Während in einigen Gegenden immer mehr Wohnungen leer stehen, ist in anderen die Nachfrage größer als das Angebot. Verändert hat sich vor allem die Situation bei Altbauten: Hier ist der Leerstand mancherorts heute ähnlich hoch wie in Neubauten. Das geht aus der Antwort von Bau-Staatssekretärin Hella Dunger-Löper (SPD) auf eine Kleine Anfrage des FDP-Abgeordneten Klaus-Peter von Lüdeke hervor.
156.000 Wohnungen standen am Stichtag 1. Januar 2006 in Berlin leer, das sind 8,3 Prozent des gesamten Wohnungsbestandes. Rund 108.000 Wohnungen (5,8 Prozent) waren zu diesem Zeitpunkt mehr als ein halbes Jahr unbewohnt. „Das ist aber keinesfalls ein Zeichen für einen entspannten Wohnungsmarkt“, betont Armin Hentschel vom Institut für soziale Stadtentwicklung (ifss). Eine Altbauwohnung in Charlottenburg-Wilmersdorf, Friedenau oder Prenzlauer Berg zu bekommen, ist heutzutage sehr schwierig, die Nachfrage übertrifft das Angebot deutlich. Zugenommen hat der Leerstand hingegen vor allem in den Altbaugegenden von Nord-Neukölln und Wedding sowie in den Neubaugebieten Karow-Nord, Altglienicke und Rudow-Süd.
Reiner Wild, stellvertretender Hauptgeschäftführer des Berliner Mietervereins (BMV), benennt als Grund für den Wohnungsleerstand die Qualität: „Zahlreiche Gebäude sind in einem schlechten Zustand.“ Wohnungen in Hinterhäusern oder Seitenflügeln seien oft sehr dunkel und hätten keine Balkone. Die Verhältnisse seien im innerstädtischen Altbaubereich teils unzumutbar: dunkle Höfe, Müllberge, graue Betonböden. Wild: „Hier sind Fantasie und Investitionen durch die Eigentümer gefragt.“ Auch die öffentliche Hand sei gefordert, denn speziell Verkehrslärm schrecke viele ab. Verkehrsberuhigungsmaßnahmen und Tempolimits könnten die Attraktivität steigern.
Der Senat selbst sieht keinen weiteren Handlungsbedarf. Mit Maßnahmen wie dem Stadtumbau Ost und West oder dem Quartiersmanagement seien ausreichend Instrumente gegen den Leerstand geschaffen worden. Vielmehr seien nun die Eigentümer in der Pflicht: „Neben den Anpassungsnotwendigkeiten bei Grundriss, Wohnungsgröße, Wohnumfeld und Ausstattung stellt das Preisleistungsverhältnis einen wichtigen Faktor dar“, heißt es in der Antwort der Staatssekretärin Dunger-Löpers.
Laut einer Erhebung des Verbandes Berlin-Brandenburgische Wohnungsunternehmen (BBU) in seinem Wohnungsbestand sind 45 Prozent der leer stehenden Wohnungen schwer vermietbar. Weitere Ursachen des Leerstands seien Mieterwechsel (28 Prozent) Wohnungsverkauf (12 Prozent), Instandsetzung oder Modernisierung (10 Prozent), bauliche Mängel (3 Prozent) und schließlich Abriss oder „Rückbau“ (2 Prozent).
Kristina Simons
MieterMagazin 9/07
Wegen schlechten Standards stehen in Berlin rund 100.000 Wohnungen dauerhaft leer
Foto: Christian Muhrbeck
21.12.2016