Im Jahr 2035 werden in Berlin rund 931.000 Menschen leben, die älter als 65 Jahre sind – ein Drittel mehr als heute. Die Zahl der Pflegebedürftigen wird von 110.000 auf 174.000 steigen. Der Wohnungsmarkt ist darauf nicht vorbereitet.
Das Verbändebündnis „Wohnen 65plus“, zu dem unter anderem der Deutsche Mieterbund, der Sozialverband VdK und die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt gehören, hat das Pestel-Institut in Hannover mit einer Studie zu den gegenwärtigen und künftigen Wohnbedingungen von Senioren beauftragt. Das Ergebnis ist erschreckend: Den Rentnern in Deutschland droht der soziale „Wohn-Abstieg“. Bundesweit fehlen 2,5 Millionen Senioren-Wohnungen, es droht eine Explosion der Pflegekosten.
Für 2035 erwartet das Pestel-Institut fast 33 Milliarden Euro Kosten der Pflegeversicherung – das bedeutet ein Plus von 50 Prozent gegenüber heute. Die Hilfe zur Pflege als staatliche Sozialleistung wird um das Fünffache auf 18 Milliarden Euro steigen. Niemand weiß, woher diese Milliarden kommen sollen.
Ein Teil dieser Ausgaben ließe sich vermeiden, wenn es mehr seniorengerechte Wohnungen gäbe, die eine ambulante Pflege zu Hause ermöglichten, denn diese kostet im Jahr rund 7200 Euro weniger als die stationäre Pflege. Der barrierefreie Umbau einer Wohnung schlägt dagegen nur mit durchschnittlich 15.600 Euro zu Buche. „Rein wirtschaftlich betrachtet lohnt es sich also, in das altersgerechte Bauen und Sanieren zu investieren“, so Matthias Günther vom Pestel-Institut. Nur 540 Millionen Euro Fördermittel jährlich müssten in den kommenden acht Jahren bereitgestellt werden, um die notwendigen rund 2,5 Millionen zusätzlichen Senioren-Wohnungen zu schaffen – eine kostengünstige Alternative zur teuersten Versorgungsform, dem Pflegeheim.
Zurzeit sind in den Haushalten von Bund und Ländern allerdings keine Mittel für den altersgerechten Umbau von Wohnungen vorgesehen. Das muss sich ändern, fordern die Verbände. „Sonst steuern wir geradewegs auf eine große Alterswohnungsnot zu“, so Lukas Siebenkotten, Direktor des Deutschen Mieterbundes. Er kann sich sogar Umzugsprämien und staatliche Mietzuschüsse für Senioren vorstellen, die in kleinere Wohnungen ziehen.
Rainer Bratfisch
MieterMagazin 9/13
Barrierefreier Umbaukommt preiswerter als die Heimpflege
Foto: Nils Richter
15.11.2013