Der Videoüberwachung im und am Wohnhaus sind enge rechtliche Grenzen gesetzt. Dennoch sieht man vor Hauseingängen, in Treppenhäusern und an weiteren Orten immer mehr Videokameras. Wo, wann und unter welchen Umständen ist die Videoüberwachung zulässig?
Die Videoüberwachung greift immer mehr um sich. In Bahnhöfen und in öffentlichen Verkehrsmitteln sind Kameras schon gang und gäbe. Auch politische Einrichtungen schützen sich meist mit Videokameras. In mehreren Städten werden auch schon öffentliche Plätze per Video überwacht. Die Überwachungskameras haben zwei Funktionen. Sie sollen zum einen unerwünschte Eindringlinge abschrecken und zum anderen mit ihren Aufnahmen zur Ergreifung von Tätern beitragen.
Grundsätzlich steht es jedem Hauseigentümer frei, sein Haus und Grundstück mit Videokameras auszustatten. Weil er damit aber tief in die Persönlichkeitsrechte anderer – nämlich der Mieter und deren Besucher – eingreift, sind der Überwachung enge Grenzen gesetzt. Schließlich möchte niemand, dass der Vermieter oder dessen Beauftragter ständig darüber im Bilde ist, wann man das Haus verlässt und zurückkommt, welchen Gesichtsausdruck man dabei hat, was man bei sich trägt oder welcher Besuch wie oft kommt. Überwachungssysteme sind deshalb nur dann zulässig, wenn sie zur Wahrnehmung des Hausrechts erforderlich sind. Einbrecher oder Graffitischmierer sollen abgeschreckt, nicht aber die Kontrollgelüste einzelner befriedigt werden. Daher müssen Mieter und Besucher mit deutlichen Hinweisschildern oder Piktogrammen auf die Videoüberwachung aufmerksam gemacht werden. Verdeckte Kameras sind immer unzulässig.
Komplizierter ist die Frage, ob Aufzeichnungen gespeichert werden dürfen. Erlaubt sind Speicherungen nur dann, wenn eine Straftat beobachtet wurde oder eine konkrete Gefahrenlage besteht. Eine derartige permanente Gefahr besteht nur in Ausnahmefällen, etwa an einem Geldautomaten. Dass eine weiße Hauswand jederzeit Opfer eines Graffitianschlags werden könnte, reicht als Anlass für dauerhafte Aufzeichnungen nicht aus. Oft behilft man sich daher damit, dass die Aufnahmen zwar ständig aufgezeichnet, aber nach einem bestimmten Zeitraum, etwa nach zwölf Stunden, automatisch gelöscht werden. Rechtlich einwandfrei ist dieser Ausweg nicht. In der Regel dürfen die Kameras nur dazu dienen, dass ein Pförtner über Bildschirme mehrere Hausflure oder Eingänge zeitgleich beobachten kann, ohne überall direkt vor Ort zu sein.
Attrappen sind keine Problemlösung
Zugriff auf die Videobilder soll im Grundsatz nur der direkt Betroffene haben. So darf eine Videogegensprechanlage immer nur dann Bilder übermitteln, wenn geklingelt wurde. Einzig der Mieter darf dann sehen, wer zu ihm will. Ausgeschlossen ist, dass dabei auch die anderen Bewohner schauen können, wer bei ihrem Nachbarn Einlass begehrt. Außerdem soll sich niemand per Videogegensprechanlage eine heimliche Liveübertragung vom Leben auf dem Bürgersteig auf den Bildschirm holen können.
Es ist heute technisch möglich, so kleine Videokameras herzustellen, die quasi unsichtbar installiert sein können. Um den Abschreckungseffekt zu bewahren, werden aber oft trotzdem große Geräte, die auch von Laien als Kameras erkannt werden, gut sichtbar aufgehängt. Häufiger als man denkt, handelt es sich bei den vermeintlichen Kameras aber auch nur um Attrappen, die kaum von funktionstüchtigen Geräten zu unterscheiden sind. Für Attrappen gelten deshalb die gleichen Einschränkungen wie für echte Kameras. Schon das Gefühl, beobachtet zu werden, ist ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte, den man nicht hinnehmen muss.
Allerdings ist die Akzeptanz der Videoüberwachung in der Bevölkerung sehr hoch. Das subjektiv empfundene Sicherheitsgefühl ist den meisten Bürgern so wichtig, dass sie bereitwillig Einblicke in ihr Privatleben gewähren.
Jens Sethmann
MieterMagazin 9/07
Videoüberwachung: Die Grenzen des Erlaubten sind eng, doch die Akzeptanz in der Bevölkerung ist hoch
Foto: Christian Muhrbeck
Der Tipp
Videoüberwachung ist nicht umlagefähig
Videoüberwachungssysteme werden häufig in großen Wohnanlagen zusammen mit einer Conciergeloge installiert. Einige Wohnungsbaugesellschaften versuchen, die Kosten dafür auf die Mieter umzulegen. Die Aufwendungen für das Betreiben einer Videoüberwachung sind aber in der Regel keine Betriebskosten und können daher nicht den Mietern berechnet werden. Sie sind nur dann als „sonstige Betriebskosten“ umlagefähig, wenn sie im Mietvertrag ausdrücklich als solche benannt oder später einvernehmlich vereinbart worden sind.
js
08.06.2015