Nahezu zeitgleich mit dem Berliner Mietspiegel 2009, herausgegeben vom Senat, hat der Immobilienverband IVD einen eigenen Marktmietspiegel 2009 veröffentlicht. Danach sieht der Maklerverband in einigen Bereichen der Stadt eine Angebotsknappheit. Begründung: eine durchschnittliche Neuabschlussmiete von 5,80 Euro pro Quadratmeter monatlich, die deutlich über der Mietspiegelmiete liegt.
Auf der Basis von rund 1000 Datensätzen hat der IVD eine Übersicht über die am 1. Juni 2009 in Berlin im freifinanzierten Wohnungsbau bezahlten Mieten bei neuen Mietverträgen vorgelegt. In einer sogenannten Standardwohnlage würden demnach 5,80 Euro pro Quadratmeter monatlich nettokalt bezahlt, in Vorzugswohnlagen sogar 7 Euro. Nach Auffassung des IVD geht die Schere zwischen dem unteren und dem oberen Marktsegment weiter auseinander. Im oberen Marktsegment erwartet der IVD weiter steigende Mietpreise.
So sei der durchschnittliche Mietpreis in Vorzugswohnlagen im ersten Halbjahr 2009 schon um 1,4 Prozent gegenüber 2008 gestiegen, in Standardwohnlagen nur um 0,8 Prozent. Spitzenmieten würden mit 13 Euro pro Quadratmeter monatlich nettokalt in der Dorotheenstadt und dem Scheunenviertel in Mitte verlangt und auch gezahlt. Auch in den Kudamm-Seitenstraßen sowie in Dahlem und Grunewald liegen die Mieten ähnlich hoch.
Im Bezirksranking führt der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf mit 8,60 Euro pro Quadratmeter monatlich in Vorzugslagen die Hitliste der Mietpreise an. Auf Platz zwei landet der Bezirk Steglitz-Zehlendorf, darauf folgt der Bezirk Mitte, in dem allerdings sehr unterschiedliche Preise in den Standardwohnlagen verlangt werden. Am günstigsten kann man nach dem IVD-Ranking in Neukölln und Lichtenberg neue Wohnungen anmieten. Auch in Vorzugswohngebieten liegt dort der durchschnittliche Nettomietpreis monatlich nicht über 5,75 Euro pro Quadratmeter. Ob allerdings die schmale Datenbasis für das Bezirksranking noch hinreichend belastbar ist, darf bezweifelt werden – erst recht, wenn nun in den Bezirken auch noch nach Baualter differenziert wird. Zweifel an den Daten äußert auch der Mietsachverständige Dr. Manfred Stelter im „Grundeigentum“: Wenn der IVD behaupte, der Berliner Mietspiegel 2009 suggeriere ein falsches Marktbild, dann sei die Frage nach Sinn und Unsinn einer derartigen Marktmietenübersicht zu stellen. Der Bundesgeschäftsführer des IVD, Rechtsanwalt Sven Johns räumt ein, dass der IVD-Marktmietspiegel ausdrücklich nicht in Konkurrenz zum Mietspiegel stehe, sondern eine Ergänzung der aktuellen Situation der marktüblichen Neuabschlussmieten darstelle.
BMV: Gebietsauswertung ausweiten
Die in der IVD-Marktübersicht ermittelten Tendenzen lassen sich im Übrigen auch aus den Untersuchungen zum Berliner Mietspiegel herleiten. Der weist zu 40 Prozent Neuvertragsmieten aus – soviel wie in bislang keinem Berliner Mietspiegel. Für eine bezirkliche Sonderauswertung mit dem Mietenvergleich von Neuvertragsmieten und Bestandsverhältnissen war daher genügend Datenmaterial vorhanden. Die Sonderauswertung bezog sich auf die City-West, Gesamt-Kreuzberg sowie Mitte mit Prenzlauer Berg. Der Mittelwert lag mit 5,79 Euro pro Quadratmeter in der City-West am höchsten und rund 20 Prozent über dem Berliner Durchschnitt. In Gesamt-Kreuzberg werden hingegen mit 4,16 Euro pro Quadratmeter deutlich niedrigere Mieten gezahlt als in Gesamt-Berlin. Die Analyse der Neuvertragsmieten zeigt allerdings eine einheitliche Tendenz. In allen drei Gebieten lagen die Neuvertragsmieten erheblich über den Bestandsmietverhältnissen. In Kreuzberg ist mit rund 30 Prozent die Abweichung sogar am höchsten. Diese Gebietsdatenauswertung sollte 2011 ausgeweitet werden, fordert der Berliner Mieterverein, um weitere Erkenntnisse über den Wohnungsmarkt zu erlangen. Dann brauche es auch keine Analysen anderer nicht repräsentativer Wohnungsmarktteilnehmer.
Reiner Wild
MieterMagazin 9/09
Laut IVD steigen die Mietpreise in Vorzugswohnlagen zurzeit am schnellsten (hier: Schützenstraße in Mitte)
Foto: Michael Jespersen
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Kein Vergleich zum Mietspiegel
Eine Vergleichbarkeit der IVD-Analyse mit dem Berliner Mietspiegel 2009 kann man aus mehreren Gründen nicht herstellen: Zum einen beinhaltet der offizielle Mietspiegel aus guten rechtlichen Gründen auch die Mieten bestehender Mietverhältnisse. Des Weiteren wird dieser nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt. Für die in der IVD-Marktmietenübersicht enthaltenen Mietwerte gilt dies nicht. Die Veröffentlichung des IVD unterscheidet sich daher auch nicht wesentlich von anderen Übersichten, seien sie nun die des Vermieterverbandes BBU, des Forschungsinstituts „empirica“ oder die Marktstudie von GSW/Jones Long LaSalle.
rw
06.06.2013