Der Senat hat einen Entwurf für ein Schneller-Bauen-Gesetz beschlossen. Aus den Bezirken kommt Kritik. Die Reinickendorfer Stadträtin für Stadtentwicklung, Korinna Stephan (Grüne) vermutet hinter dem Baubeschleunigungsgesetz, dass sich der Senat eine schnelle Eingriffsmöglichkeit bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Bezirken und Land sichern will.
MieterMagazin: Was kritisieren Sie am Gesetzentwurf?
Stephan: Durch das Eingriffsrecht der Senatsverwaltung im Genehmigungsverfahren werden Doppelstrukturen geschaffen. Das Eingriffsrecht existierte ja auch schon vor dem Schneller-Bauen-Gesetz, aber es kann zukünftig auch dann ausgeübt werden, wenn dringende Gesamtinteressen Berlins nur indirekt betroffen sind. Durch die Verlagerung von bestimmten Baugenehmigungs- oder Widerspruchsverfahren auf die Senatsverwaltungsebene werden ebenfalls Doppelstrukturen geschaffen. Mitarbeitende müssen dann sowohl dort als auch auf Bezirksebene zur Verfügung stehen. Woher dieses Personal kommen soll, ist bisher ungeklärt.
Auch mein Ziel ist es, den erforderlichen Wohnungsbedarf, vor allem im bezahlbaren Segment, in Berlin zu decken. Aber dafür sind wir in den Bezirken gut aufgestellt. Die Senatsverwaltung ist „viel zu weit weg“ von dem, was wirklich vor Ort relevant ist. Das Schneller-Bauen-Gesetz ist aus meiner Sicht entstanden, um die Fälle zu regeln, in denen die politische Zielsetzung auf Bezirksebene von der politischen Zielsetzung auf Senatsebene abweicht.
MieterMagazin: Welche Ansätze des Gesetzes halten Sie für sinnvoll?
Stephan: Am besten gefällt mir die Bauantragskonferenz. Hier können alle wesentlichen Zielsetzungen eines Bauvorhabens bereits in einer frühen Phase interdisziplinär diskutiert werden. Ebenfalls positiv sehe ich die Einführung von Fristen auch für die Hauptverwaltung.
MieterMagazin: Wie könnte man sonst den Wohnungsbau beschleunigen?
Stephan: Planungs- und Baugenehmigungsverfahren könnten beschleunigt werden, wenn die Zuständigkeiten im Land Berlin klarer geregelt und mit mehr eigenständiger Verantwortung ausgestattet würden. Derzeit wäre das wichtigste Thema zur Wohnungsbaubeschleunigung allerdings die Baukostenreduktion. Die Vielzahl von Normen, zum Beispiel zum Brandschutz und Schallschutz führt zu sehr hohen Kosten. Dieses Thema wird vom jetzigen Gesetz ebenso wenig adressiert wie das der Spekulation mit Grundstücken, die die Grundstückspreise in die Höhe treibt und häufig dazu führt, dass nicht zu bauen lukrativer ist als
zu bauen.
Das Interview führte Jens Sethmann.
28.08.2024