„Wir werden die Mieten im Sozialen Wohnungsbau wieder sozial gerecht gestalten“, verspricht Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD). Die Reformvorschläge weisen für den Berliner Mieterverein (BMV) in die richtige Richtung. Sie gehen auf den Bericht einer Expertengruppe zurück, die der Senat als Reaktion auf das Mietenvolksbegehren einberufen hat.
Senator Geisel will die Miethöhen in den Sozialwohnungen an die Einkommen der Bewohner koppeln. Ihm schweben drei Stufen vor: Die niedrigste soll für die 38 Prozent der Sozialmieter gelten, die auf Transferleistungen wie Arbeitslosengeld oder Grundsicherung angewiesen sind. „Für diese könnten wir uns eine Nettokaltmiete von 5,25 Euro pro Quadratmeter vorstellen“, sagt Geisel. Für die 22 Prozent, die mehr verdienen, aber noch unterhalb der Einkommensgrenze für einen Wohnberechtigungsschein (WBS) bleiben, stellt sich die Senatsverwaltung eine Miethöhe von 5,75 Euro vor. Für die 40 Prozent der Sozialmieter, die inzwischen ein höheres Einkommen haben, denkt Geisel an eine Größenordnung von 6,75 Euro pro Quadratmeter. „Diese ,Fehlbeleger‘ zahlen eine etwas höhere Miete, ohne dass sie ausziehen müssten, denn wir wollen eine gemischte Belegung“, sagt Geisel. Ein Wiederaufleben der Fehlbelegungsabgabe sei das nicht. „Die war viel höher und hat zur Entmischung beigetragen“, so der Senator.
Bei den Sozialwohnungen ohne Anschlussförderung sollen die Mieten bei der ortsüblichen Vergleichsmiete gekappt werden. Hier können die Eigentümer die Mieten heute noch auf einen Schlag auf die Kostenmiete anheben, die im Schnitt bei 13 Euro pro Quadratmeter liegt. „Dieses Damoklesschwert für die Mieter muss abgeschafft werden“, sagt Geisel. „Mit dieser Maßnahme werden rund 19.000 verloren geglaubte Sozialwohnungen wieder sicher und bezahlbar gemacht.“ Die Gesetze dazu sollen 2017 beschlossen und ab 2018 umgesetzt werden.
Zunächst hat der Senat drei Sofortmaßnahmen eingeleitet: Die Zinsen für die Förderdarlehen sind bereits gesenkt worden. Die Senkung der Erbbauzinsen landeseigener Grundstücke ist allerdings vom Abgeordnetenhaus zurückgestellt worden. Beide Maßnahmen sollen dazu führen, die tatsächlichen Mieten auf 6 Euro pro Quadratmeter zu begrenzen und den rapiden Schwund der Sozialwohnungsbestände aufzuhalten. Als dritte Sofortmaßnahme sollen die rechtlichen Nachteile von Sozialmietern gegenüber dem allgemeinen Mietrecht abgebaut werden.
„Dass Senator Geisel eine grundsätzliche Reformgesetzgebung angekündigt hat, begrüßen wir“, sagt BMV-Geschäftsführer Reiner Wild. Das neue Modell der einkommensorientierten Miete unterstützt der BMV. Mit den vorgeschlagenen Miethöhen ist er aber noch nicht einverstanden, weil der Abstand zum freifinanzierten Wohnungsbau nicht ausreicht. Der BMV verlangt auch einen differenzierten Wohnberechtigungsschein, damit auch ärmere Sozialmieter nicht chancenlos werden. In der Senatsverwaltung gibt es Überlegungen, die WBS-Einkommensgrenzen abzusenken.
Jens Sethmann
Bund stockt Mittel auf
Der Bund gibt den Ländern in den Jahren 2017 und 2018 jeweils zusätzlich 500 Millionen Euro für den Sozialen Wohnungsbau. Berlin bekommt pro Jahr 25 Millionen Euro zusätzlich und muss aus eigenen Mittel dieselbe Summe drauflegen. „Das erlaubt uns den Bau von 3500 Sozialwohnungen im Jahr 2017 und von 5000 Sozialwohnungen im Jahr 2018“, rechnet Geisel vor.
js
Bericht der Expertengruppe zur Reform des Sozialen Wohnungsbaus: www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/sozialer_wohnungsbau/reform/
Die drei von den Oppositionsfraktionen benannten Mitglieder der Expertengruppe, Sebastian Jung, Johannes Ludwig und Martin Schwab, haben abweichende Minderheiten-Empfehlungen ausgesprochen und ausführlich erläutert: www.anstageslicht.de/swb
31.08.2016