbewerb den besten Verbraucherschutz beinhalten, zumal, wenn ein soziales Mietrecht und eine Verbraucheraufklärung hinzutreten, wie sie auch die Mietervereine leisten.
3. Frage:
Der Wohnungsmarktbericht von Senat und IBB zeigt, dass die Nachfrage nach preisgünstigem Wohnraum deutlich höher ist als das Wohnungsangebot – trotz erheblichem Wohnungsleerstand. Im mittleren und höheren Preissegment hingegen ist eine schwächere Nachfrage zu verzeichnen. Welche Steuerungsmöglichkeiten sehen Sie?
SPD
siehe Antwort auf Frage 1.
CDU
Diese Feststellung finden wir in fast allen Wohnungsmarktübersichten und ist keine Besonderheit für Berlin. Die Steuerungsmöglichkeiten dazu ergeben sich einzig aus der Festlegung dessen, was als Anteil der städtischen Wohnungswirtschaft langfristig gehalten werden soll und zu welchen Mieten diese Bestände auf den Markt kommen können, ohne dass die Gesellschaften in den Konkurs getrieben werden. Genau zu dieser Frage wird das oben erwähnte Konzept benötigt. Wir wissen wohl, dass Berlin eine Mieterstadt ist und das auch in Zukunft bleiben wird. Allerdings wird es auf absehbare Zeit auf Grund der Finanzlage Berlins keine landesrechtliche Mietensubventionierung mehr geben können.
Die Linkspartei.PDS
Ein wesentliches Steuerungspotenzial liegt im städtischen Wohnungsbestand. Hier ist das Angebot im unteren und mittleren Preissegment im Bestand zu pflegen und wirtschaftlich effizient zu profilieren, sind mietentreibende Aufwertungsinvestitionen und Privatisierungen zu unterlassen. Durch Erhaltungsverordnungen sind in Stadtteilen mit hohem Aufwertungsdruck Modernisierungen auf den gebietstypischen zeitgemäßen Standard zu beschränken. Umwandlungsverordnungen für besonders von Umwandlungstendenzen betroffene Stadtteile können spekulative Verwertungsmodelle eindämmen. Eine Wiederaufnahme des hoch subventionierten Sozialen Wohnungsbaus schließen wir aus.
Bündnis 90/Die Grünen
Allein die städtischen Wohnungsunternehmen leisten sich fast 20000 leer stehende Wohnungen. Die gilt es, zu Mietspiegelmieten oder darunter anzubieten. Auch die Mieten von überteuerten Sozialwohnungen müssen entsprechend begrenzt werden. Neue Sozialwohnungen kann Berlin allerdings nicht fördern.
FDP
Die Nachfrage nach „preisgünstigem“ Wohnraum ist immer deutlich höher als das Angebot, da sich die Wohnungssuchenden nun einmal nach ihren Einkommensverhältnissen zu richten haben und zugleich möglichst wenig Miete bezahlen möchten. Dieses Verhalten ist vernünftig und markttypisch. Es lässt auf keine Wohnungsnot schließen, denn Berlin verfügt bekanntlich mit 38,7 Quadratmetern über eine Wohnfläche je Einwohner, die noch über der der wirtschaftlich prosperierenden Stadt Hamburg liegt (36 Quadratmeter). Somit besteht kein Handlungsbedarf, vor allem nicht im Sinne der Neuauflage staatlicher Förder- oder Bewirtschaftungsmaßnahmen welcher Art auch immer. Allerdings müssen Haushalte mit geringem Einkommen in die Lage versetzt werden, Wohnraum zu mieten, der Mindeststandards entspricht. Dies ist eine sozialpolitische Aufgabe, die mit einem vertretbaren öffentlichen Aufwand zu erfüllen ist. Es geht hier um eine an der individuellen Bedürftigkeit ausgerichteten Unterstützung, wobei in begrenztem Umfang auch Belegungsrechte der öffentlichen Hand im privaten und im (auf ein Minimum zu begrenzenden) kommunalen Wohnungsbestand erforderlich sind.
4. Frage:
Nur noch 5 Prozent des Berliner Mietwohnungsbestands ist belegungsgebunden. Sehen Sie Handlungsbedarf?
SPD
Angesichts der vergleichsweise entspannten Wohnungsmarktsituation und der Notwendigkeit einer „sozialen Mischung“ in den Quartieren ist die Aussetzung der Belegungsbindung in bestimmten Wohnungsbeständen vertretbar und sinnvoll. Durch Kooperationsverträge mit Wohnungsunternehmen ist die Belegungsbindung in vielen Fällen zeitlich „nur“ ausgesetzt, nicht auf Dauer aufgehoben worden. Nach Ablauf dieser Fristen kann also, bei Bedarf, die Belegungsbindung wieder aufgenommen werden.
CDU
Nein, in dieser Frage sehen wir nicht die Notwenigkeit, diese Quote zu erhöhen. Im Gegenteil: Die bisherigen Erfahrungen mit dem befristeten Aussetzen der Belegungsbindung haben gezeigt, dass positive Entwicklungen eingetreten sind, da in vielen Bereichen eine Stabilisierung der Sozialstruktur erreicht werden konnte. Eine Durchmischung der Mieterschaft ist die beste Gewähr für ein funktionierendes Wohnumfeld.
Die Linkspartei.PDS
Kurzfristig besteht kein großer Bedarf an der Ausübung von Belegungsrechten. Hinzu kommt, dass die Mieten für belegungsgebundene Wohnungen des Sozialwohnungsbaus der Jahrgänge ab 1989 für die Bezugsberechtigten zu hoch sind. Da sich aber die Situation verändern kann, soll auf Belegungsrechte nicht generell verzichtet, sondern nur deren Ausübung ausgesetzt werden. Die Belegungsrechte aus der geförderten Altbausanierung sind konsequent wahrzunehmen. Hier sind einerseits die Mieten an den Mietspiegel gekoppelt und andererseits sind diese Einzelobjekte für eine auf soziale und ethnische Durchmischung ausgerichtete Stadtentwicklung besonders wertvoll.
Bündnis 90/Die Grünen
Die auslaufenden Bindungen und die Beendigung der Förderung im Neu- wie im Altbau erfordert eine größere Inanspruchnahme landeseigener Wohnungen für die Belegung. Die bisherigen Kooperationsverträge reichen dazu nicht aus. Es muss gesichert werden, dass das Land Berlin in allen Bezirken ausreichend Wohnungen besitzt und für die Belegung zur Verfügung hat.
FDP
Nein, jedenfalls nicht im Sinne einer Ausweitung der Belegungsbindungen. Vielmehr sind im Interesse der Marktkonsolidierung die Möglichkeiten zur Aussetzung von Belegungsrechten Berlins auszuschöpfen und die Belegungspraxis ist weiter zu lockern. Die Berliner FDP hat das breit angelegte wohnungspolitische Förderunwesen im Berlin der Nachwendezeit, das den Landeshaushalt erheblich belastet und angesichts hoher Sozialmieten den sozial Schwachen wenig gebracht hat, stets abgelehnt. Die Berliner Landespolitik muss endlich akzeptieren, dass die Wohnungsversorgung – wie auch die übrige Güterversorgung – nicht Aufgabe des Staates, sondern des Marktes ist. Die Zeiten der breit angelegten staatlichen Wohnungsversorgung sind vorbei, womit die „Wohnungspolitik“ zu einem Unterfall der Sozialpolitik wird (Subjektförderung statt Objektförderung).
5. Frage:
Wie wollen Sie die durch die Föderalismusreform auf die Bundesländer übergegangen Kompetenzen in der Wohnungsversorgung nutzen?
SPD
Das Land Berlin wird, sobald die Gesetzgebungsverfahren zur Föderalismusreform abgeschlossen sein werden, die sich ergebenden Spielräume für eine sozial verträgliche Wohnungspolitik nutzen. In einem so engen Verflechtungsraum, wie ihn Berlin und Brandenburg darstellen, müssen die möglichen Spielräume gemeinsam ausgelotet werden. Dies wird eine Aufgabe in der neuen Legislaturperiode sein.
CDU
Die Ergebnisse der Föderalismusreform im Hinblick auf mehr Gesetzgebungskompetenz der Länder im Bereich des Wohnungswesens sind grundsätzlich zu begrüßen, weil sie zu Deregulierung und vielfach zur Vereinfachung von Prozessen führen. Folglich kann auch das Land Berlin die Gesetzgebung zielgerichtet auf seine individuellen Besonderheiten und Bedürfnisse ausrichten. Welche dieser Gesetze novelliert werden sollten, können wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht seriös beantworten. Die Länderkompetenzen zum Beispiel beim Wohnungsbindungsrecht und dem Zweckentfremdungsrecht bieten insbesondere zeitliche Vorteile. Die Sicherung des Wohnens in Geschäftsstraßen zum Beispiel ist ein individuelles städtisches Problem, das auf Bundesebene immer auf wenig Verständnis stieß und jetzt zügig gelöst werden kann.
Die Linkspartei.PDS
In den betroffenen Rechtsgebieten gab es bislang bereits landesrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten (Ausführungsgesetze und -Verordnungen). Allerdings ist zu prüfen, inwiefern sich aus der Verlagerung der Gesetzgebungskompetenzen neue ordnungsrechtliche Spielräume für den Landesgesetzgeber in Berlin insbesondere aus dem Umstand ergeben, dass nunmehr die besonderen Bedingungen der Einheitsgemeinde mit den differenzierten Situationen in den Stadtteilen angemessener berücksichtigt werden können. Das gilt insbesondere für das Wohnraumförderungsgesetz und das Zweckentfremdungs- und Wohnungsbindungsrecht.
Bündnis 90/Die Grünen
Leider wird die unsinnige Art, wie Berlin den Sozialen Wohnungsbau gefördert hat, noch über Jahre sehr viele Mittel für die Finanzierung der Fehler der Vergangenheit binden. Darum hat Berlin kaum noch wohnungspolitischen Handlungsspielraum. Wir haben dies seit Jahren kritisiert! Soweit sich finanzielle Spielräume auftun, wollen wir innovative Wohnprojekte und genossenschaftliche Initiativen unterstützen.
FDP
Angesichts des notwendigen weiteren Rückzugs auch des Landes Berlin aus dem Wohnungswesen verliert die Frage aus liberaler Sicht ihre Bedeutung.
6. Frage:
Die Wohnsituation großer Teile der Berliner Ausländerhaushalte ist in besonderem Maße geprägt von Defiziten bei der Wohnungsausstattung, dem Wohnungs- und Gebäudezustand, und das bei überdurchschnittlichen Mieten. Gleichzeitig bestehen erhebliche Integrationsschwierigkeiten vor Ort. Wie wollen Sie diese Probleme in Angriff nehmen?
SPD
Ein Schwerpunkt zur Behebung beziehungsweise Verringerung der oben genannten Schwierigkeiten ist die Fortsetzung der Politik der „sozialen Stadtentwicklung“. Hierbei spielt das sehr erfolgreiche „Quartiersmanagement“ eine zentrale Rolle. Die Problemlage ist jedoch differenzierter als in der Frage angeschnitten. Ein Großteil der Berliner Migrantenhaushalte lebt nicht in Wohnungen mit Defiziten in der Wohnungsausstattung, sondern in öffentlich geförderten Wohnungen, deren Standard den üblichen öffentlich-geförderten Wohnungsbaumaßstäben entspricht. Die verglichen mit privaten Mietverhältnissen oft höheren Mieten sind nicht migrantenspezifisch, sondern eine Folge des alten Wohnungsbauförderungssystems, mit dem dieser Senat Schluss gemacht hat. Die Integrationsschwierigkeiten sind in erster Linie nicht eine Folge der Wohnungssituation, sondern der Ballung vor Ort, die Rückzugsräume ermöglicht, und so eine erfolgreiche Integration erschwert. Neben Veränderungen im schulischen Bereich und verstärktem Sprachunterricht bieten hier die Initiativen von unten in den Stadtteil- und Quartiersmanagementgebieten erfolgreiche Ansatzpunkte in einem nicht kurzfristig zu lösenden Prozess der gegenseitigen Öffnung.
CDU
Die in dieser Fragestellung beinhaltete Unterstellung disqualifiziert pauschal jede Agglomeration von Menschen mit Migrationshintergrund. Es muss grundsätzlich gelten, dass Menschen unabhängig von ihrer Herkunft eine Wohnung mit guter Wohnqualität bekommen. Dabei gilt es gleichermaßen für private als auch für städtische Unternehmen, dass sie ihre Bestände nach dem Motto „Eigentum verpflichtet“ pflegen und die notwendigen Investitionen tätigen. Wir stimmen Ihnen zu, dass eine durchmischte Mieterschaft den Integrationsprozess positiv beeinflusst, jedoch sehen wir keinen direkten Zusammenhang zwischen der Wohnungsausstattung und der Integrationsfähigkeit der Bewohner. Die bildungspolitische Debatte der letzten Jahre hat vielmehr klar aufgezeigt, dass Sprachkenntnisse und Ausbildung entscheidend für den beruflichen und damit wirtschaftlichen Aufstieg sind, was auch immer mit einer Änderung der Wohnsituation einhergeht.
Die Linkspartei.PDS
Einerseits sind Berliner Migrantenhaushalte speziell über ihre Rechte als Mieter aufzuklären und in die Betreuung durch Mieterschutzorganisationen gezielt einzubeziehen. Die Befähigung zur eigenständigen Wahrnehmung von Miet- und Wohnungsangelegenheiten sollte ein Aufgabenfeld des Quartiersmanagements werden. Zum anderen sind insbesondere die städtischen Wohnungsbaugesellschaften angehalten, eine soziale und ethnische Durchmischung der Mieterschaft zu gewährleisten. Sie haben außerdem angemessene Instandhaltungsaufwendungen insbesondere auch in Beständen mit großem Ausländeranteil sicherzustellen.
Bündnis 90/Die Grünen
Wir sehen insbesondere Handlungsbedarf in der Bildungs-, Integrations- und Arbeitsmarktpolitik. Mit dem Förderprogramm „Soziale Stadt“ findet für Sanierungs- und Quartiersmanagementgebiete in gewissem Umfang eine Unterstützung für Gebiete mit besonderem Entwicklungsbedarf statt. Die Sozialraumorientierung soll ebenfalls die Probleme der Konzentration bestimmter Haushalte auffangen. Nicht eine bessere Verteilung, sondern eine bessere Integration ist notwendig. Eigeninitiativen der Haushalte mit Migrationshintergrund sollten unterstützt werden, sowohl mit genossenschaftlichem Ansatz aber auch bei Interesse des Erwerbs der eigenen Wohnung.
FDP
Die Behauptung, dass Ausländerhaushalte in Berlin überdurchschnittlich hohe Mieten zahlen, ist nicht nachzuvollziehen. Das Mietenniveau liegt in Berlin im Vergleich zu anderen Ballungsräumen auf einem eher niedrigen Niveau. Es ist nicht Aufgabe des Staates, die Wohnsituation von Migranten zu verbessern, wohl aber, durch Angebote bei der Berufshilfe und Sprachhilfe die Integrationschancen zu verbessern. Es ist von essentieller Bedeutung, dass Personen mit Migrationshintergrund für ihren Lebensunterhalt selbstständig aufkommen können. Ein Arbeitsplatz auf dem ersten Arbeitsmarkt ist nun einmal die Grundlage jeglicher Integration. Angesichts einer Arbeitslosenquote unter Migranten von 40 Prozent geht es nicht primär um Wohnungspolitik, sondern um Reformen auf dem Arbeitsmarkt, im Sozialsystem und vor allem auch im Bildungswesen.
7. Frage:
Auf Grund des Mietanstiegs bei Altbauten und Sozialwohnungen steht den Empfängern von Arbeitslosengeld II, die wegen zu teurer Miete umziehen müssen, kein angemessener Ersatzwohnraum mit niedrigeren Mieten zur Verfügung. Wo muss hier eingegriffen werden?
SPD
Nach unseren Erkenntnissen ist es auf Grund der neuen Rechtssituation für Bezieher/innen von ALG II in Berlin nur in extrem wenigen Fällen zu der Notwendigkeit eines Umzuges aus ihrer Wohnung gekommen. In diesen wenigen Fällen konnte Ersatzwohnraum zur Verfügung gestellt werden. Das in der Frage angesprochene Problem besteht derzeit in Berlin nicht in dem unterstellten Umfang.
CDU
Gemessen am bundesdeutschen Durchschnitt sind die Mieten in Berlin noch relativ niedrig. Sicher macht die Entwicklung der Mieten im Sozialwohnungsbestand durch den Förderabbau Sorgen. Ihre befürchtete Umzugswelle von ALG-II-Empfängern fand laut einer Mitteilung des Senats vom 23. Mai 2006 nicht statt. Die Jobcenter haben festgestellt, dass in den ersten vier Monaten dieses Jahres die Richtwerte in 5404 Fällen überschritten wurden, darunter viele Härte- oder Ausnahmefälle. In 2654 dieser Fälle haben die Jobcenter zur Senkung der Mietkosten aufgefordert. In 64 Fällen wurde bereits eine Senkung der Mietkosten realisiert, in zwölf Fällen davon durch einen Umzug. Für diejenigen Fälle, die auf Grund der Regelung einen Wohnungswechsel vornehmen müssen, sind noch genügend Sozialwohnungen mit entsprechender Größe und Miethöhe vorhanden. Die bisherigen Zahlen zeigen, dass die Umzüge auf einen sehr kleinen Teil der ALG-II-Empfänger beschränkt bleiben. Bei 1,9 Millionen Wohneinheiten in Berlin steht angemessener und bezahlbarer Wohnraum für die oben angeführten rund 2500 Fälle zur Verfügung.
Die Linkspartei.PDS
Die Regelungen der AV Wohnen sind beständig zu überprüfen und gegebenenfalls veränderten Bedingungen anzupassen. Zwangsumzüge sollten möglichst vermieden werden. Allerdings können die erheblichen Mietsteigerungen im Bereich der sanierten Altbaubestände und des sozialen Wohnungsneubaus ab 1989 nicht durch unangemessene „Subjektförderung“ von ALG-II-Empfängern zusätzlich subventioniert (und damit honoriert) werden. Der Vernichtung preiswerten Wohnraums ist regulativ im Rahmen der begrenzenden ordnungsrechtlichen Instrumente entgegenzuwirken. Städtische Wohnungsbaugesellschaften sind angehalten, den erforderlichen Wohnraum zu angemessenen Mietpreisen und Standards anzubieten.
Bündnis 90/Die Grünen
Der erste Schritt ist endlich die Feststellung der tatsächlichen Wohnkosten der Empfänger von Arbeitslosengeld II. Erst auf dieser Grundlage kann eine sinnvolle Ausführungsverordnung Wohnen erfolgen. Gleichzeitig ist die Begrenzung des Mietanstiegs bei Sozialwohnungen nötig.
FDP
Der Senat hat mit seiner AV Wohnen die Grenzen für die Mieten für ALG-II-Empfänger festgelegt. Angesichts der niedrigen Mieten in Berlin sind ALG-II-Empfänger bislang nur in Ausnahmefällen gezwungen, sich eine neue Wohnung zu suchen. In anderen Gemeinden wurden teilweise strengere Vorschriften erlassen. In Berlin ist einstweilen ein Eingriffserfordernis nicht zu erkennen.
8. Frage:
In den vergangenen zehn Jahren sind zwei große städtische Wohnungsunternehmen und zigtausend Wohnungen in einzelnen Wohnanlagen aus dem städtischen Besitz an private Erwerber veräußert worden. Ein erheblicher Teil ist bei internationalen Investoren gelandet. Welche Folgen hat diese Privatisierung Ihrer Auffassung nach für Mieter, kommunale Stadtentwicklungskonzepte und den Einfluss der Wohnungswirtschaft auf die Politik?
SPD
Die angesprochene Veräußerung städtischen Wohnungsbestands in Berlin war eine notwendige Maßnahme im Rahmen der Konsolidierung. Bei den Verkäufen wurde vertraglich ein umfangreicher Schutz für die in den Wohnungen lebenden Mieterinnen und Mieter vereinbart. Vor diesem Hintergrund war der Verkauf auch mit der Absicht zu rechtfertigen, privates Kapital für die häufig notwendige Instandsetzung und Modernisierung von ehemals städtischen Wohnungen zu generieren. Wohnungspolitisch werden wir darauf achten, dass die neuen Investoren jedoch nicht auf „Kosten“ beziehungsweise auf dem Rücken der Mieter eine sozial unverantwortliche Spekulation mit Wohnraum ausüben. Einer derartigen Absicht sind allerdings auch heute schon rechtliche Schranken gesetzt. Der Verkauf an internationale Investoren beseitigt nicht die umfassend noch durch die alte rot-grüne Bundesregierung verbesserten Regelungen für die Mieter.
Kommunale Stadtentwicklungskonzepte werden sich auch in Zukunft nicht an einem Wohnungseigentümer orientieren, selbst wenn er größere Bestände besitzt, sondern an den Defiziten und Notwendigkeiten in den Stadtquartieren. Auch private Investoren, die Internationales Kapital anlegen, können und sind nicht an einem Abgleiten ihrer Wohnquartiere interessiert, weil dies spätere Verwertungschancen vermindert.
Den Einfluss der Politik auf die Wohnungswirtschaft – nicht umgekehrt – wollen wir durch den Erhalt von 12 bis 15 Prozent des Wohnungsbestandes im öffentlichen Eigentum sichern.
CDU
Die Umstände dieser Verkäufe zeigen deutlich, dass zu viele politische Vorgaben die betroffenen Gesellschaften handlungsunfähig gemacht haben. Die Notverkäufe des SPD-PDS-Senats und die Folgen auf Grund schlechter Verträge werden erst in den nächsten Jahren erkennbar sein. Die Erfahrungen mit den Privatisierungen haben bisher gezeigt, dass die vielfach beschworenen negativen Folgen für die Mieter nur in wenigen Fällen eingetreten sind, in denen es zu deutlichen Mieterhöhungen und zu Modernisierungsvorhaben gegen den Widerstand der Mieter gekommen ist. Die große Mehrheit der Investoren nehmen die Modernisierung und Instandhaltung und damit die Werterhaltung ihrer Bestände sehr engagiert vor, da sie sich eher langfristig engagieren wollen. Dazu benötigen sie einen qualitativ guten Wohnraum mit einem möglichst geringen Leerstand in einem stabilen sozialen Umfeld.
Die Linkspartei.PDS
Der Bestandsverkauf als Sanierungsinstrument hat sich erledigt. Die Verkäufe der letzten Jahre haben nicht zur grundsätzlichen Lösung der wirtschaftlichen Probleme der Gesellschaften geführt. Sie reduzieren im Gegenteil die wirtschaftliche Basis für deren Sanierung. Der gegenwärtige Mietwohnungsbestand der städtischen Gesellschaften ist in seinem Umfang möglichst zu halten. Die Privatisierung an Finanzinvestoren mit hohen Renditeerwartungen in kürzester Zeit erhöht den Verwertungsdruck auf die betroffenen Bestände. Mit der Privatisierung der kommunalen Bestände verliert die Politik Einfluss auf die Wohnungswirtschaft und damit dringend notwendige wirtschaftliche und politische Steuerungsmöglichkeiten.
Bündnis 90/Die Grünen
Die neuen Finanzinvestoren/Heuschrecken/Höllenhunde haben weder ein Interesse an der langfristigen Wohnungsbewirtschaftung noch an sozial stabilen Nachbarschaften oder Stadtentwicklungskonzepten. Das Interesse besteht allein darin, durch weiteren Verkauf schnelle Gewinne zu machen. Das treibt die Preise hoch. Die Folgen für die Mieter sind: Der hohe Kaufpreis treibt die Mieten hoch, es gibt kein Interesse an Instandsetzung, sondern an teuren und oft unnötigen Modernisierungen, die auf die Miete umlegbar sind, Mieter werden schikaniert und verdrängt. Unsere Forderungen: Auf keinen Fall dürfen weitere Wohnungsbestände an solche Finanzinvestoren verkauft werden. Durch Erhaltungssatzungen und Mieterberatung muss der Entmietung und Mieterschikane in betroffenen Siedlungen so weit es geht entgegengewirkt werden. Die Sozialpflichtigkeit des Eigentums muss wieder hergestellt werden!
FDP
Die Auswirkungen der auch in anderen Kommunen aus Haushaltsgründen unvermeidlichen Wohnungsverkäufe sind unter anderem noch im Auftrag der rot-grünen Bundesregierung wissenschaftlich untersucht und im Ergebnis als für die Mieter nicht nachteilig befunden worden. Dies überrascht nicht, denn auch im Wohnungswesen ist nun einmal die Marktwirtschaft jeder Form staatlicher Bewirtschaftung klar überlegen. Kommunale Stadtentwicklungskonzepte sind zumeist sinnvoll, bedürfen jedoch keiner öffentlichen Wohnungswirtschaft. Tragfähige Stadtentwicklungskonzepte setzen vielmehr die klare Trennung von öffentlichen Aufgaben und Wirtschaft voraus. Berlins Stadtentwicklung bietet dafür gute Beispiele: Die heute so beliebten Altbauquartiere der Stadt sind in einer Zeit entstanden, als diese Aufgabenteilung noch weitgehend unbestritten war. Im Unterschied dazu haben in den städtebaulichen Fördergebieten öffentliche Wohnungsunternehmen öffentliche Mittel in Milliardenhöhe „versenkt“. Gleichwohl zählen einige dieser Gebiete heute zu den Problembereichen. Die Frage ist nicht, welchen Einfluss die Wohnungswirtschaft auf die Politik hat, sondern welchen Einfluss die Politik auf die Wohnungswirtschaft hat. Die FDP sagt: Die Politik sollte möglichst keinen Einfluss auf Unternehmensentscheidungen haben, denn für die Folgen sachfremden Hineinregierens in Unternehmen hat stets die Allgemeinheit aufzukommen. Die FDP fordert daher den Verkauf der landeseigenen Wohnungsunternehmen in größtmöglichem Umfang. Wie katastrophal der unternehmerische Einfluss der Politik auf öffentliche Unternehmen sein kann, zeigt unter anderem das aktuelle Beispiel Wohnungsbaugesellschaft Mitte.
9. Frage:
Die traditionellen Versorgungsaufgaben der städtischen Wohnungsunternehmen haben sich teilweise überlebt. Was ist Ihre Vorstellung zu deren künftige Aufgaben?
SPD
siehe Antwort zu 1 bis 3.
CDU
Wir sind nicht der Auffassung, dass sich die traditionellen Versorgungsaufgaben der städtischen Wohnungsunternehmen überlebt haben. Im Gegenteil: Auch in der Zukunft kommt es für die „Städtischen“ darauf an, qualitativ guten Wohnraum zu bezahlbaren Preisen für breite Schichten der Bevölkerung bereit zu stellen. Um dieser Aufgabe auch in Zukunft gerecht zu werden, müssen die Unternehmen so aufgestellt werden, dass sie ihre Aufgaben auf das Kerngeschäft beschränken und sich mittelfristig auf eine gesunde finanzielle Basis stellen (siehe auch Antwort zu Frage 1). Auf das Kerngeschäft beschränken bedeutet, alles das zu verfolgen, was ausschließlich mit Wohnen zu tun hat. Von bisherigen defizitären Tochtergesellschaften, die in unterschiedlichen Dienstleistungsbranchen agieren, gilt es sich zu trennen.
Die Linkspartei.PDS
Die Aufgaben der „Städtischen“ haben sich modifiziert. Nicht mehr die Versorgung von sozial schwachen Mietern mit preiswertem Wohnraum ist ihre Hauptaufgabe, sondern die effiziente Bewirtschaftung differenzierter Bestände, um den Mietwohnungsmarkt hinsichtlich Preis- und Ausstattungsentwicklung sowie Angebotsstruktur steuernd zu beeinflussen, städtebauliche Entwicklungsprozesse zu befördern beziehungsweise Fehlentwicklungen entgegenzuwirken. Die sozialen Verpflichtungen der Wohnungsunternehmen für eine integrative Stadtentwicklung sind aber nicht als „sozialarbeiterische Nebentätigkeit“ zu verstehen, sondern als wohnungswirtschaftliche Aufgaben, die in die Kosten- und Ertragsbilanz der Unternehmen gehören.
Bündnis 90/Die Grünen
Das Land Berlin besitzt Wohnungen, um seinem Auftrag aus Artikel 28 der Berliner Verfassung gerecht zu werden. In Zeiten knapper Kassen und auslaufender Bindungen muss diese Kernaufgabe vorrangig erfüllt werden. Dazu sind ausreichend städtische Wohnungen in allen Berliner Bezirken notwendig. Gleichzeitig wachsen die sozialpolitischen Aufgaben der landeseigenen Wohnungsunternehmen. Neben der reinen Wohnversorgung sollte es auch um die Stärkung von Nachbarschaften gehen und um arbeitsmarktpolitische Initiativen, insbesondere die Integration von Jugendlichen. Berlin muss seine Wohnungsunternehmen als sozialen Akteur stärken statt sie zu demontieren!
FDP
Die FDP fordert den weitest gehenden Verkauf der landeseigenen (nicht nur) Wohnungsunternehmen, da die hochverschuldete Stadt das haushalterische Risiko öffentlicher Unternehmen auf ein Minimum begrenzen muss. Sofern Berlin Anteile an Wohnungsunternehmen behält, kann es im Sinne der Antworten auf die Fragen 3 und 4 nicht um die „Wohnungsversorgung“, sondern nur um die Flankierung sozialpolitischer Aufgaben gehen.
10. Frage:
Wie kann der Qualitätswettbewerb zu Gunsten einer bedarfsgerechteren Architektur und Gebäudestruktur zum Beispiel für altersgerechtes und familiengerechtes Wohnen verstärkt werden? Welchen Beitrag kann die städtische Wohnungspolitik für diese Ziele leisten?
SPD
Die absehbare demografische gesellschaftliche Entwicklung „schreit“ geradezu nach neuen Wohnformen, unter anderem fürs Alter oder für Familien. Berlin hat zum Beispiel auf den Trend von Familien, auch mit Kindern im Stadtgebiet, teils sogar im Innenstadtbereich wohnen zu wollen, reagiert, indem zusätzliche innerstädtische Wohnbauflächen ausgewiesen beziehungsweise aktiviert wurden. Die städtischen Wohnungsunternehmen sind aufgefordert, sich durch Planung und Angebote an den speziellen „Kundeninteressen“ zu orientieren.
CDU
Wir gehen nicht davon aus, dass ein Qualitätswettbewerb auf einem Markt, hier bei besonderen Wohnformen, durch staatliche Eingriffe verstärkt werden kann. Gerade bei familiengerechten Wohnungen (die Eigenschaft definieren die Bewohner übrigens sehr unterschiedlich) besteht das Problem eher in den sinkenden Geburtenraten als in einem fehlenden Angebot. Der Markt des altersgerechten Wohnens boomt gerade angesichts der demografischen Entwicklung. Gerade die städtischen Gesellschaften, wie zum Beispiel in Hellersdorf, haben gezeigt, dass mit einem intelligenten Umbau von Plattenbauten vielschichtige Möglichkeiten an verschiedene Wohnanforderungen umgesetzt werden können. Die „Städtischen“ dürfen alle diese Trends nicht verschlafen, sollten angesichts ihrer wirtschaftlichen Möglichkeiten aber auch nicht die ersten Fehler für andere machen. Das Kerngeschäft geht vor.
Die Linkspartei.PDS
Der Qualitätswettbewerb ist Sache der Marktteilnehmer, die zur Sicherung ihres wirtschaftlichen Erfolges auch bedarfsgerechte Angebote platzieren müssen. Die öffentliche Hand ist über ihre Gesellschaften Marktteilnehmer und kann damit Standards initiieren. Darüber hinaus können besondere Modellprojekte etwa für altersgerechtes beziehungsweise generationenübergreifendes Wohnen gefördert werden.
Bündnis 90/Die Grünen
Wir setzen auf eine intensive Zusammenarbeit, auf Werbung und Beratung von Hausbesitzern, um sie zu energetischen und ökologischen Baumaßnahmen und guter Baugestaltung einerseits und zu alters- und familiengerechten Wohnangeboten andererseits zu motivieren. Ein wesentliches Instrument hierfür wäre auch die Bauordnung, die für Neu- und Umbauten Vorgaben machen könnte. Mit der letzten Novellierung und der weitgehenden Genehmigungsfreistellung wurde dieses Instrument leider aus der Hand gegeben.
FDP
Da das Wohnungsangebot Sache des Marktes und der auf ihm agierenden Unternehmen und Eigentümer ist, sind auch insoweit zunächst einmal diese gefragt. Sie sind es, die ihr Angebot auf eigenes Risiko der Bedarfs- und Nachfrageentwicklung anpassen müssen. Die Politik kann dies allerdings unterstützen, indem sie zum Beispiel entsprechende Untersuchungen durchführt, mit den Beteiligten Ideenwettbewerbe durchführt und unter bestimmten Voraussetzungen kommunale Flächen für entsprechende Vorhaben bereitstellt.
11. Frage:
Wird Ihrer Einschätzung nach das bundesdeutsche Mietrecht den Problemen auf städtischen Wohnungsmärkten gerecht? Berücksichtigt es die Mieterinteressen angemessen oder sehen Sie Handlungsbedarf, der über eine Bundesratsinitiative zu gesetzgeberischen Initiativen führen müsste?
SPD
Mit der letzten Mietrechtsnovelle (unter der rot-grünen Koalition auf Bundesebene) sind die Bedingungen von Mieterinnen und Mietern im Vergleich zur davor liegenden Zeit deutlich verbessert worden. Wir halten das bestehende Mietrecht derzeit grundsätzlich für ausreichend.
CDU
Auch ein großstädtischer Wohnungsmarkt ist begrenzt: Durch Fläche, Umweltbelastung, die maximale Leistungsmöglichkeit für kommunale Infrastruktur und anderes. Die Vorstellung also, man könne oder müsse jede Nachfrage nach Wohnraum in einer Stadt auch entsprechen, halten wir für nicht realisierbar – auch deshalb nicht, weil dadurch die unerwünschte Landflucht noch verstärkt würde. Daher sind auch mietbegrenzende Sonderregelungen für Großstädte sinnlos, weil die im ersten Satz aufgezeigten Probleme dadurch alle nicht gelöst werden und die Wohnqualität insgesamt sinkt. Daher sehen wir für solche Sonderregelungen zu Gunsten von Großstädten keinen Handlungsbedarf auf Bundesebene. Dagegen halten wir die Möglichkeiten der Kommune, bei unterlassenen Instandsetzungen in Häusern oder Wohnungen schnell in das Grundstück vollstrecken zu können, für verbesserungsbedürftig. Auch der Schutz vor Mietnomadentum ist deutlich verbesserungsbedürftig.
Die Linkspartei.PDS
Eine solche Initiative bedarf nach der negativen Entwicklung der letzten Jahre unter Rot-Grün eines diskursiven Vorlaufs. Mietrechtliche Themen sind zum Beispiel: Begrenzung der Geltungsdauer von Modernisierungsumlagen, Begrenzung der Mietsteigerungsmöglichkeiten ohne Wohnwertverbesserung sowie die Regelungen zu den Wohnbetriebskosten, da durch „moderne“ Rechtsverhältnisse bei der Leistungsbindung (Leasen, Pachten, Mieten, Gestatten) die Mieter um ihre Mitwirkungsrechte gebracht werden. Zudem sind das Sanierungs- und Erhaltungsgebietsrecht als städtebauliche Ordnungsinstrumentarien zur Steuerung einer sozial ausgeglichenen Stadtentwicklung bundesgesetzlich wieder zu schärfen.
Bündnis 90/Die Grünen
Nachdem die Zweckentfremdungsverbotsverordnung und die Mietobergrenzen durch Gerichte ausgehebelt wurden, muss die Möglichkeit des Schutzes der Wohnbevölkerung, wie sie im Baugesetzbuch gefordert wird, konkretisiert und in Gesetz gegossen werden. Im Mietrecht selbst müsste der Umgang mit Schönheitsreparaturen neu geregelt werden. Die energetische Qualität von Gebäuden sollte sich im Mietspiegel wiederfinden. Bei den Wohnnebenkosten brauchen wir dringend Konzepte, die beim Eigentümer Anreize zum Kostensparen setzen.
FDP
Das derzeit geltende Mietrecht berücksichtigt die Mieterinteressen in hohem Maße. Von weiteren staatlichen Regulierungen des Mietrechts, das heißt Einschränkungen der Vertragsfreiheit, ist abzuraten, da sie sich nachteilig auf die Investitionsbereitschaft auswirken. Dies begünstigt die Entstehung von Wohnungsknappheit, bei der dann wieder Staat und Kommunen intervenieren müssten, wozu sie jedoch angesichts ihrer finanziellen Lage nicht mehr in der Lage sind. Es ist auf dem Wohnungsmarkt ähnlich wie auf dem Arbeitsmarkt: Mehr Regulierung führt zu Verknappung.
MieterMagazin 9/06
Klaus Wowereit,
SPD
Friedbert Pflüger,
CDU
Franziska Eichstädt-Bohlig,
Bündnis 90/Die Grünen
Harald Wolf,
Die Linkspartei.PDS
Dr. Martin Lindner,
FDP
29.07.2013