Die Mietrückstände sind in Berlin in den letzten Jahren stark zurückgegangen: Betrugen sie im Mai 2006 noch 154 Millionen Euro, sind es zurzeit nur noch 112 Millionen Euro. Ein Grund ist die bessere Wirtschaftslage, ein anderer das „verbesserte Forderungsmanagement“ der Wohnungsunternehmen – sagen diese. Oder ist es ganz einfach der erhöhte Druck auf die Mieter?
Der noch immer hohe Wohnungsleerstand in Berlin zwingt die Wohnungsunternehmen, Mieter zu halten, auch wenn diese mit der Wohnungsmiete im Rückstand sind. Volker Bussler, Geschäftsführer der „degewo Forderungsmanagement GmbH“: „Wir wollen vermieten, wir wollen nicht Wohnungen leerräumen.“ Inzwischen ist diese Tochtergesellschaft des Wohnungsunternehmens Degewo als Inkassobüro zugelassen, auch die Gesobau und ein weiterer „größerer institutioneller Vermieter“, der ungenannt bleiben will, nutzen ihre Dienste.
Die Mietrückstände der Degewo-Mieter sind in den vergangenen drei Jahren um über drei Millionen Euro gesunken. Aber auch wenn die Mitarbeiter des Forderungsmanagements in vielen Fällen aktive Hilfe bei der Lösung der Schuldenprobleme säumiger Mieter leisten – ihr „Service“ stößt auch auf deutliche Kritik.
Brigitte M., 63 Jahre alt und schwerbehindert, wohnt seit 1983 in der Ludwig-Renn-Straße in Marzahn. Im Mai 2008 erhielt sie ein Schreiben, in dem ihr angedroht wurde, dass ihr „Mietverhältnis fristlos gekündigt werden“ kann, wenn „die Mietzahlungen weiter unregelmäßig erfolgen“. Brigitte M. zahlt jedoch ihre Miete stets pünktlich. Der angemahnte Rückstand in Höhe von über 800 Euro resultiert allein aus seit 2004 aufgelaufenen Beträgen von ihr beanstandeter Betriebskostennachzahlungen. Bei ihrem Vermieter weiß offenbar oft „die Linke nicht, was die Rechte tut“, so Brigitte M., die auf das Schreiben hin bei der Degewo intervenierte. Der Berliner Mieterverein unterstützt sie bei der Klärung. Aber selbst wenn die Forderungen zu Recht bestehen sollten: Rückstände bei den Nebenkosten stellen keine Mietschulden dar und berechtigen nicht zur fristlosen Kündigung wegen Mietrückstand – das sollte auch die Degewo wissen.
Rainer Bratfisch
MieterMagazin 9/08
Zwecks Abbau von Mietschulden betreibt die Degewo jetzt ein eigenes Inkassounternehmen
Foto: Degewo
13.04.2013