Die kleinen Insekten hinterlassen juckende Stiche und verbreiten Panik unter ihren „Wirtsleuten“. Wer Bettwanzen in der Wohnung vermutet, sollte besonnen reagieren, sonst breiten sie sich immer weiter aus. Ihre Bekämpfung muss Profis überlassen werden. Adam Tesmer ist einer von ihnen.
MieterMagazin: In Ihrem Familienunternehmen sind Sie der Profi für Bettwanzen. Haben Sie viel zu tun?
Tesmer: Und ob, ich bin quer durch die Stadt unterwegs. Heute Vormittag werde ich in Marzahn erwartet, am Nachmittag im Wedding. Beide Male geht es um einen Befall in Mietshäusern. Aber unsere Auftraggeber sind beispielsweise auch Hotels und Kinos. Waren es früher zwei bis drei solcher Aufträge im Monat, so sind es heute zwei bis drei pro Tag – und mitunter kommen Hilferufe mitten in der Nacht, denn wir sind rund um die Uhr erreichbar. Um es klar zu sagen: Berlin hat ein gewaltiges Bettwanzenproblem.
MieterMagazin: Woran liegt das?
Tesmer: Sie haben gute Verbreitungsmöglichkeiten. In Plattenbauten wandern sie durch Leitungsschächte von Wohnung zu Wohnung, in den Altbauten finden sie immer Ritzen und Gänge, über die sie die Nachbarn erreichen. Das tun sie übrigens dann, wenn es in der ursprünglichen Wirtswohnung „zu voll“ wird, also zu viele Artgenossen vorhanden sind. Da Bettwanzen einen ausgezeichneten Geruchssinn haben, riechen sie, dass oben oder nebenan auch Menschen leben.
MieterMagazin: Eine grausige Vorstellung. Das heißt aber auch, ich sollte sie so früh wie möglich entdecken. Worauf muss ich achten?
Tesmer: Erst einmal an den Stichen in einer Reihe hintereinander, an der sogenannten Wanzenstraße. Die liegt meist im Bereich des Oberkörpers, und die Bissstellen jucken. Wer das bei sich bemerkt, sollte aber erst einmal überlegen: Könnten es auch Mückenstiche sein? Oder vielleicht eine allergische Reaktion? Wenn ich aber aus dem Urlaub gekommen bin, kürzlich in einem Hotel übernachtet habe oder im Kino war, sollte ich Bettwanzen in Betracht ziehen. Nach einer Weile hinterlassen die Schädlinge Kotspuren auf dem Lattenrost des Bettes: kleine feste dunkle Punkte, die sich mit einer feuchten Fingerkuppe verwischen lassen. Das ist ein untrügliches Zeichen für Bettwanzen. Und dann brauchen Sie rasch einen profilierten und anerkannten Schädlingsbekämpfer. Ich komme innerhalb von ein bis zwei Werktagen und habe übrigens fast immer Taylor dabei …
MieterMagazin: … Ihren Spürhund.
Tesmer: Der ist auf Bettwanzen trainiert und findet selbst kleinste Nester in wenigen Minuten. Übrigens wirkt er auf unsere Kunden auch beruhigend. Denn viele reagieren mit Panik auf den Schädlingsbefall. Wie Sie schon sagten: Bettwanzen sind eine grausige Vorstellung. Und obendrein schämen sich viele Menschen. Man möchte nicht, dass es bekannt wird.
MieterMagazin: Könnte ich die Bekämpfung auch allein angehen?
Tesmer: Bettwanzen müssen mit Insektiziden bekämpft werden, zu denen nur Schädlingsbekämpfer mit Sachkundenachweis Zugang haben. Aber auch da Vorsicht: Es tummeln sich dubiose Anbieter und Betrüger auf diesem Markt. Professionelle und seriöse Firmen finden sich etwa im Berliner Schädlingsbekämpfungsverein. Diese gehen auch transparent und verlässlich mit ihren Preisen um.
MieterMagazin: Was kommen denn da für Kosten auf mich zu?
Tesmer: Das hängt vom Befall ab. Für die Bekämpfung in einer Wohnung sind das zwischen 250 und 450 Euro. Zu zahlen vom Verursacher, also beispielsweise vom Mieter. Man sollte einen Befall auch unbedingt dem Vermieter melden. Inzwischen gibt es übrigens kluge Hausverwaltungen, die solche Kosten übernehmen. Denn wenn jemand schamhaft schweigt, vielleicht selbst herumprobiert, können sich die Schädlinge immer weiter ausbreiten. So wurden wir zu einem Mietshaus gerufen, in dem bereits nahezu alle Wohnungen befallen waren. 15.000 Euro hat das den Vermieter gekostet, denn der eigentliche Herd und damit ein Verursacher ließ sich längst nicht mehr feststellen.
Interview: Rosemarie Mieder
Lichtscheue Gesellen
Die kleinen, rötlich-braunen Insekten mit der ovalen Körperform stammen ursprünglich aus dem Mittleren Osten und anderen Teilen Asiens. Sie sind lichtscheu und halten sich dort auf, wo es ruhig und dunkel ist. Da sie sich von menschlichem Blut ernähren, nisten sie sich in der Nähe ihrer „Wirtsleute“ ein, das sind in der Regel die Betten in den Schlafzimmern. Sie finden sich hinter Bilderrahmen, Scheuerleisten, Steckdosen und in den Ritzen von Polstermöbeln. Angezogen werden sie auch von Körperwärme, Körpergerüchen und dem Kohlendioxid (CO2), dass wir beim Ausatmen abgeben. Werden sie entdeckt, ist Eile geboten: Da die Weibchen alle fünf Tage Eier legen und die nach fünf bis sechs Tagen schlüpfen, vermehren sie sich rasend schnell.
rm
Berliner Verband der Schädlingsbekämpfer:
www.kammerjaegerverein-berlin.de
01.01.2021