Das Volksbegehren „Unser Wasser“ ist in die zweite Runde gegangen: Bis Ende Oktober müssen 170.000 Unterschriften gesammelt werden, um die Verträge zur Privatisierung der Berliner Wasserbetriebe (BWB) offenzulegen, die für die hohen Wasserpreise verantwortlich sind.
Im Jahr 1999 hat der Senat 49,9 Prozent der BWB an ein Konsortium aus den Versorgungsunternehmen RWE und Vivendi (heute: Veolia) verkauft. Seither sind die Wasserpreise in Berlin so stark angestiegen, dass sie mittlerweile im bundesdeutschen Schnitt auf Höchstniveau liegen. Grund dafür sind Gewinngarantien, die den privaten Investoren zugesichert worden sind. Die Verträge der Teilprivatisierung sind nicht öffentlich.
Um Licht in die Vertragsgegebenheiten zu bringen und die Vereinbarung zu kippen, die auf Kosten der Verbraucher geht, hat die Initiative „Berliner Wassertisch“ 2007 ein Volksbegehren zur Offenlegung der Verträge gestartet. In der ersten Stufe sind mehr als 36.000 Unterstützerunterschriften gesammelt worden. Da Senat und Abgeordnetenhaus die Offenlegung weiter ablehnen, startete am 28. Juni die zweite Phase: Innerhalb von vier Monaten müssen 170.000 Unterschriften gesammelt werden. Bis zum 27. Oktober können alle in Berlin Wahlberechtigten in den Bürgerämtern, an neun Straßenständen und vielen anderen Orten für das Volksbegehren unterschreiben.
Im Juli erstritt die Grünen-Abgeordnete Heidi Kosche vor dem Berliner Verfassungsgerichtshof die Einsicht in die Privatisierungsverträge. Es ist allerdings zu befürchten, dass sie bei der Lektüre des rund 90.000 Seiten umfassenden Vertragswerks keine Fachleute hinzuziehen darf und zur Geheimhaltung verpflichtet wird. Eine wirkliche Offenlegung sieht also anders aus. „Solange nicht alle Berliner sich die Verkaufsverträge von 1999 selber ansehen können, so lange muss die zweite Stufe des Volksbegehrens weiter vorangetrieben werden“, sagt Heidi Kosche.
Im ersten Monat haben knapp 14.000 Berliner unterschrieben. Wenn genug Unterschriften zusammen kommen und der Senat nicht einlenken sollte, kommt es – wie zuletzt beim Begehren zum Flughafen Tempelhof – zum Volksentscheid. „Wenn wir eine vergleichbare Berichterstattung wie zum Erhalt des Flughafens Tempelhof bekommen, mache ich mir um die 170.000 Unterschriften keine Sorge“, sagt Wassertisch-Sprecher Thomas Rudek.
Jens Sethmann
MieterMagazin 9/10
Berlins Wasseraktivisten wollen die Offenlegung der Senatsverträge per Volksbegehren erstreiten
Foto: Berliner Wassertisch
Weitere Informationen
und Unterschriftenlisten zum Selbstausdrucken unter
www.berliner-wassertisch.net
01.06.2013