Trotz des vom Senat verkündeten Verkaufsstopps für öffentliche Wohnungen hat die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land den größten Teil der Neuköllner High-Deck-Siedlung an das Berliner Unternehmen Capricornus (zu Deutsch: Steinbock) veräußert.
Am 25. August meldete die Stadt und Land, dass der Verkauf von 1917 Wohnungen und 24 Gewerbeeinheiten in der High-Deck-Siedlung unter Dach und Fach ist. Käufer ist die „Capricornus High Deck Residential GmbH & Co. KG“. 427 Wohnungen der Siedlung bleiben im Eigentum der Stadt und Land.
„Die Beschlüsse von SPD und PDS, keine Wohnungen mehr zu verkaufen, hatten nicht einmal bis zum Wahltermin gehalten“, kommentierte Jochen Esser, finanzpolitischer Sprecher der Grünen, dessen Fraktion schon seit langem ein Gesamtkonzept für die städtischen Wohnungen anmahnt. Die Stadt und Land sah zum Verkauf hingegen „keine Alternative“, wie deren Geschäftsführer Rudolf Kujath erklärte. So werde sowohl die Existenz des Wohnungsunternehmens als auch die Sanierung der Siedlung gesichert.
Der Käufer verpflichtet sich, in den nächsten drei Jahren die Wohnanlage umfassend zu sanieren, und übernimmt 25 Mitarbeiter der Stadt und Land. Für die Mieter seien im Kaufvertrag weitreichende Schutzklauseln enthalten. So werden Luxusmodernisierungen ebenso ausgeschlossen wie Kündigungen wegen Eigenbedarfs oder wegen der „Hinderung wirtschaftlicher Verwertung“.
Capricornus ist nach Angaben von Rudolf Kujath keine „Heuschrecke“, sondern ein in Berlin ansässiges Unternehmen, das die Wohnungen langfristig bewirtschaften wolle. Allerdings gab es Presseberichten zufolge kürzlich bei einer der Capricornus-Gruppe gehörenden Wohnanlage in Lüneburg Unregelmäßigkeiten bei der Bezahlung des dortigen Elektrizitätsunternehmens. Eine drohende Abschaltung des Stroms wurde erst in letzter Minute abgewendet. Capricornus selbst war für Nachfragen und Auskünfte nicht zu erreichen.
Die High-Deck-Siedlung wurde Mitte der 70er Jahre am damaligen Ende der Sonnenallee im Sozialen Wohnungsbau errichtet und verdankt ihren Namen einem eigenwilligen Erschließungssystem, bei dem über dem Straßenniveau Fußgängerterrassen aufgeständert sind, über die man die Hauseingänge erreicht. Aufgrund der sozialen Problemlage arbeitet seit 1999 in der High-Deck-Siedlung ein Quartiersmanagement.
Jens Sethmann
MieterMagazin 10/06
High-Deck verkauft: Knapp 2000 Wohn- und Gewerbeeinheiten gingen an Capricornus
Foto: Jens Sethmann
28.07.2013