Verschnaufpause für die verärgerten Anwohner im Crellekiez: Das Oberverwaltungsgericht Berlin ordnete kürzlich an, die Fällung der drei Linden, die einem geplanten Wohnungsneubau in der Crellestraße 22 a im Weg stehen, bis Ende September auszusetzen. Man wolle die Zeit nun nutzen, um die juristischen Möglichkeiten gegen das Bauvorhaben auszuloten, sagte die Sprecherin der Anwohnerinitiative „Crellekiez Zukunft“, Anja Jochum.
Die Umweltorganisation BUND hatte in einem gerichtlichen Antrag einen Fäll-Stopp erwirkt, da Bäume während der Vegetationsperiode nicht gefällt werden dürfen. Der Investor, die „psg property service group“, will nun versuchen, mittels Ausnahmegenehmigung die Bäume doch noch früher abzuholzen. Ob er damit Erfolg hat, war bei Redaktionsschlusses offen.
Während die drei Linden nun vorerst einen verlängerten Sommer erleben, lässt der Streit um das Bauprojekt nicht nach. Die „psg“ will ein siebenstöckiges Gebäude mit Zwei- bis Vierzimmerwohnungen errichten, davon laut eigener Angabe 65 Prozent Eigentums- und 35 Prozent Mietwohnungen. Sie eckt damit auf vielerlei Weise bei einigen alteingesessenen Kiezbewohnern an. „Dieses Bauprojekt ist völlig überdimensioniert“, wirft Anja Jochum dem Investor, vor allem aber dem Bezirksamt vor, das diesen Neubau genehmigte.
Der Crellekiez ist eine Straße mit fast bilderbuchhaft schön aneinandergereihten Gründerzeitbauten, um dessen Pracht die Kiezinitiative nun bangt. 2000 Unterschriften hat sie bereits von Gegnern des Bauprojekts in der Umgebung gesammelt. „Der geplante Bau stellt die angrenzenden Altbauten in seinen Schatten“, prophezeit Jochum. Besonders verärgert ist die Nachbarschaftsinitiative aber auch darüber, dass die Baugenehmigung erteilt wurde, ohne die Bürger an dem Verfahren zu beteiligen.
Die Baustadträtin von Tempelhof-Schöneberg, Sibyll Klotz (Bündnis90/Die Grünen), gesteht ein, dass auch sie „etwas weniger Baumasse“ besser fände, beruft sich aber auf eine Rechtslage, die eindeutig sei: Ein Bau müsse genehmigt werden, wenn er bestimmte Kriterien wie etwa die Art der Nutzung oder die Gebäudemaße einhalte.
Der Investor will sich durch den unerwarteten Gegenwind nicht davon abhalten lassen, sein Bauvorhaben zu realisieren. „Das wird so wie geplant stattfinden“, lässt die Firma über eine Presseagentur mitteilen.
Wiebke Schönherr
MieterMagazin 9/13
Protest gegen das Bauvorhaben im Schöneberger Crelle-Kiez
Foto: Wiebke Schönherr
24.09.2013