Alleinerziehende spüren die zunehmende Wohnungsnot in Berlin besonders drastisch (MieterMagazin 6/12, Seite 25: „Alleinerziehende – Familienstatus mit Hochrisiko“). Die Probleme verschärfen sich, wenn Alleinerziehende von Arbeitslosengeld II beziehungsweise von Sozialhilfe leben müssen.
Nach der am 1. Mai 2012 in Kraft getretenen Wohnaufwendungenverordnung (WAV) des Berliner Senats sind die Richtwerte für die „angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft“ immer noch zu niedrig. Die Obergrenzen werden lediglich nach den Werten für einfache Wohnlagen berechnet, wo es gerade für wohnungssuchende Alleinerziehende kaum Angebote gibt. Alleinverdiener und Hartz-IV-Bezieher mit Kindern müssen bei Neuanmietungen mit Doppelverdienern um Wohnraum konkurrieren. Sie benötigen größere Wohnflächen bei geringeren Einkommen. In der Innenstadt finden sie deshalb keinen bezahlbaren Wohnraum mehr. Durch erzwungene Umzüge verlieren sie und ihre Kinder ihre sozialen Bezüge zum Kiez. Am Rand Berlins steigt die Zahl der Hartz-IV-Bezieher und Geringverdiener mit Kindern.
Alleinerziehende mit einem Kind dürfen die Wohnkosten bei bestehendem Mietverhältnis um 10 Prozent überschreiten, für Alleinerziehende mit mehreren Kindern gelten Härtefallregeln – bis zu einer vage gehaltenen Kulanzgrenze. Auch bei Neuanmietung dürfen Alleinerziehende mit einem Kind oder mehreren Kindern die Obergrenze um 10 Prozent überschreiten – wenn nachweislich Wohnungslosigkeit droht. Bei Neuvermietungen liegen die Preise jedoch oft 30 Prozent über der Vergleichsmiete.
„Diese starre 10-Prozent-Regel muss dringend aufgehoben werden“, fordert Nancy Schreiber, die mit einigen Betroffenen die Initiative „Wohnungsnot mit Kind“ gegründet hat. Ihr Ziel: „Aufmerksamkeit für die brisante Lage von Alleinverdienern und alleinerziehenden Hartz-IV-Beziehern mit Kindern zu erlangen und mit anderen Akteuren und Mieterinitiativen eine Bewegung zu unterstützen, die auf die Notwendigkeit der (Wieder-)Einführung von Instrumenten zum Mieterschutz drängt.
Der diskriminierungsfreie Zugang zu Wohnraum muss für Ein-Eltern-Familien gesichert sein. „Für Alleinerziehende“, fordert deshalb Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, „müssen Sonderregelungen geschaffen werden.“
Rainer Bratfisch
MieterMagazin 9/12
Für Alleinerziehende sind die Hartz-IV-Regelungen völlig unzureichend
Foto: Sabine Münch
20.03.2013