Eine Untersuchung zu den Ursachen der Krise der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) offenbart ein sehr laxes Finanzgebaren der damaligen Geschäftsführung.
Wohnungsverkäufe unter dem Verkehrswert, Auftragsvergaben ohne Ausschreibungen, riskante Sale-and-lease-back-Geschäfte und lückenhafte Aufzeichnungen – das sind die wichtigsten Punkte, die aus dem vertraulichen Bericht über die WBM-Krise bekannt geworden sind. So sind 2002/2003 rund 3900 Wohnungen unter Wert für 111,9 Millionen Euro an den Finanzinvestor Apellas verkauft worden. Eine Plattenbau-Wohnanlage an der Wilhelmstraße wurde ohne Ausschreibung veräußert. Auch Planungsaufträge in Höhe von insgesamt 20 Millionen Euro wurden freihändig vergeben. Warum auf Ausschreibungen verzichtet wurde, konnten die Wirtschaftsprüfer nicht nachvollziehen, da die Gründe dafür von der WBM nicht dokumentiert worden seien. Wie hoch der Schaden insgesamt ist, wird nicht genannt.
Im Jahr 2005 war die wirtschaftliche Notlage der WBM offenkundig geworden. Ihre Schulden beliefen sich auf 1,2 Milliarden Euro. Zur Aufklärung der WBM-Krise hatte das Abgeordnetenhaus den Senat im Frühjahr 2006 aufgefordert, die Tätigkeit des Wohnungsunternehmens und seiner Töchter für den Zeitraum von 1998 bis 2004 zu überprüfen. Nach zwei Jahren hat Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) im Juni den Bericht vorgelegt. Obwohl die WBM ein öffentliches Unternehmen ist, wird das Papier als „vertraulich“ der Öffentlichkeit vorenthalten, weil es „sensible Unternehmensdaten“ enthalte, wie Clemens Teschendorf, Sprecher der Senatsverwaltung für Finanzen, erklärt. Deshalb dürfen nur Mitglieder des Abgeordnetenhauses den Bericht einsehen. Ob die 2004 abgelösten Geschäftsführer zur Rechenschaft gezogen werden können, wird noch untersucht. Die neue Geschäftsführung hat 2006 ein Sanierungskonzept erarbeitet, das unter anderem den Notverkauf von mehr als 4000 Wohnungen und einen einschneidenden Personalabbau umfasst. Nach WBM-Angaben konnte der Schuldenstand inzwischen auf 811 Millionen Euro reduziert werden.
Jens Sethmann
MieterMagazin 9/08
Auch Wohnungsverkäufe unter Wert brachten die WBM in finanzielle Schieflage (hier: verkauftes WBM-Gebäude in der Friedrichshainer Auerstraße
Foto: Rolf Schulten
10.07.2013