Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat in einer Untersuchung festgestellt, dass die durchschnittliche Wohnkostenbelastung nahezu unverändert ist und spricht angesichts der Klagen über hohe Mietbelastungen von „falschem Alarm“. Der Deutsche Mieterbund (DMB) weist das zurück. Gerade untere Einkommensgruppen müssen immer mehr für das Wohnen ausgeben.
Der IW-Studie zufolge sind die Nettomieten in den sieben größten deutschen Städten zwischen 2010 und 2018 jährlich um 4,7 Prozent gestiegen – am stärksten in Berlin mit 6 Prozent pro Jahr. Gleichzeitig seien aber auch die Einkommen der Mieterhaushalte um knapp sieben Prozent pro Jahr angewachsen. Der Anteil der Wohnkosten am Einkommen läge deshalb nahezu konstant bei 25 Prozent. „Falscher Alarm am Mietmarkt“, schließt das IW daraus. „Die meisten Haushalte in Deutschland sind nicht von einer steigenden Wohnkostenbelastung betroffen.“
„Das spiegelt nicht die Realität von Millionen von Mieterinnen und Mietern wider“, kommentiert DMB-Präsident Lukas Siebenkotten. Für Haushalte mit unterdurchschnittlichen Einkommen ist die Wohnkostenbelastung keineswegs konstant. Die IW-Studie selbst verzeichnet bei Arbeitslosen eine Wohnkostenbelastung von 37 Prozent, bei geringfügig Beschäftigten von 33 Prozent. Darin sind die Heizkosten noch nicht einmal enthalten. „Die Quote ist besonders hoch für arme Haushalte, Großstädter, Singles, Neuvertragsmieter und Rentner“, so Siebenkotten.
Um Mieter zu schützen, fordert der DMB dringend, Mieterhöhungen im Bestand und bei Neuvertragsmieten zu begrenzen. Die Wirtschaftsforscher vom IW folgern aus ihrer Studie hingegen, dass das Wohngeld erhöht werden solle und Sozialwohnungen nur befristet vermietet werden, „damit der Bedarf regelmäßig überprüft werden kann“. Das hieße, ausgerechnet den schwächsten Mietern würde eine unsichere Wohnperspektive zugemutet.
Jens Sethmann
27.08.2020