Was muss getan werden, damit eine Krankenschwester oder ein Feuerwehrmann sich noch eine Wohnung in der Innenstadt leisten können? Mit dieser Frage beschäftigte sich ein Mieterforum, zu dem die Bezirksgruppe Mitte des Berliner Mietervereins die fünf Direktkandidaten des Bezirks für den Bundestag geladen hatte. Diskutiert wurde fair, aber kontrovers.
Es fing harmonisch an. Dass bezahlbares Wohnen eine der drängendsten sozialen Fragen ist – darin waren sich an diesem Abend des 6. August alle einig. Auch dass mehr Wohnungen gebaut werden müssen, bestritt niemand. Stephan Mayer (CSU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesbauministerium, erklärte, dass die Bundesregierung von den anvisierten 1,5 Millionen neuer Wohnungen in dieser Legislaturperiode 1,2 Millionen geschafft hat. Das Problem: Es werden überwiegend Eigentumswohnungen und hochpreisige Mietwohnungen gebaut, wie BMV-Geschäftsführer Reiner Wild einwarf. „Jede Wohnung, die neu gebaut wird, nimmt Druck vom Wohnungsmarkt, weil dadurch eine andere frei wird“, argumentierte Anna Kryszan von der FDP. Ebenso wie die Vertreter von AfD und CDU beharrte sie auf der Theorie des sogenannten „Sickereffekts“. „Solche Umzugsketten existieren nicht“, entgegnete Wild. Noch keine Stadt habe es geschafft, nur über den Neubau die Mieten zu senken, erklärte auch Martin Neise (Linke). Selbst New York hat einen Mietendeckel.
Moderator Thomas Suckow von der Bezirksgruppe Mitte des BMV hakte immer wieder nach und forderte konkrete Antworten auf die Frage, wie bezahlbares Wohnen zu erreichen ist, auch im Bestand. Während die Mietpreisbremse überraschenderweise von allen Diskutanten für sinnvoll erachtet wird, lehnen Mayer ebenso wie die Vertreter von CDU, FDP und AfD weitere mietpreisregulierende Vorschriften, etwa einen bundesweiten Mietendeckel, als „investorenfeindlich“ ab. Man müsse die Mietpreisbremse schärfen, Ausnahmen für möblierte Wohnungen abschaffen und die Umwandlung in Ferienwohnungen eindämmen, forderte dagegen Hanna Steinmüller (Bündnis 90/Die Grünen). Dem schloss sich Annika Klose von der SPD weitgehend an.
Für Harald Laatsch, wohnungspolitischer Sprecher der AfD, ist die Sache klar: Überzogene ökologische Auflagen der öffentlichen Hand würden die Baukosten in die Höhe treiben. Die Lösung: Man sollte Mieter finanziell unterstützen, damit jeder Eigentum bilden kann. Auch Ottilie Klein (CDU) findet den Gedanken einer Eigentümerrepublik „charmant“. Da platzte Martin Neise von den Linken der Kragen: „Wovon soll sich die Krankenschwester eine Eigentumswohnung leisten?“ Ein bundesweiter Mietendeckel und die Deckelung der Bodenpreise seien unerlässlich.
Bei der Frage der Enteignung und dem Volksbegehren ging es dann erwartungsgemäß hoch her, wobei die Positionen wenig Überraschendes boten. Während die AfD eine neue Wohnungswirtschaft à la DDR hinter dem Bündnis wittert, zeigten sich Linke und Grüne überzeugt: Ohne Vergesellschaftung geht es nicht.
Birgit Leiß
26.08.2021