ACHTUNG:
Das Bundesverfassungsgericht hat am 15.4.2021 den Berliner Mietendeckel für verfassungswidrig erklärt – mit rechtlichen Folgen für Mieterinnen und Mieter.Was Mieterinnen und Mieter jetzt wissen müssen
24 Fragen und Antworten zur mietrechtlichen Rückabwicklung des Mietendeckels
24 Fragen und Antworten zur mietrechtlichen Rückabwicklung des Mietendeckels
Die hier folgenden Hinweise zur Nutzung des Mietendeckels sind damit überwiegend hinfällig.
In Bayern hat der dortige Verfassungsgerichtshof das Volksbegehren „6 Jahre Mietenstopp“ für unzulässig erklärt. Während einige Kritiker meinen, dass damit auch der Berliner Mietendeckel tot sei, sieht der Berliner Mieterverein (BMV) keine Vergleichbarkeit mit dem Bayerischen Volksbegehren und ist zuversichtlich, dass der Mietendeckel vor dem Bundesverfassungsgericht standhält.
In Bayern wollte ein Volksbegehren in 162 Städten und Gemeinden die Mieten für sechs Jahre auf dem Stand von 2019 einfrieren. Die notwendigen Unterschriften kamen locker zusammen, doch das Innenministerium des Freistaats lehnte die Initiative ab. Das Mietrecht sei Bundes- und nicht Ländersache. Die bayerischen Verfassungsrichter sehen das ebenso. Das Volksbegehren wurde deshalb nicht zugelassen.
„Die Münchner Entscheidung ist ein klares Signal für Berlin“, meint Maren Kern, Vorstand des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU). „Damit dürfte auch der Berliner Mietendeckel hinfällig sein“, so Jürgen Michael Schick, Präsident des Immobilienverbandes IVD. Christian Gräff, Baupolitiker der Berliner CDU-Fraktion, will den „Verfassungsbruch jetzt stoppen“.
Der Berliner Mieterverein (BMV) ist hingegen optimistisch, dass der Mietendeckel vom Bundesverfassungsgericht bestätigt wird. „Das Berliner Mietendeckel-Gesetz ist, anders als das bayerische Volksbegehren, eine öffentlich-rechtliche Mietpreisregulierung“, sagt der BMV-Vorsitzende Rainer Tietzsch. Mit der Föderalismusreform des Grundgesetzes von 2006 wurde die Zuständigkeit für das Wohnungswesen vom Bund an die Länder übertragen. „Deswegen sind wir davon überzeugt, dass das Land die Kompetenz für einen Mietendeckel hat“, so Tietzsch.
Die Karlsruher Richter werden auch prüfen, ob der Mietendeckel notwendig und verhältnismäßig ist. Doch die dramatischen Mietsteigerungen der letzten Jahre sind bestens dokumentiert. Fast 40 Prozent der Berliner Mieter müssen mehr als 30 Prozent ihres Einkommens für die Bruttokaltmiete ausgeben. Es fehlen 194.000 Wohnungen bis zum Jahr 2030. Die Leerstandsquote liegt schon lange unterhalb der zwei Prozent, die als Mindestmaß für einen ausgeglichenen Wohnungsmarkt gelten. BMV-Geschäftsführer Reiner Wild fasst zusammen: „Der Mietendeckel ist zweifelsohne ein Eingriff in das Eigentumsrecht – aber aus unserer Sicht verhältnismäßig.“
Berliner Gerichte uneins
In der Rechtsprechung der Berliner Amtsgerichte wird der Mietendeckel überwiegend nicht in Frage gestellt. Nur zwei Abteilungen der Amtsgerichte Mitte und Schöneberg äußern Bedenken. Das Landgericht Berlin ist gespalten. Zwei Kammern haben an der Rechtmäßigkeit keine Zweifel, die 67. Kammer hält das Gesetz jedoch für verfassungswidrig und hat es dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Dort ist neben weiteren Verfassungsbeschwerden auch eine Normenkontrollklage von Bundestagsabgeordneten der CDU/CSU und FDP anhängig. Der BMV ist vom Verfassungsgericht aufgefordert worden, eine Stellungnahme zum Mietendeckel abzugeben. Eine Entscheidung der Bundesverfassungsrichter wird in diesem Jahr nicht mehr erwartet.
Jens Sethmann
Mietendeckel kurzgefasst
Mit dem Mietendeckel sind die Mieten auf dem Stand vom 18. Juni 2019 eingefroren. Sie können erstmals 2022 um die Inflationsrate angehoben werden. Bei Wiedervermietungen darf die Miete nicht höher als beim Vormieter sein und auch nicht über einer vom Mietendeckel festgelegten Obergrenze liegen. Modernisierungen dürfen die Miete um höchstens 1,00 Euro pro Quadratmeter ansteigen lassen. Ab Ende November 2020 werden Mieten, die mehr als 20 Prozent über der Obergrenze liegen, abgesenkt. Der Mietendeckel gilt für alle 1,5 Millionen freifinanzierten Wohnungen in Berlin, nicht jedoch in Neubauten ab 2014, im Sozialen Wohnungsbau, in Wohnungen, die mit öffentlichen Mitteln modernisiert wurden, in Wohnheimen und Trägerwohnungen.
js
www.berliner-mieterverein.de/mietendeckel.htm
23.09.2021