Als das Markt- und Meinungsforschungsinstitut „forsa“ im Juni 2014 im Auftrag des „Verbraucherzentrale Bundesverbandes“ die Bevölkerung fragte, ob es der Großen Koalition gelingen würde, die Energiewende zum Erfolg zu führen und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass die Energie- und Stromkosten bezahlbar bleiben, antworteten nur 25 Prozent der Befragten mit Ja. Bei einer „emnid“-Umfrage im Dezember 2013 waren es noch 39 Prozent. Inzwischen ist die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) in Kraft getreten. Es wird immer deutlicher: Die Verlierer der Energiewende sind die Verbraucher.
Der Energiemarkt befindet sich im Wandel. Lieferten früher 400 bis 500 Großkraftwerke den Strom, gibt es künftig Millionen dezentraler, fluktuierender Energieerzeuger – von Blockheizkraftwerken über Photovoltaikanlagen bis hin zu den Batterien von Elektromobilen -, die sich zu einem unsichtbaren Großkraftwerk formieren. Das erfordert eine bedarfsgerechte Steuerung der Erzeuger, Speicher und Netze, damit die Versorgung zuverlässig, umweltverträglich und kosteneffizient bleibt.
„In den kommenden Jahren werden die erneuerbaren Energien zur dominierenden Stromquelle. Damit beginnt eine neue Phase der Energiewende“, verspricht Sigmar Gabriel in der 10-Punkte-Energie-Agenda des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi). Das Wort „Verbraucher“ kommt in dem elfseitigen Papier nicht vor. Dabei sind es die Privatverbraucher, die bereits heute 6,24 Cent EEG-Umlage pro Kilowattstunde zahlen. 2012 waren es noch 3,59 Euro. In diesem Jahr zahlen die privaten Haushalte 8,3 Prozent der gesamten EEG-Umlage. Die energieintensiven Betriebe erhalten dagegen Rabatte, angeblich um sie gegenüber ausländischen Unternehmen konkurrenzfähig zu halten.
Steuern und staatliche Abgaben machen heute bereits 52 Prozent der Stromrechnung der privaten Verbraucher aus. Aber damit nicht genug: Sie werden gleich doppelt zur Kasse gebeten. U- und S-Bahnen sowie Straßenbahnen müssen ab Januar 2015 20 Prozent der vollen EEG-Umlage bezahlen. Bisher waren es nur 11 Prozent. Das wird zu steigenden Preisen im öffentlichen Personennahverkehr führen.
Fest steht: Mehr als bisher wird der Verbraucher zum Akteur auf dem Energiemarkt – durch Stromeinsparungen, aber auch durch bewusstere Nutzung des Stroms. Vielleicht hängt bald die Höhe der Stromrechnung davon ab, zu welcher Tageszeit man seine Wäsche wäscht? Das bedingt eine Reform der Stromentgelte. Intelligente Stromzähler machen es möglich. Mit der Wahl ihres Stromtarifs bestimmen die Verbraucher bereits heute, ob sie ausschließlich erneuerbare Energien oder auch konventionelle Kohlekraftwerke mitfinanzieren. Aber auch wer ausschließlich Ökostrom nutzt, bezahlt die alten Kohlekraftwerke mit, die sich schon längst nicht mehr rentieren und einen Großteil des Stroms exportieren. Im Juli hat Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel angekündigt, dass Verbraucher künftig eine transparente Stromrechnung mit einer genauen Auflistung der Anteile von Stromsteuer und EEG-Umlage erhalten sollen. Schließlich zahlen vorwiegend sie die Energiewende, deren Kosten heute noch keiner beziffern kann.
Rainer Bratfisch
MieterMagazin 9/14
Die Energiewende soll die Erneuerbaren zur dominierenden Stromquelle machen
Foto: Siemens Pressebild
29.09.2014