Man sieht sie immer häufiger: Elektromobile, auch Senioren-Scooter genannt. Wenn der Rollator nicht mehr ausreicht, ein Rollstuhl aber (noch) nicht notwendig ist, verhelfen sie Menschen mit Gehschwierigkeiten zu mehr Mobilität. Doch bei der Benutzung im Wohnbereich kann es Probleme geben.
Empört hatte sich ein Mieter an die Beratungsstelle des Berliner Mietervereins gewandt. Sein Vermieter, die städtische Wohnungsbaugesellschaft Howoge, habe ihm unter Androhung von Schadensersatzforderungen untersagt, mit seinem E-Mobil den Aufzug zu benutzen oder es auf den Gemeinschaftsflächen abzustellen. Begründet wurde das zum einen mit der Brandgefahr durch die Akkus, zum anderen sei es durch derartige Benutzungen bereits zu Beschädigungen des Fahrstuhls gekommen. Den Berliner Mieterverein (BMV) überzeugte diese Argumentation nicht. „Auch ein Toaster brennt mal, und Handyladegeräte haben ebenfalls schon Wohnungsbrände ausgelöst“, meint BMV-Geschäftsführer Sebastian Bartels. Auch hat der Mieter ein Recht auf barrierefreien Zugang zu seiner Wohnung.
Keine Vorgaben für Bestandswohnung in der Bauordnung
Die Berliner Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen hat seit Jahren regelmäßig mit solchen Konflikten zu tun. Dass aber sowohl die Mitnahme des Hilfsmittels in die Wohnung verboten wird als auch das Abstellen im Haus, sei bislang noch nicht vorgenommen, erklärt Christine Braunert-Rümenapf. Das Problem sei, dass die Berliner Bauordnung nur für Neubauten die Errichtung geeigneter Abstellflächen vorschreibt. Für den Bestand fehlen gesetzliche Vorgaben. Dass Verkehrsflächen als Fluchtwege aus Brandschutzgründen frei bleiben müssen, sei unstrittig, sagt Braunert-Rümenapf, „aber eine Gefahr durch die Fahrzeuge im Aufzug oder an anderen Plätzen im Haus erschließt sich mir nicht, zumal E-Rollstühle ebenfalls Akkus haben.“ Auch auf Nachfrage belegt die Howoge die angebliche Brandgefahr nicht.
Fairerweise müssten die Hersteller ihre Kundschaft darauf hinweisen, dass es in Mietwohnungen Schwierigkeiten geben kann. Stattdessen heißt es zum Beispiel in einem sonst sehr informativen Reha-Ratgeber, das Abstellen im Treppenhaus sei erlaubt. Unter Umständen habe man sogar Anspruch auf eine Ladesteckdose. Auf welche Quelle man sich dabei stützt, ist unklar. Eine Anfrage des MieterMagazins blieb unbeantwortet. Wie der BMV-Rechtsexperte Frank Maciejewski erklärt, gibt es dazu noch keinerlei Rechtsprechung. Im Streitfall würden die Interessen des Vermietenden gegen die des Mieters oder der Mieterin abgewogen. Das Gericht würde wohl ein technisches Gutachten einholen.
Interessenabwägung im Streitfall
Grundsätzlich ist es aber besser, all diese Fragen vor der Anschaffung zu klären. Andererseits schafft man damit möglicherweise erst das Problem, gegen das man sich rüsten will: In vielen Häusern werden Elektromobile im Treppenhaus abgestellt, ohne dass es die Hausverwaltung mitbekommt oder moniert. Klar ist: Der Zugang zum Briefkasten oder der Kellereingang dürfen nicht versperrt werden. „Wir sehen gerade die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften in der Pflicht, Abstellmöglichkeiten anzubieten“, erklärt Braunert-Rümenapf.
Birgit Leiß
Senioren-Scooter auf Rezept
Elektromobile sind verordnungsfähige Hilfsmittel. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten allerdings nur, wenn die Höchstgeschwindigkeit von 6 km/h nicht überschritten wird.
Es gibt auch 15 km/h schnelle Scooter. Diese sind versicherungspflichtig und bekommen ein Mofa-Kennzeichen. Ein Helm oder ein Führerschein ist bei keinem Modell vorgeschrieben.
bl
Beratungsstellen und Ansprechpartner:
Ombudsstelle für Mieter:innen landeseigener Wohnungsunternehmen
Telefon 030 213 00 73 00
www.ombud-lwu.de
E-Mail: termin@ombud-lwu.de
Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen
Telefon 030 9028 2918
www.berlin.de/lb/behi/
E-Mail: lfb@senasgiva.berlin.de
Fair mieten – Fair wohnen
Berliner Fachstelle gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt
Telefon 030 62 73 16 68
www.fairmieten-fairwohnen.de
28.08.2024